129 Politikwissenschaft - DVPW
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Arbeitskreis „Postsozialistische Gesellschaften“<br />
1. Tagungsbericht Während des <strong>DVPW</strong>-Kongresses in Mainz hat am 24. und 25. September<br />
2003 die Tagung: „Der Einfluss kultureller Faktoren auf die politische und<br />
ökonomische Transformation postsozialistischer Gesellschaften“ stattgefunden.<br />
Organisiert wurde sie von Timm Beichelt, Frank Bönker und Jan<br />
Wielgohs (Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder).<br />
Der einleitende Beitrag von Frank Bönker und Jan Wielgohs zeigte auf,<br />
dass die kulturelle Seite von Transformationsprozessen bisher in der Forschung<br />
häufig vernachlässigt wurde. Wenn kulturelle Faktoren einbezogen<br />
werden, dienen sie nicht selten als Residualkategorie und werden überwiegend<br />
als Störfaktoren bewertet. Dabei gibt es nach Meinung der Referenten<br />
durchaus Anlass, kulturelle Faktoren als Quelle für einen „kreativen<br />
Optimismus“ zu betrachten. So waren nicht alle Elemente der sozialistischen<br />
Kultur hinderlich für die Systemtransformation, da beispielsweise in<br />
der defizitären Wirtschaft individuelle Eigeninitiative überlebensnotwendig<br />
war. Auch verkennt die bisher dominierende Sichtweise die Heterogenität<br />
der Kultur in einem Land und zwischen den MOE-Ländern, die schon während<br />
des sowjetsozialistischen Regimes bestand. Schließlich hat der Verlauf<br />
der Systemtransformation selbst in den 90er Jahren zu einer Weiterentwicklung<br />
in der Kultur der einzelnen Länder geführt. Diese Unterschiedlichkeit<br />
der „Kulturen“ auf der Einstellungsebene vergleichend zu erfassen<br />
und in ihrer Wirkung auf verschiedene Dimensionen des Politischen, auch<br />
verschiedene Politikfelder zu untersuchen, war nicht nur das Thema dieser<br />
Tagung, sondern ist gleichzeitig die Zielsetzung eines geplanten interdisziplinären<br />
Forschungsprojekt an der Europa-Universität Viadrina.<br />
In den Beiträgen der Tagung wurden zwei Bereiche näher beleuchtet. Das<br />
erste Panel war dem Wirkungszusammenhang von Kultur und Staat gewidmet.<br />
Die präsentierten Beiträge fassten den Kulturbegriff weiter. Sie<br />
gingen von einem modernisierungstheoretisch begründeten Strukturtyp<br />
aus oder bezogen zusätzlich zur Einstellungsebene die Verhaltensebene<br />
politischer Akteure ein. Martin Brusis untersuchte für Bulgarien, die Tschechische<br />
Republik und Ungarn, wie sich verschiedene institutionelle Kulturen<br />
im Vergleich zu den Variablen Parteiensystem und EU-<br />
Anpassungsdruck auf die Regierungsweise der Exekutive auswirken. Er<br />
kam dabei zu dem Ergebnis, dass der Einfluss der Kultur, verstanden als<br />
patrimonialer oder bürokratischer institutioneller Kulturtyp, relativ wenig<br />
zur Erklärung der Beziehung zwischen Regierung und Verwaltung beiträgt.<br />
Deshalb plädierte Martin Brusis für eine Neufassung auf konzeptioneller<br />
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Herbst 2003<br />
Nr. <strong>129</strong>