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Böcher, Michael / Töller, Annette - DVPW

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weist eher wieder in die gegenteilige Richtung. Alles in allem kann man also die Entwicklung der<br />

umweltpolitischen Kompetenzen als eigenwillige Entwicklung, aber kaum als Reifung interpretieren.<br />

3.2.2 Institutionen als Rahmenbedingungen: europäischer und internationaler Kontext<br />

Die Internationalisierung und Europäisierung der Umweltpolitik wird heute von niemandem mehr<br />

bestritten. Auch für Jacob/Jörgens ist dieses Phänomen ein wichtiges Element der Entwicklung des<br />

Politikfeldes (Jacob/Jörgens 2011: 13).<br />

Die Autorität deutscher (sowohl bundesstaatlicher als auch Landes-) Politik, Umweltpolitiken zu<br />

verabschieden, ist bereits seit Beginn der deutschen Umweltpolitik, verstärkt jedoch seit Inkrafttreten<br />

der Einheitlichen Europäischen Akte, deutlich eingeschränkt. Das liegt zum einen daran, dass die<br />

Vertragsnormen zum Freien Warenverkehr nationalen Regelungen die den Effekt mengenmäßiger<br />

Beschränkungen haben (z.B. Produktregulierungen), nur unter sehr engen Bedingungen erlauben, und<br />

zum anderen daran, dass die EU seit 1987 in mehreren Schritten selber Kompetenzen zur<br />

Verabschiedung umweltpolitischer Regulierung erhalten und diese auch genutzt hat (Lenschow 2010:<br />

311). 11 Mit dem Transfer umweltpolitischer Regelungskompetenzen seit 1987 hat die Gemeinschaft<br />

aber keine im Sinne der deutschen Verfassungslogik ausschließliche Kompetenz erhalten. Vielmehr<br />

handelt es sich um konkurrierende Kompetenzen (Palme 1992: 44), die Mitgliedstaaten behalten das<br />

Recht, dort, wo die Gemeinschaft nicht umfassend geregelt hat, selbst zu regeln, allerdings im Rahmen<br />

der sonstigen Regelungen des Vertrags, und das meint insbesondere die Regelungen zum Binnenmarkt<br />

(Krämer 1995: 100). Das macht auch der Vertrag von Lissabon deutlich, innerhalb dessen die Um-<br />

weltpolitik (geregelt in den Art. 191-193 AEUV ) in die Kategorie der geteilten Zuständigkeit fällt<br />

(Art. 4 AEUV).<br />

Wo die Gemeinschaft die ihr übertragenen Kompetenzen wahrnimmt, entsteht supranationales Recht,<br />

das entweder (im Fall von Richtlinien) die Mitgliedstaaten zur Umsetzung in nationales Recht<br />

verpflichtet, oder aber (im Fall von Verordnungen) in den Mitgliedstaaten direkt anwendbar ist. Auch<br />

das europäische Vertragsrecht kann zum Teil direkte Wirkung entfalten. Auf jeden Fall aber genießt<br />

europäisches Recht Vorrang vor nationalem Recht (Burley/Mattli 1993; Hofmann 2008). Prinzipiell<br />

gilt die Implementation europäischen Umweltrechts als besonders kritisch, weil die Union hier auf die<br />

Mitgliedstaaten angewiesen ist (Lenschow 2010: 313, 322ff.). Unter allen Vertragsverletzungs-<br />

verfahren entfallen die meisten auf das Umweltressort (Lenschow 2010: 322).<br />

Diese gerade grob skizzierten institutionellen Rahmenbedingungen haben für das Politikfeld<br />

Umweltpolitik in Deutschland drei wesentliche Folgen (<strong>Töller</strong> 2012: 256):<br />

Erstens: Viele Arten nationaler Regulierung (v.a. Produktregulierung) sind gar nicht mehr oder nur mit<br />

Schwierigkeiten möglich (man denke an das jahrelang schwelende und 2004 zum Abschluss gekom-<br />

mene Verfahren gegen die Verpackungsverordnung vor dem EuGH; <strong>Töller</strong> 2012: 277f.).<br />

Zweitens ist die verbleibende nationale Umweltgesetzgebung in hohem Maße europäischen Vorgaben<br />

unterworfen: um die 80% aller Umweltgesetze auf der Bundesebene haben auf die eine oder andere<br />

11<br />

Aber auch zuvor und fortlaufend wurden und werden umweltpolitische Maßnahmen, auch auf die<br />

Kompetenznorm für den Binnenmarkt gestützt (z.B. Geradin 1993: 166ff.; Vogel et al. 2005: 248),<br />

beschlossen.<br />

17

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