Böcher, Michael / Töller, Annette - DVPW
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1. Einleitung<br />
Als Politikfeld gibt es Umweltpolitik in Deutschland seit rund 40 Jahren, auch wenn man für die<br />
Entstehungszeit in den frühen 1970er Jahren sicher diskutieren kann, ob damals bereits alle<br />
konstitutiven Elemente eines Politikfeldes (s.u.) vorhanden waren (<strong>Böcher</strong>/<strong>Töller</strong> 2012: S. 27ff.).<br />
Die Politikfeldanalyse erklärt das Zustandekommen einer konkreten Policy oder befasst sich mit<br />
spezifischem Policy-Wandel im Zeitverlauf (z.B. Capano/Howlett 2009; Blum/Schubert 2011). Sie hat<br />
sich jedoch – mit wenigen Ausnahmen (z.B. Döhler/Manow 1997; Trampusch 2009) – bis vor kurzem<br />
weder mit der Entstehung noch mit der Veränderung gesamter Politikfelder selbst über längere<br />
Zeiträume hinweg befasst. Derzeit wächst das Interesse, darüber nachzudenken, was es bedeutet, wenn<br />
Politikfelder „ausreifen“ (Noweski 2011) und daran, welche Konsequenzen es für die Analyse hat,<br />
wenn lange als „neu“ oder „jung“ geltende Politikfelder wie Umweltpolitik „erwachsen“ werden<br />
(Jacob/Jörgens 2011).<br />
Um den Wandel ganzer Politikfelder zu untersuchen, sollte zunächst der Untersuchungsgegenstand,<br />
das Politikfeld, definiert werden. Paradoxerweise 1 finden sich auch nach intensiver Suche in den<br />
einschlägigen Lehr- und Handbüchern nur wenige Definitionen (so auch Massey/Huitema 2012: 4ff.)<br />
dessen, was eigentlich ein Politikfeld ist. Für einige Autoren definiert sich das Politikfeld pragmatisch<br />
durch sein „Label“, das sich meist durch die Zuständigkeit eines Ressorts ergibt 2 : Für Héritier<br />
„… beziehen sich die Begriffe Politikfeld und sektorale Politik auf die Abgrenzung von Policies<br />
nach nominellen Kategorien wie Beispielsweise Sozialpolitik, Verkehrspolitik, Bildungspolitik<br />
etc…“ (Windhoff-Héritier 1987: 17).<br />
Ähnliches, wenn auch etwas breiter angelegt, finden wir bei Pappi und König, die das Politikfeld<br />
definieren als:<br />
„ein inhaltlich abgegrenzter Bereich von Regelungen und Programmen, also von policies, wie sie<br />
normalerweise organisatorisch im Zuständigkeitsbereich von Ministerien oder Parlamentsausschüssen<br />
zusammengefasst sind“ (Pappi/König 1995: 111).<br />
Eine – unseres Erachtens zielführendere – deutlich breitere Definition findet sich bei Grunow:<br />
„Politikfelder sind durch das ‚besondere‘ Ensemble politisch vermittelter gesellschaftlicher<br />
Anforderungen und Probleme, durch Interessenten und Entscheidungsträger [in der Fußnote wird<br />
auf den Akteursbegriff verwiesen, MB/AET] als besondere Arrangements der Problemwahrnehmung<br />
sowie der Strategie der Problembewältigung zu beschreiben.“ (Grunow 2003: 24)<br />
Bei Trampusch findet sich zumindest eine implizite Definition, indem sie in ihrer Studie zur Transfor-<br />
mation eines Politikfeldes (s.u.)<br />
„die Entwicklung von Akteurskonstellationen, Interessenstrukturen und politischen Maßnahmen“<br />
betrachtet (Trampusch 2009: 16).<br />
1<br />
Paradox ist das, weil es nicht gerade an Einführungen in die Politikfeldanalyse mangelt, die Autoren jedoch<br />
häufig ihrem Untersuchungsgegenstand selbst keine Definition widmen.<br />
2<br />
Die Referenzen aus der amerikanischen Literatur erscheinen hier wenig hilfreich, das Politikfeld als solches<br />
gibt es kaum, und die Subsysteme, die wir z.B. bei Howlett et al. 2006 finden, haben eher einen kleineren<br />
Zuschnitt als Politikfelder.<br />
3