129 Politikwissenschaft - DVPW
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schung noch die Analyse der Innenpolitik oder die Internationalen Beziehungen<br />
können heute mehr ohne die Ergebnisse der Integrationsforschung<br />
auskommen oder die EU als Analyseeinheit vernachlässigen. Bei aller Zufriedenheit<br />
über das Erreichte scheinen uns gleichwohl noch eine ganze<br />
Reihe von weiteren Herausforderungen vor uns zu liegen. Hierzu gehören:<br />
1 . Verbindung von Integrationsforschung und Policy-/Europäisierungs forschung<br />
Die Policy-Forschung hat sich früh für die Integrationsforschung geöffnet<br />
und den EU-Politikprozess in seinen Phasen (Agendasetting, Politikformulierung,<br />
Entscheidung, Implementation), auf den verschiedenen Ebenen<br />
(EU, national, regional, lokal), in den unterschiedlichsten Sektoren (Umwelt,<br />
Verkehr, Landwirtschaft, Strukturförderung usw.) und für nahezu alle<br />
Mitgliedsstaaten analysiert. Sie hat damit wichtige Einblicke in Struktur<br />
und Funkionsweise des Europäischen Mehrebenensystems erbracht. Während<br />
die empirischen Ergebnisse der zahlreichen Länder- und Politikfeldstudien<br />
die theoretische Diskussion um Dynamik und Finalität des Integrationsprozess<br />
informiert haben, ist es der Policy-Forschung nur selten gelungen,<br />
einen eigenständigen Beitrag zur Theoriebildung zu leisten. Viele<br />
Policy-Studien verlieren sich in der empirischen Komplexität ihres Forschungsgegenstandes,<br />
die sie möglichst umfassend abbilden wollen. Die<br />
Generalisierbarkeit des empirischen Befunds im Lichte verschiedener<br />
(konkurrierender) Erklärungsansätze bleibt dabei oft auf der Strecke oder<br />
wird ausdrücklich verneint. Dies ist umso bedauerlicher als die Theoriediskussion<br />
in der Integrationsforschung stilisiert und oft auch ein wenig steril<br />
wirkt. Nun hat gerade die Europäisierungsforschung gezeigt, dass es auch<br />
anders geht. Policy-Studien haben wichtige Hypothesen hinsichtlich der<br />
Bedingungen, unter denen Europäisierung innerstaatlichen Wandel erzeugt,<br />
generiert. Die Herausforderung liegt nun darin, bestehende Theorien<br />
und Ansätze entsprechend dieser Hypothesen und empirischen Ergebnissen<br />
zu überarbeiten und „fit“ für die Osterweiterung zu machen. Auch hier<br />
hat die Policy-Forschung bisher empirische Pionierarbeit geleistet, die jetzt<br />
der theoretischen Aufarbeitung harrt.<br />
2 . Ist das Mehrebenen System außenpolitikfähig? Wo liegen die Grenzen<br />
politischer Integration?<br />
Die europäische Integrationsforschung verfügt mit dem Governance-<br />
Ansatz über ein Instrumentarium zur Beschreibung der EU, das unter anderem<br />
ihren Mehrebenencharakter, die vergleichsweise hohe Relevanz von<br />
argumentativen gegenüber abstimmungsbezogenen Verfahren und die begrenzte<br />
Legitimität der EU betont. Alle drei Merkmale beschreiben die EU<br />
als ein politisches Wesen, das sich qualitativ von der Idee des intern hie-<br />
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Herbst 2003<br />
Nr. <strong>129</strong>