PDF-Datei 812 Kb - Humboldt-Universität zu Berlin
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HUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU BERLIN<br />
LANDWIRTSCHAFTLICH-GÄRTNERISCHE FAKULTÄT<br />
Diplomarbeit im Studiengang Gartenbau<br />
Thema : Vergleichende Untersuchungen an der Pfropfchimäre<br />
Populus x canadensis ’ Marilandica ’ ♀ über Populus maximowiczii x Populus<br />
trichocarpa ’ Androscoggin ’ ♂ und den Ausgangseltern<br />
vorgelegt von: Mario, Jens Hansen<br />
Matr.-Nr.: 108997<br />
Betreuer: Prof. Dr. F. Pohlheim<br />
Institut für Gartenbauwissenschaften<br />
Fachgebiet Pflanzenzüchtung<br />
<strong>Berlin</strong>, den 27.09.1999,0<br />
1
Inhaltsverzeichnis<br />
INHALTSVERZEICHNIS........................................................................................................................ 2<br />
BIBLIOGRAPHISCHE BESCHREIBUNG DER ARBEIT UND REFERAT.................................... 4<br />
THEMA: ..................................................................................................................................................... 4<br />
REFERAT : ................................................................................................................................................ 4<br />
VORWORT :.............................................................................................................................................. 5<br />
DANKSAGUNG :....................................................................................................................................... 6<br />
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS.............................................................................................................. 6<br />
BEDEUTUNG DER PAPPEL................................................................................................................... 7<br />
PHYTOMEDIZINISCHE PROBLEME BEIM ANBAU VON PAPPELN : ....................................... 8<br />
HYPOTHESEN :...................................................................................................................................... 10<br />
BEWEISFÜHRUNG IM ÜBERBLICK : ......................................................................................................... 10<br />
Hypothese A Konsequenzen in der Morphogenese........................................................................... 10<br />
Hypothese B Neukombination der Begleitelemente.......................................................................... 10<br />
1. EINLEITUNG : ..................................................................................................................................... 11<br />
1.1 Rückblick <strong>zu</strong>r experimentellen Synthese von Chimären............................................................. 11<br />
1.2 Chimären und ihre Verwendung................................................................................................ 12<br />
1.3 Zum Aufbau von Periklinalchimären......................................................................................... 12<br />
1.4. Partnerinduktion....................................................................................................................... 14<br />
1.5 Zur Erzeugung von Pfropfheterohistonten bei Populus............................................................ 14<br />
2. MATERIAL UND METHODEN............................................................................................................... 15<br />
2.1. Die Untersuchungsobjekte......................................................................................................... 15<br />
2.2. Methoden ................................................................................................................................... 16<br />
3. UNTERSUCHUNGEN ZUR HYPOTHESE A ............................................................................................. 24<br />
3.1. Histologie des Sproßscheitels .................................................................................................... 24<br />
3.2. Untersuchungen <strong>zu</strong>r Konstitution der Tunikaschichten............................................................. 26<br />
3.3. Phytohormone im Sproßscheitel ................................................................................................ 32<br />
3.4. Blattmorphogenese :.................................................................................................................. 37<br />
4. UNTERSUCHUNGEN ZUR HYPOTHESE B.............................................................................................. 41<br />
4.1. Blattsekrete :.............................................................................................................................. 41<br />
4.2. Funktion und Vergleich der Sekretauflagerung......................................................................... 47<br />
4.3. Analyse und Vergleich der Blattsekrete.....................................................................................50<br />
DC–PLATTENVERGLEICH................................................................................................................. 51<br />
5. ERGEBNISSE UND AUSWERTUNG........................................................................................................ 52<br />
5.1. Zur Hypothese A ........................................................................................................................ 52<br />
5.2. Zur Hypothese B ........................................................................................................................ 57<br />
6. ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION.............................................................................................. 60<br />
LITERATURVERZEICHNIS ................................................................................................................ 66<br />
EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG ................................................................................................. 69
Die Einsicht eines Menschen verleiht ihre Flügel keinem anderen. Eure<br />
Herzen kennen im stillen die Geheimnisse der Tage und Nächte. Niemand<br />
kann euch etwas eröffnen, das nicht schon im Dämmern eures Wissens<br />
schlummert. Aber eure Ohren dürsten nach den Klängen des Wissens in<br />
euren Herzen und ihr wollt in Worten wissen, was ihr in Gedanken schon<br />
immer gewußt habt. Doch wiegt den unbekannten Schatz nicht mit<br />
Waagschalen. Und erforscht die Tiefen eures Wissens nicht mit Meßstock<br />
und Senkschnur. Denn es ist ein Meer, grenzenlos und unermeßlich. Sagt<br />
nicht: , sondern besser.<br />
Khalil Gibran<br />
3
Bibliographische Beschreibung der Arbeit und Referat<br />
Thema:<br />
Vergleichende Untersuchungen an der Pfropfchimäre<br />
Populus x canadensis ’Marilandica’ ♀ über Populus maximowiczii x Populus<br />
trichocarpa ’Androscoggin’ ♂ und den Ausgangseltern<br />
Eingereicht am: 27.09.1999<br />
durch: Mario-Jens Hansen Matr. Nr. 108997<br />
Seiten 71<br />
Abbildungen 35<br />
Diagramme 1Tabellen 3<br />
Referat :<br />
Anhand von Untersuchungen bezüglich der Blattmorphologie, Anatomie und Histologie<br />
wird an Wurzel, Sproß und Laubblatt geprüft, ob die L1 Komponente des<br />
Pfropfheterohistonten Populus x canadensis ’Marilandica’ über Populus<br />
maximowiczii x Populus trichocarpa ’Androscoggin’ der Ausgangsvariante Populus<br />
x canadensis ’Marilandica’ entspricht und welche Wirkungen durch eine<br />
Gewebetransplantation auf dendrologische Merkmale <strong>zu</strong> beobachten sind. Durch eine<br />
chemische Analyse der Blattsekrete soll festgestellt werden, <strong>zu</strong> welchen<br />
weiterreichenden Konsequenzen diese Gewebekombination in Be<strong>zu</strong>g auf<br />
physiologische Vorgänge zwischen den Geweben innerhalb der Pflanze geführt hat und<br />
welche äußeren Faktoren dadurch maßgeblich mitbestimmt werden. Ziel soll es sein,<br />
eine ganzheitliche Betrachtung einer gewebemanipulierten Pflanze <strong>zu</strong> erreichen.<br />
4
Vorwort :<br />
Im Laufe der Ausbreitung der menschlichen Gesellschaft, ein Prozeß, dessen<br />
Höhepunkt noch längst nicht erreicht ist und an dem unter anderen auch Gärtner einen<br />
erheblichen Beitrag leisten und geleistet haben, ergab und ergibt sich immer wieder die<br />
Notwendigkeit <strong>zu</strong>r Verbesserung der Quantität und Qualität des Pflanzenmaterials, des<br />
Saatgutes sowie des Erntegutes. Die wachsende Weltbevölkerung, aber auch das<br />
egoistisch-materialistische Denken der Menschheit und die daraus resultierende,<br />
ungleichmäßige Güterverteilung veranlaßten einen Raubbau an den natürlichen<br />
Ressourcen. Erst vereinzelt verursachte Katastrophen und die damit verbundene<br />
Nahrungsmittelknappheit haben uns da<strong>zu</strong> gezwungen, unter Berücksichtigung<br />
ökologischer Aspekte Wege <strong>zu</strong> finden, Rohstoffe und Nahrungsmittel in hohem Maße<br />
bereit<strong>zu</strong>stellen, ohne das komplizierte Netzwerk Natur mit seinen interaktiv<br />
verbundenen Individuen aller Art rücksichtslos <strong>zu</strong> ignorieren. Menschen mit guter<br />
Beobachtungsgabe und Einfallsreichtum haben der Natur ihre Methoden <strong>zu</strong>r<br />
Aufrechterhaltung und Neukombination des genetischen Ausgangsmaterials abgeschaut<br />
und in Be<strong>zu</strong>g auf menschliche Bedürfnisse genutzt. Ein wesentlicher Bestandteil der<br />
diesbezüglich gärtnerischen Bearbeitung des Pflanzenmaterials ist die Züchtung. In der<br />
Pflanzenzüchtung wird zwischen generativer und vegetativer Vermehrung<br />
unterschieden. Einen relativ engen Handlungsspielraum läßt hierbei die vegetative<br />
Vervielfältigung in Be<strong>zu</strong>g auf züchterische Manipulation. Interessant ist eine Methode<br />
<strong>zu</strong>r Neukombination von Merkmalen auf vegetativer Grundlage unter Ausschluß der<br />
Meiose. Neben Möglichkeiten der Veränderung des Genmaterials durch Einflußfaktoren<br />
wie Mutagene (Strahlung, Chemikalien, Viren, ... ) gibt es die Möglichkeit einer<br />
Kombination der Tunikaschichten im Vegetationskegel aus völlig andersartigem,<br />
genetischen Material, durch gemeinsames Wachstum meristematischer Gewebe<br />
verschiedener durch Pfropfung miteinander verbundener Komponenten <strong>zu</strong> erzeugen.<br />
Kombinationen verschiedener Merkmale genetischen Ursprungs in einem Lebewesen<br />
werden Chimäre genannt. Diese Arbeit soll ein Beitrag sein, durch wissenschaftlich<br />
geführte Nachweismethoden, Beobachtungen, Vergleiche und deren Interpretation ein<br />
Verständnis über das Zusammenwirken von Geweben innerhalb einer Pflanze <strong>zu</strong><br />
erhalten und gleichzeitig weiterreichende Konsequenzen einer Gewebemanipulation <strong>zu</strong><br />
verdeutlichen.<br />
5
Danksagung :<br />
Die intensive Beschäftigung mit Chimären eröffnete in meiner Ansicht über<br />
züchterische Möglichkeiten neue Horizonte und macht mich gespannt auf die weitere<br />
Entwicklung der Chimärenforschung. Danken möchte ich besonders Herrn Prof. Dr.<br />
Pohlheim für das interessante Thema und die wissenschaftliche Betreuung, außerdem<br />
Frau Binting für die Unterstüt<strong>zu</strong>ng an den technischen Geräten und Frau Seyfert für die<br />
Beratung und den Einsatz bei der histologischen Bearbeitung. Kritiken, Ideen und<br />
Anregungen gewonnen aus Gesprächen und Diskussionen trugen <strong>zu</strong> einer skeptischen<br />
Überarbeitung meiner Arbeit bei, wofür ich dem gesamten Team der Pflanzenzüchtung<br />
und besonders Herrn P. Grieger meinen Dank aussprechen möchte. Den Zugewinn<br />
meiner Arbeit durch eine korrekte Orthographie verdanke ich Frau R. Hoppe. Für<br />
Investitionen, finanzielle Unterstüt<strong>zu</strong>ng und Geduld danke ich der Apothekerfamilie<br />
Irene und Klaus Ziegenhagen und dabei vordergründig für Verständnis,<br />
Rücksichtnahme und Langmut meiner Frau Kerstin.<br />
Abkür<strong>zu</strong>ngsverzeichnis<br />
Abkür<strong>zu</strong>ng Erläuterung<br />
P. ‘Androscoggin’ Populus maximowiczii x Populus trichocarpa ’Androscoggin ’<br />
P. ‘Marilandica’ Populus x canadensis ’Marilandica ’<br />
L Layer<br />
L1/L2 Bezeichnung der Tunikaschichten von außen nach<br />
innen<br />
P. Populus<br />
6
Bedeutung der Pappel<br />
In der Kochkunst, bei den Färbern, in der Volksheilkunde sowie bei den Kosmetikern<br />
und schließlich in der Holzverarbeitung war die Pappel lange bekannt. Nur wenige<br />
kennen ihre Besonderheiten noch. Die heilige Hildegard von Bingen überliefert uns<br />
einige Rezepte für Pappelsalben und behauptet, wenn der Saft des gepreßten<br />
Pappelholzes und der Rinde anderen Salben beigefügt werde, so würden diese Salben<br />
um so mehr wirken. Plinius der Ältere besteht darauf, daß die Pappel dem Herkules<br />
geweiht ist. Die nordamerikanischen Indianer gebrauchten das Innere der Rinde<br />
ausgepreßt oder fein geschnitten und gedünstet als Lebensmittel. So werden auch heute<br />
noch die jungen, zarten Knospen in verschiedene Wildsalate gemischt. Auch als<br />
Suppeneinlage tragen sie <strong>zu</strong>r schmackhaften Abwechslung bei. Aus der Rinde läßt sich<br />
ein Farbstoff gewinnen, der <strong>zu</strong>m Färben von Stoffen geeignet ist. Außerdem können<br />
Pappelextrakte bei allen mit Schmerzen verbundenen Leiden Hilfe und Linderung<br />
bringen. Hauptsächlich wird die Pappel bei allen Erkrankungen des Urogenitalsystems<br />
(Nieren, Blase, Harnröhre und Gebärmutter) eingesetzt. Salben aus den Knospen<br />
<strong>zu</strong>bereitet, leisten große Dienste bei Entzündungen und Verbrennungen. In der<br />
Kosmetik schätzt man die Pappelextrakte in Cremes oder Lotionen wegen ihrer<br />
entspannenden, leicht desinfizierenden Wirkung. Der Gesamtglykosidkomplex<br />
Salipopulin wird <strong>zu</strong>r Behandlung von chronischen Gelenkentzündungen empfohlen. Er<br />
bewirkt eine vermehrte Harnsäureausscheidung und somit eine Senkung des<br />
Harnsäurespiegels im Blut. Die Hauptwirkstoffe der Pappel sind die Phenolglykoside<br />
Salicin, Populin, Salicortin und Tremulacin, ätherisches Öl, Flavonglykoside und<br />
Gerbstoffe. Nicht <strong>zu</strong> unterschätzen ist die Eignung der Pappel in der<br />
Landschaftsgestaltung als Allee - und Parkbaum, als schnell wachsendes Gehölz in<br />
Landschaftshecken und Biotopverbundnetzen, aber auch für Wind- und<br />
Sichtschutzhecken an Sport - und Freizeitplätzen. Holzverarbeitende Industriezweige<br />
widmen der Pappel ein besonderes Interesse. Auf Grund der multiplen<br />
Einsatzmöglichkeiten des Holzes wird sie forstwirtschaftlich angebaut. Das Holz dient<br />
oft als Ersatz für Linden- und Fichtenholz und eignet sich <strong>zu</strong>r Herstellung von<br />
Zeichentischen und Reißbrettern. Bei der Papier- und Zelluloseindustrie gewinnt die<br />
Pappel an <strong>zu</strong>nehmender Bedeutung. Gärtner, Förster und Phytopathologen wissen um<br />
die Beliebtheit der Pappel bei Phytoparasiten und Phytophagen, weshalb eine<br />
züchterische Bearbeitung dieses kostbaren Pflanzenmaterials unbedingt notwendig ist.<br />
7
Phytomedizinische Probleme beim Anbau von Pappeln :<br />
Ein bedeutender Aspekt <strong>zu</strong>r züchterischen Bearbeitung von Gehölzen ist das<br />
schwerwiegende Problem des Anbaus von prädestinierten Pflanzenarten unter dem<br />
enormen Befallsdruck von Pilzen, Bakterien, Viren und anderen Phytoparasiten. Die<br />
Erhaltung von Resistenz unter monokulturellen Anbaubedingungen bedeutet eine große<br />
Herausforderung für die Pflanzenzüchtung. Um das breite Spektrum und die Flexibilität<br />
der die Pappel attackierenden Parasiten <strong>zu</strong> verdeutlichen, sollen stichpunktartig einige<br />
Krankheitserreger mit ihrem Schadbild und ihrer Verbreitung genannt werden. Eine<br />
solche Fülle von Krankheitserregern rechtfertigt ein besonderes Interesse der<br />
Resistenzzüchtung von Pappeln.<br />
Pappelmosaikvirus :<br />
-Virose<br />
-Blattflecken, oft asymetrisch<br />
-Schädigung bis <strong>zu</strong>m vorzeitigen Blattfall<br />
-Bewurzelungsleistung stark vermindert (hohe Ausfallrate bei Steckholz)<br />
-Verbreitung besonders durch Steckholzvermehrung<br />
-Triebleistung reduziert<br />
-Übertragung mechanisch: Schnitt, Veredlung<br />
Pappelrost: !!!!!<br />
-Assimilationsleistung eingeschränkt, frühzeitiger Blattfall, un<strong>zu</strong>reichende<br />
Triebausreife ( Frostgefährdung )<br />
-verschiedene Rostarten :<br />
( Melamospora larici-populina und M. larici-tremula Wirtswechsel <strong>zu</strong> Larix, )<br />
-M. pinitorqua ( auch großer Schaden auf Nebenwirt: Nadelgehölze, vor allem Kiefer )<br />
-Überwintern in Teleudosporen am Blatt<br />
-Basidien im Frühjahr auf Hauptwirt<br />
-Äzidien mit Äzidiosporen auf dem Nebenwirt<br />
-Sommers Uredosporenlager auf Blattunterseite<br />
-im Herbst Teleutosporenlager auf Oberseite<br />
-bedeutsame Schädigungen ab Juni ( ganze Hauptvegetationszeit betroffen )<br />
8
Großer \ Kleiner Pappelbock:<br />
-gefürchtetster Schädling<br />
-hohes Reproduktionsvermögen<br />
-besonders an P. tremula (auch andere Pappeln und Weiden)<br />
-Käfer : Fraßschaden an Blättern ( Mai–Juli ), Blattstielen, Rinde des Neutriebes<br />
-Eiablage (Ende Mai-Juli) in den Splint des Neutriebes ( bleistiftstarke<br />
Triebe ): gallartige Wucherungen der Pflanze an den Eiablagestellen<br />
( Eier und Junglarven chemisch nicht erreichbar )<br />
-wenn Pflanze sehr wüchsig ist, kann sie die Eiablagestelle schnell<br />
überwuchern und tötet Junglarve ab ( Bekämpfungsstrategie! hohe<br />
Wüchsigkeit von Mai bis Juli, starker Rückschnitt )<br />
-gravierender Schaden durch Larven (im Inneren der Triebe, erst Rinde, dann Mark),<br />
Absterben der Neutriebe oder wenigstens starke Schädigung, dadurch<br />
Stammverkrümmungen, verbuschte Krone<br />
-Überwinterung als Larve im Markkanal<br />
-abschließender Fraß ( März, April ), Verpuppung, Schlupf Ende Mai<br />
-Sekundärinfektion durch Pilze in den Fraßgängen ( Bakterienkrebs , Nektria-Pilz )<br />
Pappelknospenwickler / Pappeltriebwickler :<br />
-Arten , die Knospen oder Triebe schädigen ( treiben im Frühjahr nicht aus )<br />
Rindenbrand ( Rindentod der Pappel ) :<br />
-Schwächeparasit , Ascomycet<br />
-gefördert durch Feuchtigkeit (Ausbreitung), Trockenstreß<br />
(Anfälligkeit der Pflanze, <strong>zu</strong>m Beispiel während der Vermarktungsphase)<br />
-Pyknidien im Frühjahr / Frühsommer ( Hauptfruchtform selten ausgebildet )<br />
-Infektion über Rindenverlet<strong>zu</strong>ngen ( Insekten ), evtl. auch über Blattnarben im<br />
Herbst und Lenticellen<br />
-leicht eingesunkene, dunkel verfärbte Flecken auf der Rinde<br />
-von den absterbenden Flecken ausgehend Aufreißen der Rinde bis auf Holzteil<br />
-besonders anfällig nur : P. nigra und Hybriden, P. canadensis<br />
Andere Krankheiten sind regional oder nach Witterung bedeutsam .<br />
9
Hypothesen :<br />
A Durch Transplantation genetisch veränderte Konstitution des Sproßscheitels,<br />
bewirkt physiologisch – mechanisch bedingte Konsequenzen<br />
B Die fremdartige Epidermis ergibt Neukombination der Begleitelemente im<br />
Blattsekret<br />
Beweisführung im Überblick :<br />
Hypothese A Konsequenzen in der Morphogenese<br />
Histologische Untersuchungen<br />
des Apex der Apikal - und Seitenknospen um einen<br />
schichtweisen Aufbau und damit die Möglichkeit <strong>zu</strong>r Erzeugung von<br />
Periklinalchimären bei Populus nach<strong>zu</strong>weisen<br />
Anatomische und morphologische Vergleiche<br />
- Vergleich der Epidermisabzüge auf Stomatadichte<br />
- Vergleich der Mesophyllschichten auf Schichtstärken<br />
- Vergleich der Blattränder auf Formgebung<br />
Hormone und Vergleiche der Morphogenese<br />
- Knospentreiben<br />
- Blattentfaltung<br />
- Kronengestaltung<br />
Hypothese B Neukombination der Begleitelemente<br />
histologische Untersuchungen der Wachsauscheidungsorgane<br />
- Sekretion durch Hydathoden<br />
- Knospenschuppe mit Hydathoden<br />
- Blattrandzacke mit Hydathoden<br />
- Leitgefäße als L2 – Komponente<br />
- Epidermis als L1 – Komponente<br />
Wachsauflagerung<br />
- Vergleich der Sekretauflagerungsmechanismen<br />
- Vergleich der Blattoberfläche mit Sekretauflagerungen<br />
Untersuchung der Blattsekrete<br />
- Dünnschichtchromatographie<br />
10
1. Einleitung :<br />
1.1 Rückblick <strong>zu</strong>r experimentellen Synthese von Chimären<br />
Kombinationen genetisch verschiedener Gewebe in einem Individuum nennt man<br />
Chimäre. Diese können nach Herkunft, Verhalten und ihrer Struktur unterschieden<br />
werden. Untersuchungen und Versuche, durch Dekaptieren der Verwachsungsstelle an<br />
Pfropfungen Chimären <strong>zu</strong> erzeugen, demonstrierte bereits WINKLER (um 1907) an<br />
Solanaceaen. Seit dem Bekanntwerden der Pfropfchimären von WINKLER und seiner<br />
Kenntnis über die Erzeugung solcher, aber auch durch technische Verbesserungen (in<br />
vitro), hat es nicht an Versuchen gefehlt, Heterohistontenbildung auch auf anderem<br />
Wege <strong>zu</strong> erzeugen. In der experimentellen Synthese von Chimären in vitro haben<br />
CARLSON und CHALEFF (1974) Sproßstücke von zwei Nicotianavarianten<br />
aufeinandergelegt, an deren Verbindungsstelle sich Kallus gebildet hat. An diesen<br />
regenerierten neben homohistischen Austrieben beider Komponenten auch chimärische<br />
Adventivsprosse. Chimärische Regenerate, die von BINDING (1987,88) als " cell craft<br />
chimeras " bezeichnet wurden, gelangen durch die " Zellpfropfung ". Dies ist eine<br />
Herstellung von Heterohistonten durch eine Bildung von Zellaggregaten aus genetisch<br />
verschiedenen Protoplasten. Da Protoplasten pflanzliche Einzelzellen sind, Chimären<br />
aber aus genetisch verschiedenen Geweben bestehen, können "cell craft chimeras" als<br />
Produkte mehrzelligen Ursprungs interpretiert werden. Die Beherrschung der<br />
dargestellten Verfahren <strong>zu</strong>r Herstellung von Heterohistonten ergab neue Möglichkeiten<br />
der Erweiterung somatischer Variabilität von geeigneten Pflanzenarten. Durch das<br />
Einbringen neuer Merkmalskombinationen in den Sproßscheitel folgten Möglichkeiten<br />
der Verbindung positiver Eigenschaften in einer Pflanze, die durch Kreu<strong>zu</strong>ng nicht<br />
miteinander <strong>zu</strong> verknüpfen wären. Beispielsweise Resistenz - / Qualitätsmerkmale oder<br />
die Beseitigung bestimmter Sterilitäten, ohne die Leistungsfähigkeit wesentlich <strong>zu</strong><br />
beeinflussen, sind positive Eigenschaften der Chimärenbildung.<br />
11
1.2 Chimären und ihre Verwendung<br />
Pflanzen mit einer chimärisch bedingten Fruchtbildung, Laub –, Blütenblattmusterung<br />
oder Habitusneugestaltung hatten für den Menschen schon immer ihren besonderen<br />
Reiz. Aber auch für die Züchtung und Züchtungsforschung ergaben und ergeben sich<br />
immer wieder neue Möglichkeiten <strong>zu</strong>r Anwendung von Chimären .<br />
Anwendung :<br />
• bei Untersuchungen über den Sproßscheitelaufbau , die Histogenese und<br />
die Beteiligung am Gewebeaufbau von Derivaten der<br />
Sproßscheitelschichten (WINKLER, 1913) ,<br />
• bei Untersuchungen von Kreu<strong>zu</strong>ngen mit nicht Mendelschen<br />
Aufspaltungen (BAUR, 1908 / 09) und bei der Auffindung der<br />
Plastidenvererbung (CHITTENDEN, 1926, 1929) und<br />
• bei Regenerationsversuchen in vivo und in vitro (Ein Zelle ein Scheitel -<br />
Theorie (NAYLOR & JOHNSON , 1937 ; vgl. PLASCHIL , 1997) ) .<br />
1.3 Zum Aufbau von Periklinalchimären<br />
Grundsätzlich differenziert man Sektorial-, Meriklinal- und Periklinalchimären. Bei<br />
Vorliegen einer Sektorialchimäre unterscheidet sich ein Sektor einer Sproßachse<br />
hinsichtlich der genetischen Konstruktion vom übrigen Teil dieser Sproßachse. In einer<br />
Periklinalchimäre liegen genetisch verschiedenartige Gewebe in aufeinanderfolgenden<br />
Scheitelschichten schalenförmig übereinander. Von einer Meriklinalchimäre wird<br />
gesprochen, wenn eine Periklinalchimäre vorliegt, die nur sektorial ausgebildet ist.<br />
Durch den schichtweisen Aufbau des Vegetationskegels besteht eine große<br />
morphologische und ontogenetische Konstanz der Periklinalchimäre gegenüber der<br />
Sektorialchimäre. Vorausset<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong>r Erzeugung und Aufrechterhaltung von<br />
Periklinalchimären sind mindestens zwei voneinander unabhängige<br />
Plattenmeristemschichten (Tunikaschichten L1, L2), die den Aufbau des<br />
Vegetationspunktes sowie die Entwicklung und Differenzierung des Sprosses, aber auch<br />
der Seitenorgane bestimmen. Je nach Lage der genetisch verschiedenen Schichten<br />
unterscheidet man zwischen Ekto - und Mesochimären. Unterscheiden sich drei<br />
Schichten voneinander, so spricht man von Trichimären (BERGANN & BERGANN,<br />
1959, 1961a, POHLHEIM, 1982). Ein Sproßscheitel einer Pflanze, der aus mindestens<br />
zwei selbständigen Tunikaschichten (L1, L2) besteht und deren Zellteilungen nur in<br />
12
einer bestimmten Richtung (antiklin) verlaufen, eignet sich also <strong>zu</strong>r Erzeugung von<br />
Periklinalchimären. Die korpusbildende Schicht teilt sich sowohl anti - als auch<br />
periklin. Vorausset<strong>zu</strong>ng ist allerdings die Stabilität von mindestens der L1, um eine<br />
Kombination <strong>zu</strong> erzeugen und aufrecht <strong>zu</strong> erhalten. Die epidermisbildende L1 teilt sich<br />
dabei nicht periklin. Eine perikline Teilung würde eine Verdrängung der L2 Merkmale<br />
in tiefere Schichten bedeuten, was die Instabilität einer Periklinalchimäre <strong>zu</strong>r Folge<br />
hätte. Sie kann sich jedoch auch durch spontane oder induzierte Umlagerungsprozesse,<br />
wie Schichtendurchbruch (layerperforation), Schichtenaustausch (layertranslocation)<br />
und Schichtenverdopplung (layerreduplication) verändern (BERGANN & BERGANN,<br />
1959, 1962; POHLHEIM, 1982, 1985, 1986). Periklinalchimären lassen sich also auch<br />
je nach Lage und Anzahl der veränderten Schichten in Monekto -, Diekto - und<br />
Mesochimären noch weiter unterteilen (WINKLER, 1935). Treten mehr als drei<br />
Sproßscheitelschichten auf, wie z.B. vier Schichten bei Schefflera arboricola HAYATA<br />
(POHLHEIM, 1982 ; POHLHEIM & RASHID, 1994), sind theoretisch auch<br />
Tetrachimären möglich, die aber in der Praxis noch nicht gefunden worden sind. Durch<br />
Entmischungen der einzelnen Schichten von Periklinalchimären konnten Aussagen über<br />
ihren Ursprung und ihren Einfluss auf den Habitus der untersuchten Klone getroffen<br />
werden. Wurzelaustriebe entstehen immer aus der innersten Schicht (BATESON, 1916,<br />
1926). Die L3 bildet größtenteils das Leitgefäßsystem einer Pflanze. Sie beeinflußt<br />
direkt die Wuchsform, sodaß bei vegetativ beständigen Änderungen der Wuchsform<br />
(Zwerg -, Hoch - oder Drehwüchsigkeit) innerhalb eines Klones auf Erbänderung in der<br />
L3 - Komponente geschlossen werden kann (BERGANN & BERGANN, 1959).<br />
Derivate der L2 - Schicht bilden <strong>zu</strong>m Großteil das Mesophyll in den Laub - und<br />
Blütenblättern. Ist die L2 - Komponente stark in ihrem Wachstum gehemmt, so<br />
übernimmt häufig die L1- Komponente die Mesophyllbildung in den Blattrandbereichen<br />
(POHLHEIM, 1983). Bei Selbstungs - und Kreu<strong>zu</strong>ngsversuchen wurde festgestellt, daß<br />
Chimären sich nicht nach der Mendelschen Vererbungstheorie aufspalten (BATESON,<br />
1926, CHITTENDEN, 1926, 1929), sondern Sämlinge meistens die L2 - Komponente<br />
enthalten. Veränderungen im Schichtenaufbau können Veränderungen in<br />
Chlorophyllproduktion, Blütenfarbe, Füllung der Blüten, Größe ( BATESON, 1916 ),<br />
Wachstum und Wuchsform<br />
(BERGANN & BERGANN, 1959) bewirken.<br />
13
1.4. Partnerinduktion<br />
Die Partnerinduktion (BERGANN, 1961), gekennzeichnet durch interzelluläre<br />
Genwirkung tritt nur auf, wenn zwei genetisch verschiedene Zellen oder Zellverbände<br />
(Gewebe) sich in direktem Kontakt <strong>zu</strong>einander befinden. Die dabei modifizierten Zellen<br />
sind geprägt durch konzentrationsbedingte Wanderungsvorgänge. Sie unterscheiden<br />
sich durch das äußere Erscheinungsbild in Be<strong>zu</strong>g auf Musterung oder Körperform. Oft<br />
sind induktive Wirkungen eines genetisch andersartigen Partners auf die Physiologie<br />
und den Stoffwechsel der benachbarten Zellen die Ursache für dieses Phänomen.<br />
Charakteristisch für diese partnerinduktive Beeinflussung bei Pflanzen ist die begrenzte<br />
Wirkung auf unmittelbar benachbarte Zellen, wobei sie nicht auf eine Zellschicht<br />
beschränkt ist und auch innerhalb einer Schicht wirken kann, wenn diese ebenfalls aus<br />
zwei genetisch verschiedenen Geweben besteht. Die Wirkrichtung ist in vertikaler und<br />
horizontaler Richtung und somit dreidimensional. Partnerinduktion ist nicht an eine<br />
periklinalchimärische Konstitution gebunden. Eklatant war eine partnerinduktive<br />
Wirkung der L2 auf eine anthocyandefekte L1-Schicht, die bei Euphorbia pulcherrima<br />
WILLD. ‘Eckes Rosa’ durch BERGANN, 1961 festgestellt werden konnte. Der<br />
partnerinduktive Effekt ließ sich unter anderem auch bei genetisch bedingten<br />
Sprenkelungen an Blüten feststellen, wie z.B. bei Viola sororia WILLD., wo bei einer<br />
genetisch veränderten, blauen Epidermiszelle eine schwache Farbwirkung durch<br />
Anthocyansynthese in den normalerweise anthocyandefekten Nachbarzellen induziert<br />
wird (PLASCHIL, 1997).<br />
1.5 Zur Erzeugung von Pfropfheterohistonten bei Populus<br />
In der Literatur liegen Befunde, von KALBE (1962) - zwei stabile Schichten und<br />
PANKOW (1962) - drei stabile Schichten, über den Scheitelaufbau bei Populus vor.<br />
Wichtig bei der Erzeugung von Pfropfheterohistonten ist, daß sich an der<br />
Verwachsungsstelle beider Pfropfpartner ein Mischkallus bildet, aus dem<br />
Adventivsprosse regenerieren, die in verschiedenen Zellschichten des Sproßscheitels<br />
Gewebe von Unterlage und Pfropfreis besitzen. Aus einem so erzeugten Mischkallus<br />
regenerieren neben Homohistonten der einen als auch der anderen Komponente auch<br />
einige Heterohistonten. Zur Aufrechterhaltung von Pfropfheterohistonten ist ein gutes<br />
Regenerationsvermögen über Seitensproßbildung aus den Achselknospen und eine gute<br />
Bewurzelung von Grünstecklingen oder Steckholz nötig.<br />
14
2. Material und Methoden<br />
2.1. Die Untersuchungsobjekte<br />
Sortenbeschreibung:<br />
Der Name Populus ist schon bei den Römern für diese Gattung in Gebrauch gewesen.<br />
Mit etwa 40 Arten in Europa, Asien und Nordafrika ist der Anbau der Pappel, eine der<br />
schnellwüchsigsten und zellulosereichsten Holzarten, bedeutend geworden. Bei uns<br />
jedoch sind nur die verhältnismäßig langsamwüchsigen Schwarz - (P. nigra) und<br />
Silberpappeln (P. alba) heimisch. Die jetzt in Europa vorhandene Formenvielzahl<br />
entstand aus den eingeführten amerikanischen Arten, ihren Kreu<strong>zu</strong>ngen mit unserer P.<br />
nigra, der Balsamgruppe und den bei all diesen immer wieder neu auftretenden<br />
Kreu<strong>zu</strong>ngsmöglichkeiten miteinander. Eine geographische Übersicht über die<br />
Herkunftsgebiete der einzelnen Arten zeigt, daß das Verbreitungsgebiet der Gattung<br />
Populus verschiedenartige Klimabereiche umfaßt. Aus diesen Gründen scheint eine<br />
Eignung einzelner Arten für bestimmte Gebiete und vielleicht auch für bestimmte<br />
Standorte gegeben <strong>zu</strong> sein.<br />
Für trockene Standorte brauchbar ist P.‘Androscoggin‘. Der Artbastard ‘Androscoggin‘<br />
ist eine Hybride aus P. maximowiczii x P. trichocarpa und bildet rein männliche Blüten.<br />
P.maximowiczii Herkunft : Japan, Korea, Mandschurei<br />
P.trichocarpa Herkunft : Alaska, Südkalifornien<br />
Sie ist sehr schnellwüchsig, hat hohe Holzerträge, ist eine Sorte mit großer Standort -<br />
amplitude, ist in der Jugend von sperrigem, später geradem Wuchs und astarm. Die<br />
Blätter sind eiförmig, auf der Blattunterseite hellgrün bis weiß, und der Blattrand ist fein<br />
gekerbt. Das Laub erscheint sehr zeitig im Frühjahr, wobei die Farbe der Knospen und<br />
jungen Triebe rötlich, braun ist. Sie wird <strong>zu</strong>r Zeit sehr viel angebaut.<br />
Für nasse Lagen bei hohem Nährstoffgehalt ist P. canadensis, ‘Marlandica‘<br />
(Maipappel) geeignet. Diese ist ein hoher Baum mit meist kurzem, dickem Stamm und<br />
darüber einer breiten, vielastigen Krone. Die Hauptäste sind oft stark gekrümmt,<br />
stumpfwinklig abgehend und die unteren oft abwärts gerichtet. Der Austrieb erfolgt<br />
mittelfrüh und ist hellgrün bis rötlich. Die Blätter sind hellgrün, rhombisch mit langer<br />
Spitze und diese ist langgezähnt. Der Blattrand ist gezackt und die Blattunterseite ist<br />
gleichmäßig gelbgrün. Die Blattbasis ist breit keilförmig, bis <strong>zu</strong> 10 cm lang und 6 - 8<br />
cm breit. Sie bildet nur weibliche Blüten aus und ist vermutlich um 1800 in Frankreich<br />
entstanden .<br />
15
2.2. Methoden<br />
2.2.1. Entstehung der Monektoperiklinalchimäre:<br />
Populus x canadensis ’Marilandica’ über Populus maximowiczii x Populus<br />
trichocarpa ’Androscoggin’<br />
Die experimentelle Synthese von Pfropfheterohistonten bei Gehölzen führt nur in<br />
Ausnahmefällen direkt <strong>zu</strong>r Entstehung von Periklinalchimären. Oft herrschen sektorial -<br />
meriklinale Chimären vor, sodaß die vorliegende Kombination (P. Marilandica über P.<br />
Androscoggin) das Ergebnis eines aufwendig angelegten Versuches ist.<br />
1. Für die experimentelle Heterohistontenbildung wurden zwei Populusklone<br />
ausgewählt, die sich in ihren Geschlechtern, ihren Herkunftsgebieten und ihren<br />
äußeren Merkmalen weitgehend voneinander unterscheiden.<br />
2. Es erfolgte eine Gewebetransplantation durch das Pfropfen hinter die Rinde, um eine<br />
Mischkallusbildung an der Verwachsungsstelle <strong>zu</strong> ermöglichen.<br />
3. Nach erfolgreicher Verwachsung von Unterlage (Populus maximowiczii x Populus<br />
trichocarpa ’Androscoggin’) und Pfropfreis (Populus x canadensis ’Marilandica’)<br />
erfolgte eine Decaptation des Pfropfreises im Bereich der Verwachsungsstelle.<br />
4. Anschließend kam es <strong>zu</strong>r Bildung homohistischer und heterohistischer Adventiv-<br />
sprosse aus dem Mischkallus.<br />
5. Über eine Aktivierung von Achselknospen in periklinalchimärischen Bereichen der<br />
Sprosse konnten weitere stabile Chimären aufgebaut werden.<br />
Die so entstandene Monektoperiklinalchimäre weist Veränderungen von einigen<br />
morphologischen Merkmalen der Ausgangsklone auf, die aus der Überlagerung<br />
genetisch verschiedener Gewebeschichten entstehen.<br />
2.2.2. Untersuchungsmethoden (Präparationsmethoden)<br />
Für lichtmikroskopische Untersuchungen der Zellen und Gewebe wurden Frisch - und<br />
Dauerpräparate angefertigt. Welcher der beiden Präparatetypen angefertigt wird, hängt<br />
vom Untersuchungsziel- und Objekt ab. Frischpräparate können sehr schnell<br />
ausgewertet werden. Die Schnitte der Dauerpräparate sind nicht nur durch lange<br />
Haltbarkeit, sondern auch durch sehr dünne Schnittführung (Mikrotomschnitte)<br />
gekennzeichnet. Sie dienen vor allem morphologischen, anatomischen und<br />
histologischen Analysen. Im Gegensatz <strong>zu</strong> den Freihandschnitten der Frischpräparate ist<br />
das Herstellen der Dauerpräparate aufwendiger und durch eine Vielzahl von<br />
16
Zwischenschritten markiert. Die beiden nachfolgend dargestellten Methoden <strong>zu</strong>r<br />
Herstellung von Dauerpräparaten wurden angewendet.<br />
2.2.3. Kunststoffeinbettung (Einbettung in Glycolmethacrylat)<br />
Durch eine Kunststoffeinbettung lassen sich sehr dünne Einzelschnitte anfertigen,<br />
Schnittserien sind schwierig her<strong>zu</strong>stellen. Deshalb wurde diese Methode nur <strong>zu</strong>m<br />
Anfertigen von Querschnitten vollentwickelter Blätter gewählt. Dieses Verfahren wurde<br />
von der Firma Kulzer (ROMEIS, 1989) entwickelt. Die aufgeführten Bezeichnungen der<br />
Chemikalien sind Handelsnamen, unter denen sie von dieser Firma <strong>zu</strong> beziehen sind. Im<br />
einzelnen werden die Dauerpräparate wie folgt hergestellt :<br />
2.2.3.1. Fixieren<br />
Entlüften der Proben mit Hilfe einer Vakuumpumpe in der Fixierlösung (bestehend aus<br />
9 Teilen 96 % igem Alkohol , 0,5 Teilen Chloroform und 0,5 Teilen Eisessig);<br />
anschließendes Fixieren in dieser Lösung für 24 Stunden. Für das Entlüften der Proben<br />
gibt es zwei Gründe: Erstens werden so die im Gewebe befindlichen Luftblasen<br />
entfernt, die das mikroskopische Bild stören, und zweitens wird dadurch ein<br />
Durchdringen des Gewebes mit der Fixierlösung beschleunigt. Durch das Fixieren<br />
sollen die Zellstrukturen erhalten werden.<br />
2.2.3.2. Entwässern<br />
Die <strong>zu</strong> untersuchenden Proben müssen <strong>zu</strong>m Schneiden mit dem Mikrotom in ein<br />
Trägermedium eingebettet werden. Da der verwendete Kunststoff nicht mit Wasser<br />
mischbar ist, muß dieses <strong>zu</strong>vor den Zellen entzogen werden. Es folgt also eine<br />
Entwässerungsreihe mit jeweils zwei Stufen Ethylenglykolmonoethylether, absulotem<br />
Ethanol, n-Propanol und n–Butanol. Die Präparate wurden alle 12 Stunden in die<br />
jeweils nächste Stufe umgesetzt und bei Zimmertemperatur aufbewahrt.<br />
2.2.3.3. Einbetten<br />
Das Einbetten der Proben in das Trägermedium beginnt mit einem schrittweisen<br />
Austausch des Alkohols durch das Trägermedium (1 Teil 96 % iger Alkohol + 1 Teil<br />
"Technovit 7100" für 2 Stunden, 100 Teile "Technovit 7100" + 1 Teil "Härter I").<br />
Anschließend werden die Proben in das eigentliche Trägermedium eingebettet (100<br />
Teile "Technovit 7100" + 1 Teil "Härter I" + 10 Teile "Härter II"). Nach 24 Stunden<br />
werden die Kunststoffblöcke auf Trägern befestigt (das Verbindungsmedium für Blöcke<br />
und Träger besteht aus 0,5 ml "Lösung 3040" + 1 g "Pulver 3040" je Block). Nach<br />
weiteren 24 Stunden ist die Verbindung zwischen den Blöcken und Trägern ausgehärtet.<br />
17
2.2.3.4. Schneiden<br />
Das Schneiden der Proben am Rotationsmikrotom RM 2155 der Firma Leica geschieht<br />
mit Schnittstärken von 8µm. Die Schnitte müssen einzeln auf den Objektträger<br />
überführt, anschließend mit einigen Tropfen Wasser gestreckt und danach getrocknet<br />
werden. Die Schnitte gehen innerhalb von 24 Stunden eine feste Verbindung mit dem<br />
Objektträger ein.<br />
2.2.3.5. Färben<br />
Zum nachfolgenden Färben werden die Objektträger für ca. 15 min in Toluidinblau<br />
(0,1%ig, in 2,5%iger wäßriger Natriumhydrogencarbonat - Lösung) getaucht und<br />
anschließend unter fließendem Wasser gespült.<br />
2.2.3.6. Konservieren<br />
Abschließend an das Trocknen werden die Schnitte in "Fulka 44581 DPX -<br />
Einschlußmittel für die Histologie" konserviert.<br />
2.2.4. Paraffineinbettung<br />
Dieses Verfahren ist für die Herstellung von Dauerpräparaten geeignet, die in ihrer<br />
Schichtenkonstitution histologisch beurteilt werden sollten. Da<strong>zu</strong> werden mediane<br />
Schnitte angefertigt, wobei das Erstellen einer Schnittserie durch die Paraffineinbettung<br />
gegenüber der Kunststoffeinbettung leichter und bequemer gehandhabt werden kann.<br />
Dieses Verfahren wurde ebenfalls für das Anfertigen der Präparate von Blatträndern<br />
angewendet. Die Präparation erfolgte in den folgenden Schritten :<br />
2.2.4.1. Fixieren<br />
Entlüften und Fixieren in CARNOYscher Lösung. (Diese besteht aus 6 Teilen 96 % igem<br />
Alkohol, 3 Teilen Chloroform und 1 Teil Eisessig; die Fixierdauer beträgt 2 Stunden.)<br />
2.2.4.2. Entwässern<br />
Das Entwässern für diese Einbettungsmethode ist dem Einbetten in Kunststoff analog;<br />
die verwendeten Chemikalien sind jedoch andere: Zunächst wird den Zellen wiederum<br />
stufenweise das Wasser entzogen (die Proben kommen für je 1 Tag in 96 % igen<br />
Alkohol und Propanol, 2 Stunden <strong>zu</strong>m Anfärben des Plasmas in ein 1:1-Propanol-<br />
Eosin-Gemisch). Danach muß der Alkohol durch Xylol (Einlegen der Proben für zwei<br />
Tage) ausgetauscht werden, da Xylol nicht mit Wasser, dafür aber mit Alkohol und<br />
Paraffin mischbar ist; Paraffin wiederum ist weder mit Wasser noch mit Alkohol<br />
mischbar.<br />
18
2.2.4.3. Einbetten<br />
Damit das Paraffin die Proben gut durchdringen kann, werden diese <strong>zu</strong>nächst für zwei<br />
Tage in ein 1:1-Xylol-Paraffin-Gemisch gegeben (bei 60°C im Wärmeschrank; Paraffin<br />
erstarrt bei 56-58°C). Anschließend läßt man das Xylol bei ebenfalls 60°C aus dem<br />
Gemisch verdunsten (dieser Vorgang ist nach 3 Tagen abgeschlossen), so daß dann die<br />
Proben vom Paraffin durchdrungen sind und <strong>zu</strong>m Schneiden in Paraffinblöcke<br />
eingegossen werden können.<br />
2.2.4.4. Schneiden<br />
Nach dem Aushärten der Paraffinblöcke werden die Proben am Mikrotom 8 µm stark<br />
geschnitten. Die Schnitte werden auf einen mit Eiweißglycerin (als Klebemittel)<br />
beschichteten Objektträger aufgebracht und mit einigen Tropfen Wasser bei 60°C<br />
gestreckt.<br />
2.2.4.5. Färben<br />
Nach 24stündigem Trocknen der Präparate erfolgt das Färben in Hämalaun. Da<br />
Hämalaun wasserlöslich ist, Paraffin hingegen wasserabweisend, muß dieses erst<br />
entfernt werden. Dieser Prozeß ist dem Entwässern und Einbetten analog, jetzt aber in<br />
umgekehrter Reihenfolge (Xylol für 10 Minuten, danach jeweils kurzes Eintauchen in<br />
Propanol, 2 mal in 96 % igen Alkohol, 1 mal in 70 % igen Alkohol, Wasser).<br />
Anschließend wird in Hämalaun (= Kernfarbstoff) 1 bis 2 Minuten gefärbt und 10<br />
Minuten unter fließendem Wasser der überschüssige Farbstoff entfernt. Danach werden<br />
die Schnitte 20 Minuten in Eosin (=Plasmafarbstoff) gefärbt und der überschüssige<br />
Farbstoff durch kurzes Tauchen in Wasser entfernt.<br />
2.2.4.6. Konservieren<br />
Durch Einschließen in Kanadabalsam werden die Schnittpräparate haltbar gemacht. Da<br />
Kanadabalsam - genau wie Paraffin - nicht mit Wasser oder Alkohol, dafür aber mit<br />
Xylol mischbar ist, muß <strong>zu</strong>nächst das Wasser durch Alkohol und danach der Alkohol<br />
durch Xylol ausgetauscht werden. Das geschieht jeweils wieder durch kurzes Tauchen<br />
1 mal in 70 % igen Alkohol, 2 mal in 96 % igen Alkohol, 2 mal in Propanol und<br />
letztlich in Xylol, bevor Kanadabalsam als Konservierungsmittel aufgetragen wird.<br />
2.2.5. Frischpräparate<br />
Um die einzelnen Schichten eines Laubblattes <strong>zu</strong> analysieren, wurden Abzüge der<br />
oberen und unteren Epidermis angefertigt sowie Blattquer- und längsschnitte freihändig<br />
mit der Rasierklinge hergestellt. Zur besseren Handhabung beim Schneiden wurden die<br />
19
Objekte zwischen Gurken - oder Zucchinistücke gelegt. Zuvor wurden die Präparate<br />
mittels Membranvakuumpumpe infiltriert. Dies ist notwendig, um die Luft in den Zellen<br />
gegen Flüssigkeit aus<strong>zu</strong>tauschen, wodurch eine bessere Durchleuchtung der Präparate<br />
gewährleistet wird. Einblicke in den Aufbau des Blattquerschnittes entstanden durch<br />
einseitige oder beidseitige Epidermisabzüge und mittels Durchleuchtung von in Wasser<br />
infiltrierten Blattquerschnitten am Mikroskop.<br />
2.2.6. Lichtmikroskopische Untersuchungen und Datenaufbereitung<br />
Mikroskopische Untersuchungen erfolgten an den Durchlichtmikroskopen JENAVALcontrast<br />
und LABOVAl–2. Die Dokumentation der Ergebnisse wurde mit dem<br />
mikrofotografischen Aufsetzkamerasystem mf - AKS und Kleinbildfilmen der Marke<br />
Agfa durchgeführt. Pflanzen bzw. Pflanzenteile wurden mit Fotoapparaten der Marke<br />
Practica unter Verwendung von Kleinbildfilmen aufgenommen. Die Datenaufbereitung,<br />
die statistische Auswertung und die graphischen Darstellungen wurden mit EXCEL 5.0<br />
erstellt.<br />
2.2.7. Entmischung von Chimären ( BATESON–TEST )<br />
Unter Segregation wird die Entmischung von chimärischem Pflanzenmaterial<br />
verstanden. Sie kann durch Wurzelaustriebsversuche, auch BATESON-Test genannt<br />
(BATESON, 1916) und Adventivsproßbildung in der in vitro-Kultur erreicht werden.<br />
Oder sie erfolgt spontan an der Versuchspflanze durch Reduplikation oder Perforation.<br />
Beim BATESON-Test wird die Sproßachse der Pflanze entfernt und die oberen<br />
Wurzeln freigelegt, um einen Wurzelaustrieb <strong>zu</strong> induzieren. Dieser wird bei<br />
ausreichender Größe als Steckling entnommen und weiterkultiviert. Ein weiterer Weg,<br />
um die Kernkomponente einer Chimäre <strong>zu</strong> individualisieren, ist der ASSEYEVA-Test.<br />
Dabei werden die Sprosse entblättert und alle Achselknospen durch Tangentialschnitte<br />
vollständig abgetrennt. Innerhalb von wenigen Wochen bildet sich an den Schnittstellen<br />
Kallusgewebe, an denen sich Adventivsprosse entwickeln können (BERGANN, 1962).<br />
Adventivsprosse entwickeln sich meist kräftiger, wenn nur die Achselknospen entfernt,<br />
die Blätter aber an der Pflanze belassen werden. Bei dem <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden<br />
Pfropfheterohistonten ergab sich spontan eine Wurzelregeneration, mit dem <strong>zu</strong><br />
erwartenden Ergebnis, daß der Wurzelsproß in seinen Merkmalen der L2 Komponente<br />
P.‘Androscoggin‘ entspricht.<br />
20
2.2.8. Dünnschichtchromatographie ( DC )<br />
Für eine qualitative aber auch quantitative Bestimmung der Wachskomponenten eignet<br />
sich das Verfahren der Dünnschichtchromatographie.<br />
2.2.8.1. Allgemeines <strong>zu</strong>r DC<br />
Das chromatographische Prinzip beruht auf der unterschiedlichen Wechselwirkung der<br />
Komponenten eines <strong>zu</strong> trennenden Substanzgemisches durch unterschiedliche<br />
Verteilungs- oder Adsorptionsgleichgewichte in einem Zweiphasensystem. Hierbei<br />
handelt es sich um begrenzt miteinander mischbare Stoffe, die unterschiedliche<br />
Aggregat<strong>zu</strong>stände haben können. Eine der beiden Phasen ist ortsunveränderlich; sie<br />
wird daher als die „Stationäre Phase“ bezeichnet. Die zweite Phase ist ein strömendes<br />
Medium, also eine Flüssigkeit oder ein Gas. Sie trägt deshalb auch die Bezeichnung „<br />
Mobile Phase “. An der Grenzfläche beider Phasen tritt das mit der mobilen Phase<br />
transportierte Stoffgemisch in Wechselwirkung mit der stationären Phase, und es<br />
kommt <strong>zu</strong> abweichenden Verteilungs- und / oder Adsorptionsgleichgewichten für jede<br />
einzelne Gemischkomponente. Je nach Art und Größe der Gleichgewichte ergeben sich<br />
daraus ungleiche Wanderungsgeschwindigkeiten der Komponenten längs der<br />
Phasengrenzschicht. Die unterschiedliche Laufzeit der Komponenten führt letztlich <strong>zu</strong><br />
ihrer Trennung und ermöglicht so eine Analyse.<br />
2.2.8.2. Prinzip - Trennung durch Adsorption<br />
Unter dem Begriff der Adsorption ist im Gegensatz <strong>zu</strong>r Absorption das Anhaften eines<br />
Stoffes an der Oberfläche eines anderen, festen Stoffes <strong>zu</strong> verstehen, ohne daß beide<br />
Stoffe ihre chemischen Eigenschaften verändern. Verantwortlich für die Adsorption<br />
sind die zwischen dem adsorbierten Stoff und dem Absorbens wirkenden<br />
Adhäsionskräfte. Bei der verwendeten DC-Methode fungiert als stationäre Phase eine<br />
dünne Schicht fein gekörntes Aluminiumoxid<br />
(Adsorptionsmittel), das in gleichmäßiger Beschichtung auf Aluminiumfolie als<br />
Trägermaterial aufgetragen ist. Die mobile Phase bildet ein Lösungsmittel oder auch ein<br />
Lösungsmittelgemisch (Fließ - oder Laufmittel), das kontinuierlich über die<br />
beschichtete Seite der Trägerplatte aufsteigt (Kapillarkräfte). Das <strong>zu</strong>vor auf den<br />
Plattenunterrand aufgetragene Substanzgemisch trennt sich wegen der unterschiedlichen<br />
Adsorptionsgleichgewichte der einzelnen Substanzkomponenten längs der Laufstrecke<br />
des Lösungsmittels auf.<br />
21
2.2.8.3. Arbeitstechniken<br />
2.2.8.3.1. Ermitteln eines geeigneten Laufmittels (Mikrozirkulartechnik)<br />
Auf einer DC-Platte wird die <strong>zu</strong> trennende Substanz mehrmals punktförmig im Abstand<br />
von einigen Zentimetern nebeneinander aufgetragen. Danach wird auf das Zentrum<br />
jedes Punktes eine dünne, mit Eluirmittel gefüllte Kapillare (ausgez.<br />
Schmelzpunktröhrchen) aufgetragen. Die austretende Flüssigkeit breitet sich aus und<br />
bewirkt eine Trennung des Substrates. Mischungen, zweier oder mehrerer ineinander<br />
mischbarer Lösungsmittel verschiedener Polarität, ergeben oftmals eine bessere<br />
Trennung als reine Eluirmittel. Die einzelnen Komponenten eines Laufmittelgemisches<br />
dürfen nicht miteinander reagieren, müssen also inert, rein und möglichst leicht <strong>zu</strong><br />
verdampfen sein. Verwendet werden immer frisch hergestellte Lösungen, und um<br />
Konzentrationsverschiebungen <strong>zu</strong> vermeiden, müssen sie verschlossen aufbewahrt<br />
werden.<br />
2.2.8.3.2. Vorbereiten der Trennkammer<br />
Bei ungenügender Kammersättigung zeigt das Chromatogramm ein verzerrtes Bild.<br />
Deshalb wird die Trennkammer allseitig mit Filterpapier ausgekleidet. Das Laufmittel<br />
wird so eingelassen, daß das Filterpapier getränkt ist und die Füllhöhe ca. 1 cm beträgt.<br />
Während einer Wartezeit von etwa 30 min sättigt sich die Atmosphäre in der<br />
Trennkammer mit Laufmitteldämpfen. Der Standort für die Trennkammer muß so<br />
gewählt werden, daß diese nicht einseitig erwärmt oder abgekühlt wird (Durch<strong>zu</strong>g !).<br />
2.2.8.3.3. Vorbereiten der DC - Platte<br />
Die Startlinienmarkierung 1 cm vom unteren Rand der DC-Platte wird mit Bleistift<br />
durchgeführt. Damit das Laufmittel ungehindert und gleichmäßig aufsteigen kann, darf<br />
die Sorbtionsmittelschicht dabei nicht beschädigt werden.<br />
2.2.8.3.4. Auftragen der Probesubstanz<br />
Substanz wird auf die Startlinie der DC-Platte mittels Schmelzpunktröhrchen<br />
aufgetragen.<br />
22
DC – Kammer mit DC – Platte Bild ( 1 )<br />
2.2.8.3.5. Entwickeln des Chromatogramms<br />
Die vorbereitete DC–Platte wird in die Trennkammer gestellt und bei gleichbleibenden<br />
Bedingungen entwickelt. Die Kammer darf während des Entwicklungsvorgangs nicht<br />
mehr geöffnet werden ! Nach ausreichender Entwicklung wird die Platte aus der<br />
Kammer gehoben und die Laufmittelfront mit Bleistift markiert. Anschließend wird die<br />
DC-Platte unter dem Ab<strong>zu</strong>g getrocknet.<br />
2.2.8.3.6. Sichtbarmachen der Substanzflecken<br />
UV-Lichtbestrahlung mit 365 nm für fluoreszierende Substanzen. Die Substanzflecken<br />
erscheinen als helleuchtende, farbige Flecken auf der dunklen Platte. UV-<br />
Lichtbestrahlung mit 254 nm für UV-Licht absorbierende Substanzen. Auf der mit<br />
Leuchtstoffindikator imprägnierten Sorbtionsmittelschicht (Kieselgel 60 F 254)<br />
erscheinen die Substanzen als dunkle Flecken auf dem hellgrün fluoreszierenden Grund.<br />
23
3. Untersuchungen <strong>zu</strong>r Hypothese A<br />
3.1. Histologie des Sproßscheitels<br />
3.1.1. Terminologie des Sproßscheitels<br />
Bis <strong>zu</strong>r Entwicklung des Tunica-Corpus-Konzepts war HANSTEINs Histogentheorie die<br />
vorherrschende Lehrmeinung über den Aufbau des Vegetationspunktes. Diese Theorie<br />
besagt, daß im Sproßscheitel die drei von außen nach innen untereinander angeordneten<br />
Histogene Dermatogen, Periblem und Plerom liegen. Diesen Histogenen wird<br />
prospektive Bedeutung <strong>zu</strong>gewiesen: Vom Dermatogen leiten sich die Epidermen ab,<br />
Zellen des Periblems entwickeln sich <strong>zu</strong>r Rinde, und das Plerom liefert die Zellen des<br />
Gefäßsystems (HANSTEIN, 1868). HANSTEINs Histogentheorie wurde abgelöst durch das<br />
Tunica-Corpus-Konzept von SCHMIDT (1924) und BUDER (1928) und wird in<br />
Kombination mit der Ln-Bezeichnung von SATINA et al. (1940) verwendet. BERGANNs<br />
Stratum-Conus-Gliederung entspricht im Prinzip der von Tunica und Corpus, erlaubt es<br />
aber nicht, eine Tunica, die aus vier oder mehr Schichten besteht, <strong>zu</strong> beschreiben. Daß<br />
derartig viele Tunicaschichten im Sproßscheitel gelegentlich beobachtet werden<br />
können, war BERGANN bekannt. Da jedoch nicht mehr als drei Tunicaschichten in<br />
Achselknospen reproduziert werden, ignorierte er alle weiteren Tunicaschichten als<br />
solche und rechnete sie dem Corpus <strong>zu</strong>: "Für die Feststellung der Grenze zwischen<br />
Stratum und Conus soll als alleiniges Kriterium die Anlegung der Achselknospen<br />
gelten. Diejenigen Zellen, in denen die ersten periklinen Teilungen erfolgen, die <strong>zu</strong>r<br />
Anlage eines Achselknospenvegetationspunktes führen, Zellen also, die auf alle Fälle<br />
konstituierende Bestandteile des neuen Sproßscheitels werden, weil aus ihnen der neue<br />
Conus hervorgeht, der das Stratum vor sich hertreibt, gehören dem bisherigen<br />
Conusgewebe, und zwar dessen oberster Zellage an." Die Tunica-Corpus-Gliederung<br />
nach SCHMIDT (1924) und BUDER (1928) ist rein topographischer Natur. BERGANN<br />
(1955 a) und TILNEY-BASSETT (1986) gliederten den Apex zweckgebunden <strong>zu</strong>r<br />
Erklärung von Sproßvariationen. BERGANNs Stratum-Conus-Gliederung wäre in diesem<br />
Fall der Tunica-Corpus-Gliederung vor<strong>zu</strong>ziehen, weil mit BERGANNs Bezeichnungen<br />
Verwirrungen über höhere Tunicazahlen in mikroskopischen Längsschnittsbildern<br />
vermieden werden. Die Ln-Nomenklatur nach SATINA et al. (1940) und die<br />
Bezeichnung der sich von den Scheitelschichten ableitenden Gewebe als Ln-bürtig<br />
werden den Anforderungen der Chimärenforschung beim Vorliegen statischer<br />
Apexstrukturen gerecht.<br />
24
3.1.2. Untersuchungen <strong>zu</strong>r Schichtung des Sproßscheitels<br />
Die stockwerkartige Anordnung der<br />
Tunica in mindestens zwei<br />
Schichten, in denen nur antikline<br />
Zellteilungen stattfinden und somit<br />
Plattenmeristeme organisiert werden,<br />
ermöglicht eine Erzeugung von<br />
Heterohistonten. Im anschließenden<br />
Initialstockwerk, dem Corpus, finden<br />
sowohl antikline als auch perikline<br />
Zellteilungen statt, welche die<br />
Grundmasse des Apikalmeristems<br />
bilden. Noch vor der eindeutigen<br />
Gewebegliederung bilden sich schon<br />
Blattprimordien als seitliche<br />
Wölbungen. Sie markieren als Orte<br />
vermehrter antikliner Mitosen die<br />
Meristem-fragmentierung. Die<br />
Zellen der Blattanlagen treten früher<br />
als die Achselzellen in die<br />
Streckungsphase ein, so daß die<br />
jungen Blätter den Vegetationskegel<br />
übergipfeln. Dabei wirkt sich<br />
<strong>zu</strong>sätzlich der Gradient <strong>zu</strong>nehmender<br />
Zellstreckung aus, der sich vom<br />
Sproßscheitel <strong>zu</strong>r basiswärts<br />
gelegenen Differen-zierungszone hin<br />
erstreckt. Die Außenseite der<br />
Knospen-schuppen ist gegenüber der<br />
weiter scheitelwärts liegenden Seite<br />
im Streckungswachstum voraus, so<br />
daß sich die jungen Blätter gegen<br />
den Scheitel hin krümmen.<br />
1 Pfeil 2 3 4<br />
Teilungsrichtung<br />
Tunica 1<br />
Corpus 2 u.3<br />
Anlagen für Axillärknospen a<br />
Apicale Initialengruppe i<br />
Zentralmeristem z<br />
Junges Blatt Pfeil 1<br />
1. Tunicaschicht L1 Pfeil 2<br />
2. Tunicaschicht L2 Pfeil 3<br />
Blattprimordium Pfeil 4<br />
Sproßscheitel P. Andr. Bild ( 2 )<br />
Sproßscheitel Schematisch Bild ( 3 )<br />
25
3.2. Untersuchungen <strong>zu</strong>r Konstitution der Tunikaschichten<br />
3.2.1. Schichtenanalyse <strong>zu</strong>r oberen Epidermis<br />
Analyse der drei Exemplare (P. Androscoggin , Pfropfchimäre, P. Marilandica) um<br />
nach<strong>zu</strong>weisen , daß die L1-Komponente des Pfropfheterohistonten , welche die<br />
Epidermis bildet, von P. Marilandica stammt. Um einen Aufschluß über den<br />
oberflächigen Aufbau der Epidermis <strong>zu</strong> erhalten, wurden Epidermisabzüge entnommen<br />
und unter dem Mikroskop mit der Einstellung (40\12,5) untersucht. Ziel der<br />
Untersuchung war es, die drei Exemplare (P. Androscoggin, Pfropfchimäre, P.<br />
Marilandica) in Be<strong>zu</strong>g auf ihre epidermale Konstitution <strong>zu</strong> vergleichen um<br />
nach<strong>zu</strong>weisen, daß die Epidermis des Pfropfheterohistonten von P. Marilandica stammt.<br />
Anschließend wurden Farbbilder der oberen Epidermis in der Einstellung (3,2\25\5)<br />
angefertigt, um einen bildhaften Nachweis fest<strong>zu</strong>halten. Die Epidermis schützt das Blatt<br />
sowohl vor chemischen und mechanischen Einwirkungen als auch vor Austrocknung<br />
und ungünstiger Bestrahlung. Die vorwiegend einschichtige Epidermis besteht aus<br />
Zellen mit kräftiger Außenwand und aufgelagerter Cuticula. Zwar schließen die<br />
Epidermiszellen lückenlos aneinander, trotzdem ist der lebensnotwendige Gasaustausch<br />
durch eingelagerte Spaltöffnungen gewährleistet. Der Ausgleich des<br />
Wassersättigungspotentials zwischen Wurzelraum und Atmosphäre, aber auch der<br />
Gasaustausch ist so kontrollierbar. Je nach Herkunft, Umwelt und Lebensweise der<br />
Pflanze unterscheidet sich die Zusammenset<strong>zu</strong>ng der Epidermis in amphistomatisch<br />
(Stomata auf beiden Seiten des Blattes), hypostomatisch (Stomata auf der Unterseite des<br />
Blattes) und epistomatisch (Stomata ausschließlich auf der Blattoberseite). Im genetisch<br />
determinierten Ablaufplan <strong>zu</strong>m Aufbau der Epidermis ist arttypisch festgelegt, daß nach<br />
Ausprägung einer bestimmten Anzahl von Nebenzellen eine Stomata inseriert wird.<br />
Man unterscheidet eine ganze Reihe von Spaltöffnungsapparaten für bestimmte<br />
Pflanzengruppen aufgrund ihrer Anordnung, Anzahl und Form der Nebenzellen. All<br />
diese typischen, sorteneigenen Merkmale der Epidermis ermöglichen einen Vergleich<br />
<strong>zu</strong>r Bestimmung der Zugehörigkeit und Zuordnung der L1-Komponente im Falle einer<br />
Untersuchung von Monektoperiklinalchimären.<br />
P. Marilandica : - häufig Stomata Blattoberseits vorhanden Bild ( 4 )<br />
P. Pfropfchimäre : - häufig Stomata Blattoberseits vorhanden Bild ( 5 )<br />
P. Androscoggin : - nur vereinzelt Stomata Blattoberseits vorhanden Bild ( 6 )<br />
26
3.2.2. Vergleich der oberen Epidermis:<br />
obere Epidermis Populus x canadensis ’Marilandica’ Bild ( 4 )<br />
obere Epidermis P. Pfropfchimäre Bild ( 5 )<br />
obere Epidermis Populus.’Androscoggin’. Bild ( 6 )<br />
27
3.2.3. Schichtenanalyse mittels Frischpräparaten des<br />
Blattquerschnittes<br />
Untersuchung der Mesophyllschichten der drei Exemplare ( P. Androscoggin,<br />
Pfropfchimäre, P. Marilandica ) um nach<strong>zu</strong>weisen, daß die L2 - Komponente des<br />
Pfropfheterohistonten, welche die Mesophyllschicht bildet, von P. Androscoggin<br />
stammt.<br />
Um einen Aufschluß über den Aufbau der Mesophyllschichten <strong>zu</strong> erhalten, wurden<br />
Blattquerschnitte angefertigt und unter dem Mikroskop mit der Einstellung (40\12,5)<br />
untersucht. Anschließend wurden Farbbilder der Blattquerschnitte in der Einstellung<br />
(3,2\25\5) angefertigt. Das im Mesophyll enthaltene Palisadenparenchym schließt gleich<br />
an die obere Epidermis an und umfaßt bei beiden Ausgangsarten zwei Schichten<br />
langgestreckter, viele Chloroplasten enthaltender Zellen (Chlorenchym). Die darauf<br />
folgenden Trichterzellen vermitteln zwischen dem Pallisadengewebe und dem<br />
Schwammparenchym. Ihre Form ist etwa intermediär zwischen beiden Gewebetypen.<br />
Bei der Wasserversorgung der Pallisadenzellen und beim Abtransport der Assimilate<br />
spielen sie eine wichtige Rolle. Darüber hinaus können in den Vakuolen der<br />
Trichterzellen weitere, häufig niedermolekulare Verbindungen akkumulieren, die für<br />
den zellulären osmotischen Druck und dessen Regulation mitverantwortlich sind.<br />
Besonders deutlich in den spezialisierten Zellen der Zwischenschicht sind die<br />
charakteristischen Kristalle des Calciummonohydrats (Oxalatdrusen) Bild (7,8,9). Sie<br />
sind Stoffwechselprodukte, welche die Idioblasten oft ganz erfüllen. Solitärkristalle des<br />
Calciumdihydrats Bild (24) sind in erster Linie an den Leitgefäßen <strong>zu</strong> finden. Im<br />
anschließenden Schwammparenchym findet man unregelmäßige, rundliche Zellen und<br />
einen mehr oder weniger hohen Anteil (je Art) an Interzellularen. Der lockere Bau und<br />
die Durchgängigkeit des Interzellularennetzes ist von großer Bedeutung für jeglichen<br />
Gasaustausch (Respiration, Assimilation, Transpiration). Als Durchlüftungsgewebe<br />
bildet es die Atemhöhlen zwischen Schwammparenchym und unterer Epidermis.<br />
P. Marilandica : - kaum Interzellularräume Bild ( 7 )<br />
P. Pfropfchimäre : - gedrungene Interzellularräume Bild ( 8 )<br />
P. Androscoggin : - große Interzellularräume Bild ( 9 )<br />
28
3.2.4. Vergleich der Blattquerschnitte :<br />
Populus x canadensis ’ Marilandica ’ Bild ( 7 )<br />
P. Pfropfchimäre Bild ( 8 )<br />
Populus maximowicii x Populus trichocarpa ’ Androscoggin ’. Bild ( 9 )<br />
29
3.2.5. L1 – Beteiligung an der Bildung der Blattrandorgane<br />
Untersuchung der Blattrandorgane der drei Exemplare ( P. Androscoggin,<br />
Pfropfchimäre, P. Marilandica ) um nach<strong>zu</strong>weisen, daß die L1 Komponente des<br />
Pfropfheterohistonten von P. Marilandica stammt .<br />
An der Blattrandbildung ist L1-bürtiges Gewebe mit den Epidermen in jedem Fall beteiligt,<br />
weshalb für die L1 HANSTEINs Bezeichnung "Dermatogen" bis heute verwendet<br />
wird. Es gibt aber auch Untersuchungen, wonach L1-bürtiges Gewebe regelmäßig an<br />
der Mesophyllbildung des Laubblattrandes beteiligt ist, was perikline Teilungen der L1<br />
oder der aus ihr hervorgegangenen Epidermiszellen voraussetzt. TILNEY - BASSETT<br />
(1986) gibt eine <strong>zu</strong>sammenfassende Darstellung <strong>zu</strong>r L1-Beteiligung an der<br />
Mesophyllbildung der Laubblätter. Danach lassen sich die Dicotylen in verschiedene<br />
Gruppen einteilen. In die erste und umfangreichste Gruppe wären dabei alle die<br />
Pflanzen ein<strong>zu</strong>ordnen, deren L1-bürtige Zellen nicht oder nur ausnahmsweise und dann<br />
in geringem Umfang an der Blattmesophyllbildung teilnehmen. Als Beispiele aus<br />
neueren Untersuchungen seien Saintpaulia ionantha (LANGE, 1992), Solanum<br />
tuberosum (TIGRE, 1997) und Primula vulgaris (WEGNER, 1995) genannt. In die<br />
zweite Gruppe gehören die Vertreter mit regelmäßiger L1-Randmesophyllbildung, wie<br />
Daphne odora, Fragaria chiloensis (IMAI, 1935) und Veronica gentianoides<br />
(CORRENS, 1928; MASSEY, 1928; RENNER, 1936 b; und TILNEY -BASSETT,<br />
1963). Bei den <strong>zu</strong> untersuchenden Exemplaren wird ebenfalls von einer L1 -<br />
Beteiligung an der Mesophyllbildung am Blattrand ausgegangen. Da bisher noch keine<br />
Farbmarkierung durch einen induzierten Chlorophylldefekt vorgenommen wurde,<br />
werden keine Aussagen über die L1 - Beteiligung an der Blattrandmesophyllbildung<br />
gemacht. Deutlich ersichtlich ist jedoch bei einem Vergleich der Blattrandzacken die<br />
formative Wirkung der Epidermis bei der Ausbildung der Blattrandorgane.<br />
P. Marilandica : - deutlich ausgeprägte Blattrandzacke Bild ( 10 )<br />
P. Pfropfchimäre : - Andeutung <strong>zu</strong>r Ausprägung einer Blattrandzacke Bild ( 11 )<br />
P. Androscoggin : - relativ glatter Blattrand mit Sekretausscheidung Bild ( 12 )<br />
30
3.2.6. Vergleich der Blattrandzacken<br />
P. Marilandica ( Blattrand ) Bild ( 10 )<br />
P. Pfropfchimäre ( Blattrand ) Bild ( 11 )<br />
P. Androscoggin ( Blattrand ) Bild ( 12 )<br />
31
3.3. Phytohormone im Sproßscheitel<br />
In Anbetracht der Hypothese A sollen in diesem Kapitel die Phytohormone einerseits in<br />
Be<strong>zu</strong>g auf ihre Entstehung und Entstehungsorte, aber auch andererseits auf ihre<br />
Wirkung bei bestimmten Prozessen in der Morphogenese genauer beschrieben werden.<br />
Definition: Phytohormone sind von der Pflanze gebildete Verbindungen, die in sehr<br />
geringer Konzentration physiologische Vorgänge bzw. Entwicklungsprozesse steuern.<br />
Zu den physiologischen Vorgängen bei Gehölzen im Anbau unter Freilandbedingungen<br />
gehört die Einleitung und Aufhebung der Dormanz (Winterruhe), die durch eine<br />
Transplantation der Epidermis von P. Marilandica über das Mesophyll von P.<br />
Androscoggin maßgeblich mitbestimmt wird und neben einer mechanischen<br />
Beeinflussung auf eine physiologische Neukombination der Hormonkonstellation<br />
schließen läßt. Im wesentlichen gibt es 5 Gruppen von Phytohormonen (Auxine,<br />
Gibberelline, Cytokinine, Abscisinsäure und Äthylen) während nur zwei davon (Auxin<br />
und Abscisinsäure) hauptsächlich im Apikalmeristem gebildet werden. Diese weisen<br />
folgende Charakteristika in ihrer Wirkungsweise auf:<br />
- Sie werden in bestimmten Geweben gebildet.<br />
- Sie fungieren als Botenstoffe, aber auch als Signalüberträger innerhalb eines Gewebes.<br />
- Sie sind unspezifische Auslöser eines am Wirkort vorgegebenen Reaktionsablaufes.<br />
- Sie lösen multiple Reaktionsabläufe aus.<br />
- Am Wirkort erfolgt eine Bindung an hochspezifische Rezeptoren.<br />
- Die einzelnen Hormongruppen wirken zeitlich und räumlich <strong>zu</strong>sammen.<br />
Verschiedene Pflanzengewebe weisen unterschiedliche Empfindlichkeit gegenüber den<br />
Hormonen auf. Phytohormone wirken im ng- bis µg-Bereich (parts per billion - ppb,<br />
parts per million – ppm) im Pflanzengewebe. Es gibt viele Störsubstanzen im<br />
Pflanzengewebe, die den Nachweis der Hormone erschweren. Deshalb bestehen hohe<br />
Anforderungen an die Analytik.<br />
Folgende Nachweismethoden sind bekannt :<br />
- Biotests, Beobachtung typischer Pflanzenreaktionen nach Applikation (Wachstum,<br />
Bewegungsreaktionen), empfindlich, aber wenig spezifisch<br />
- immunologische Verfahren ( Antigen - Antikörper – Reaktion )<br />
- chemische Verfahren, z.B. Markierung mit radioaktiven Isotopen<br />
- physikalische Verfahren, z.B. Gaschromatographie (GC),<br />
Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC), Massenspektrometrie (MS)<br />
32
Die Physiologie der Hormonwirkungen wird heute verstärkt anhand von Mutanten<br />
untersucht, die ein bestimmtes Hormon nicht synthetisieren können. Aus dem<br />
veränderten Verhalten dieser Mutanten, z.B. Zwergwuchs, lassen sich dann Schlüsse auf<br />
die Wirkung des Hormons ableiten .Viele Vorgänge bei Gehölzen werden von diesen<br />
Hormonen gesteuert:<br />
- Samen- bzw. Knospendormanz - Verzweigung von Jungbäumen - Steuerung des<br />
vegetativen Wachstums - Blüteninduktion<br />
Der Anwendung von Hormonen und Wachstumsregulatoren sind in der Praxis Grenzen<br />
gesetzt. Zur Zeit gibt es Formulierungen mit Wachstumsregulatoren <strong>zu</strong>r:<br />
- Bewurzelung von Stecklingen<br />
- In vitro-Vermehrung<br />
- Brechung der Knospenruhe<br />
3.3.1. AUXINE<br />
1. Struktur<br />
Strukturelles Kennzeichen der Auxine ist das Indolringsystem.<br />
Wichtigster Vertreter ist die natürlich vorkommende, universell in Pflanzen verbreitete<br />
Indol-3-essigsäure (IES, engl.: IAA).<br />
Strukturformel der Indol-3-essigsäure (IES)<br />
2. Bildungsorte und Transport<br />
IES wird vor allem in den apikalen Meristemen (Sproßspitze) gebildet.<br />
Vegetative Sproßteile: 10-50 ng/g Frischgewicht<br />
Blüten: 3-10 ng/g<br />
Samen: 1-10 µg/g (->1000 x mehr!)<br />
Der Transport ist streng polar, d.h. nur in eine Richtung:<br />
im Sproß basipetal<br />
in der Wurzel akropetal<br />
Der Auxintransport verläuft von Zelle <strong>zu</strong> Zelle. Er beruht sowohl auf Diffusion als auch<br />
auf aktiven Prozessen und ist somit energieabhängig.<br />
Es wird ein spezieller Transportmechanismus über Carrier vermutet, der gegenläufig <strong>zu</strong><br />
einem Calcium-Transport abläuft. Durch "Antiauxine" kann der Transport gehemmt<br />
werden, z.B. durch 2,3,5-Trijodbenzoesäure (TIBA), die eine Bindung von Auxin an<br />
den Carrier verhindert. Gibberelline fördern den Auxintransport.<br />
33
Translokationsgeschwindigkeit: in Coleoptilen: 8-15 mm/h \ in Sproßsegmenten:5-10<br />
mm/h \ in Wurzeln:1- 2 mm/h<br />
3. Biosynthese<br />
Die Biosynthese der IES ist bis heute nicht ganz geklärt. Wahrscheinlich erfolgt die<br />
Bildung aus Tryptophan mit folgenden Vorstufen:<br />
Tryptophan -> Tryptamin -> Indol-3-acetaldelyd -> IES<br />
Inaktivierung durch Überführung in gebundene Formen (reversibel). IES kommt im<br />
Pflanzengewebe als freie Säure oder gebunden z.B. an Glucose, Glutaminsäure oder<br />
Proteine vor. Die gebundenen Formen sind inaktiv, z.B. in trockenen Samen. In<br />
wachsendem Gewebe ist der Anteil freier IES höher.<br />
Abbau der IES erfolgt enzymatisch durch IES-Oxidase. Die IES-Oxidase-Aktivität in<br />
Sproß- und Wurzelspitzen ist gering, im älteren, ausgewachsenen Gewebe dagegen<br />
hoch.<br />
4. Wirkungsweise<br />
Auxine können folgende Reaktion im Zielgewebe auslösen:<br />
- Reversible Bindung an spezifische Rezeptormoleküle<br />
- Genexpression und verstärkte mRNA-Bildung<br />
- Steigerung der Proteinsynthese<br />
- Beeinflussung der Aktivität wichtiger Enzyme<br />
- Veränderung der Eigenschaften von Membranen und Zellwänden<br />
5. Funktionen<br />
Förderung des Streckungswachstums<br />
Wirksame Auxinkonzentrationen: 10 -8 bis 10 -6 mol/l.<br />
Zellstreckung von Sproßachsen.<br />
Sehr hohe Auxinkonzentrationen wirken wachstumshemmend<br />
Beteiligung an Phototropismus und Geotropismus.<br />
Mitwirkung beim Aufbrechen der Knospen im Frühjahr !!!!<br />
Zellteilungen im Kambium<br />
Steuert Kambiumtätigkeit der Bäume unterhalb der treibenden Knospen<br />
Beteiligung an der Differenzierung von Phloem und Xylem<br />
34
Wurzelbildung<br />
Förderung der Wurzelbildung (Adventivwurzeln, Seitenwurzeln)<br />
Junge Blätter oder treibende Lateralsprosse fördern Bewurzelung von<br />
Stecklingen (Ursache: Auxinproduktion)<br />
Apikaldominanz<br />
Hemmung der Lateralknospen durch Auxin<br />
3.3.2. ABSCISINSÄURE ( ABA )<br />
1. Struktur<br />
Die ABA gehören <strong>zu</strong> den Sesquiterpenen.<br />
Das C1-Atom ist asymmetrisch; somit sind zwei optische Isomere möglich. Davon ist<br />
die (S)-Abscisinsäure die natürlich in Pflanzen vorkommende.<br />
Strukturformel der (S)-Abscisinsäure<br />
2. Bildungsorte und Transport<br />
ABA-Gehalt in Geweben: 5-200 µg/kg FM<br />
Gehalt in Samen und Knospen wesentlich höher.<br />
Der Gehalt ist abhängig von:<br />
1) Wassergehalt des Gewebes<br />
2) Mineralstoffernährung<br />
3) Osmotischer Streß: Schließen der Stomata<br />
4) Überfluten des Wurzelsystems: O2-Mangel Der Transport erfolgt sowohl im Xylem als auch im Phloem<br />
3. Biosynthese<br />
Aufbau ausgehend von Acetyl-CoA -> Mevalonsäure -> Carotinoide -> ABA<br />
Abbau über Phaseinsäure, Veresterung mit Glucose.<br />
Der Abbau von ABA erfolgt sehr schnell.<br />
4. Wirkungsweise<br />
Schnelle Reaktionsgeschwindigkeit (nach wenigen Minuten meßbar):<br />
Veränderung der Transportvorgänge an Membranen<br />
Schließreaktion der Stomata<br />
Hemmung des Zellstreckungswachstums<br />
Hemmung des Ionentransportes durch ABA<br />
Langsame Reaktion (nach einigen Stunden meßbar):<br />
Keimungshemmung<br />
Einfluß auf Transkriptions- und Translationsvorgänge<br />
35
Einfluß auf Aktivität verschiedener Enzyme<br />
Viele ABA-Wirkungen sind nur im Zusammenspiel mit anderen Hormonen möglich.<br />
ABA wirkt meist antagonistisch, z.B.<br />
gegenüber Auxinen bei der Zellstreckung<br />
gegenüber Cytokininen bei der Zellteilung<br />
gegenüber Gibberellinen bei der Amylasebildung<br />
5. Funktionen<br />
ABA ist das klassische "Streßhormon", d.h. seine Synthese kann durch exogene<br />
Streßfaktoren ausgelöst werden.<br />
Antagonist <strong>zu</strong> Auxinen, Cytokininen und Gibberellinen<br />
Förderung des Blattfalles (Abscission)<br />
Bei Applikation ruft ABA eine Blattabtrennung hervor, beim natürlichen<br />
Blattabtrennungsprozeß weniger wahrscheinlich (Beteiligung von IES und<br />
Äthylen)<br />
Blatt-ABA-Gehalt korreliert nicht mit der Abscissionrate<br />
Einleitung und Aufrechterhaltung der Knospenruhe (Dormanz)<br />
ABA wurde früher als "Dormin" bezeichnet.<br />
Aktivität von ABA ist in der tiefsten Phase der Dormanz am höchsten.<br />
ABA-Gehalt korreliert mit der Tiefe der Winterruhe<br />
Förderung der Samenreife und Seneszenz<br />
Einleitung und Aufrechterhaltung der Samenruhe<br />
Förderung der Kälte- und Frostresistenz<br />
Erhöhung der Trockentoleranz<br />
ABA wandert aus den Chloroplasten der Mesophyllzellen <strong>zu</strong> den Schließzellen.<br />
Gleichzeitig erfolgt der Transport von K + aus den Schließzellen in die Nebenzellen.<br />
ABA erhöht die Wasserpermeabilität der Wurzeln und führt dadurch <strong>zu</strong>r Verbesserung<br />
der Wasserbilanz in der Pflanze.<br />
36
3.4. Blattmorphogenese :<br />
3.4.1. Vergleich des Erscheinungsbildes bei der Blattmorphogenese<br />
Populus maximowicii x Populus trichocarpa’ Androscoggin’(A), Populus x<br />
canadensis’ Marilandica’(M) und der daraus hervorgegangenen P. Chimäre (C).<br />
(Aufnahme am 23.03.99 Bild ( 13 ) (Aufnahme am 31.03.99 Bild ( 14 )<br />
Es wurden terminale Sprosse in aufeinanderfolgenden Entwicklungsstadien (von links<br />
nach rechts), von den <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden Exemplaren entnommen und für einen<br />
visuellen Vergleich fotografiert. Vergleicht man die Morphogenese der beiden<br />
Ausgangsarten miteinander, so zeigen sich einige Differenzen, die in der P.<br />
Periklinalchimäre einen Ausgleich oder eine Zwischenform hervorrufen. Es kann<br />
beobachtet werden, daß das Knospentreiben bei P. Androscoggin etwa 14 Tage vor P.<br />
Marilandica erfolgt. Zwischenzeitlich, etwa eine Woche nach P.Androscoggin öffnet<br />
sich die Knospe der P. Periklinalchimäre. Nach dem Aufplatzen der Knospen folgt die<br />
Blattentfaltung und die Sproßstreckung. Als Indiz für eine genetisch andersartige<br />
Epidermis zeigen sich die chimärischen Blätter in der Primärphase, im Gegensatz <strong>zu</strong><br />
den beiden Ausgangsexemplaren unförmig, gewellt und mit stark gekrümmter,<br />
gedrehter Blattspitze Bild (15) . Die nachfolgenden Entwicklungsstadien bewirken eine<br />
Glättung der Blattfläche. Die Blattnervatur bleibt dabei deutlich hervorgehoben und die<br />
Intercostalfelder behalten eine leichte Wölbung und einen äußerlichen Glanz Bild (32).<br />
37
Diese Beobachtungen sind deutliche Anzeichen für einen anfänglichen Konflikt<br />
innerhalb des Blattes zwischen dem Epidermis– und Mesophyllgewebe, der im Laufe<br />
der nachfolgenden Blattentfaltungsstadien <strong>zu</strong> einer Kompromißfindung durch eine<br />
intermediäre Blattform und somit <strong>zu</strong> einer zwanghaften Symbiose zwischen den<br />
genetisch andersartigen Geweben führt . Nach der vorangegangenen Beschreibung <strong>zu</strong>r<br />
Bildung von Phytohormonen im meristematischen Gewebe des Sproßscheitels und<br />
deren Wirkung bei der Aufhebung der Knospenruhe Abs. 3.3.2, kann auch von einer<br />
hormonbedingten Verzögerung des Knospentreibens ausgegangen werden, da durch<br />
eine Gewebetransplantation eine neu konfigurierte Hormonkonzentration in den<br />
Knospen gleichzeitig den Hormonmetabolismus neu bestimmen könnte.<br />
3.4.2. Visueller Vergleich der Blattentfaltung<br />
Es wurden Blätter in aufeinanderfolgenden Entwicklungsstadien (im Bild von unten<br />
nach oben), von den <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden Exemplaren entnommen und für einen<br />
visuellen Vergleich fotografiert.<br />
P. Androscoggin P. Chimäre P. Marilandica Bild ( 15 )<br />
38
3.4.3. Habituseigenschaften<br />
Nach der vorangegangenen Untersuchung des zeitlich versetzten Knospentreibens und<br />
der Konfliktlösung durch Kompromißbereitschaft von Epidermis und Mesophyll in<br />
einer intermediären Blattform bei der Blattentfaltung gibt es einen Grund <strong>zu</strong>r Annahme,<br />
daß die übertragene Epidermis eine mechanisch bedingte Eindämmung des<br />
Streckungswachstums verursacht. Anhand der Messungen der Neutriebe soll eine<br />
Betrachtung der Kronen - gestaltung der vergangenen Jahre (96, 9) in ein Diagramm<br />
übertragen und verdeutlicht werden. Geht man davon aus, daß sich die relative<br />
Oberfläche eines Individuums mit <strong>zu</strong>nehmendem Volumen unterproportional<br />
vergrößert, so besteht der Verdacht <strong>zu</strong>r Annahme, daß der Eindämmungsfaktor durch<br />
die Epidermis mit <strong>zu</strong>nehmender Größe des Individuums abnimmt. Unter bisherigen<br />
Bedingungen zeigt sich bei einer Betrachtung der Pflanzen auf dem Versuchsfeld nach<br />
einer anfänglichen Depression der P. Chimäre im Streckungswachstum mit<br />
<strong>zu</strong>nehmender Größe eine Anpassung der Kronengestaltung an die innere Komponente<br />
P. Androscoggin.<br />
Merkmalseingren<strong>zu</strong>ng<br />
Es erfolgten Messungen sowohl an den beiden Ausgangsformen P. Androscoggin, P.<br />
Marilandica als auch an dem daraus hervorgegangenen P. Pfropfheterohistonten.<br />
Gemessen wurde an Seitenästen, die ca. 1 m über dem Erdboden am Stamm gebildet<br />
wurden. Um das Merkmal ein<strong>zu</strong>grenzen, ist nur der im Vorjahr gebildete Hauptsproß<br />
der Seitensprosse gemessen worden. Die Anzahl der Seitensprosse in 1 m Höhe<br />
entsprach bei den 5 <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden Exemplaren je Form etwa 4, somit<br />
ergaben sich 20 Messungen pro Exemplar. Bei den <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden<br />
Exemplaren bildet der Hauptsproß eine durchgehende Mittelachse, sodaß sich 5<br />
Messungen je Form für die Untersuchung der Spitzentriebe ergaben. Entscheidend für<br />
die Sproßlängenmessung sind der vorjährige Triebabschluß und die Terminalknospe.<br />
39
3.4.4. Habitusdiagramm<br />
Unter Zuhilfenahme der Mittelwerte aus den Messungen der Seitensprosse und den<br />
Mittelwerten aus den Messungen der Spitzentriebe ergibt sich folgendes Diagramm .<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
cm<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Neutrieblängenvergleich 96<br />
Mittelwerte<br />
P. Andros. Pf ropf chim. P.Marilan.<br />
Sorte<br />
S i i b<br />
Spitzentriebe<br />
Seitentriebe<br />
40
4. Untersuchungen <strong>zu</strong>r Hypothese B<br />
4.1. Blattsekrete :<br />
Durch Ausscheidung von Stoffen (Sekret mit bestimmter -, Exkret ohne Funktion)<br />
schützt sich die Pflanze vor äußeren Schadeinwirkungen durch eigene<br />
Stoffwechselprodukte oder akkumulierte Salzionen. Mittels Wurzeldruck wird der<br />
lipidhaltige Xylemsaft durch die passiven Epithemhydathoden mit tracheidalem<br />
Anschluß an die Blattoberfläche transportiert und dort abgelagert. Die nun entstandene<br />
Fettbarriere wirkt in zwei Richtungen. Einerseits bietet sie Schutz vor ungünstigen<br />
Umweltbedingungen wie Strahlung, Chemikalien oder mechanischen Einwirkungen,<br />
um Verlet<strong>zu</strong>ngen vor<strong>zu</strong>beugen und Infektionen <strong>zu</strong> verhindern, andererseits bietet sie<br />
Abschirmung vor unkontrollierter Feuchtigkeitsabgabe, um eine genügende<br />
Wassersättigung der Gewebe <strong>zu</strong> gewährleisten. Mit der Sekretion können Funktionen<br />
verbunden sein wie Tierfang und Verdauung, die Anlockung bestäubender Insekten und<br />
parasitenbefreiender Vögel und die Förderung des Wohlbefindens aller Pflanzen<br />
bewohnenden Lebewesen. Zusätzlich können auch allelopatisch wirkende Hormone in<br />
den ausgeschiedenen Stoffen vorhanden sein, welche das Fernbleiben schädlich<br />
wirkender Individuen garantieren. Pappelsekrete basieren auf lipider Grundlage, wobei<br />
die Artenvielfalt die Wachsbegleitelemente bestimmt. Die Grundsubstanz, welche<br />
annehmbar aus dem Xylemsaft gebildet wird, füllt im epidermalen Bereich die<br />
Interzellularen und verkittet die Zellen miteinander. Gleichzeitig wird durch<br />
Fetteinlagerungen in das Zellgewebe für Dehnbarkeit, Flexibilität und Elastizität<br />
gesorgt. So bleibt das Blatt auch bei intensiver Lichtbestrahlung glatt, geschmeidig und<br />
weich. Der Cuticula sind häufig Wachse aufgelagert, wobei die Wachskomponenten<br />
vermutlich durch die Epidermis maßgeblich mitbestimmt werden. Wachse sind<br />
komplexe Gemische aliphatischer Verbindungen, und ihre Hauptkomponenten sind<br />
Ester bestehend aus langkettigen Fettsäuren und Alkoholen mit häufig gerader Anzahl<br />
von C–Atomen. Meist treten Körnchen oder streifenförmige Wachsschlieren auf, die der<br />
Blattoberfläche einen matten Glanz verleihen.<br />
41
4.1.1. Sekretion durch Hydathoden<br />
Allgemeines über Ausscheidungs- oder Sekretionsgewebe (Hydathoden) hodos = Weg<br />
Die Ausscheidung von ätherischen Ölen, Harzen und anderen lipophilen Substanzen<br />
erfolgt an der Pflanzenoberfläche bei feuchtigkeitsgesättigter Atmosphäre und kann<br />
daher auch als Guttation ( gutta = Tropfen ) bezeichnet werden. Dem<strong>zu</strong>folge sind<br />
Hydathoden bevor<strong>zu</strong>gt an Spitzen von Blättern oder Blattrandzacken, aber auch an der<br />
dem Sproß <strong>zu</strong>gewandten Seite der Blatt - oder Knospenschuppen <strong>zu</strong> finden. Auf der<br />
Epidermis sind es Drüsenschuppen oder Zotten, welche das Sekret durch die<br />
Außenmembran ausscheiden, wo es sich meist zwischen Zellwand und Cuticula<br />
anhäuft. In der Literatur werden Hydathoden beschrieben, in denen sich unter den nicht<br />
verschließbaren Öffnungen in der Regel ein als Epithem bezeichnetes Gewebe mit<br />
einem tracheidalen Anschluß befindet. Bei solchen passiven Epithemhydathoden<br />
Bild (19) wird dem Druck (Wurzeldruck) des austretenden Xylemsaftes durch das<br />
interzellularenreiche Epithem ein genau angepaßter Widerstand entgegengesetzt,<br />
wodurch innerspezifische Bewegungsabläufe wie Streckung, Entfaltung oder<br />
Ausrichtung des Blattes ermöglicht werden können.<br />
Bei der anschließenden Gegenüberstellung von einem Sekretausscheidungsorgan einer<br />
Blattrandzacke von P. Marilandica im Entwicklungs - und Verfallsstadium soll<br />
verdeutlicht werden, wie das Sekret aus dem Blattinneren <strong>zu</strong>r Blattaußenseite<br />
ausgeschieden wird und wie sich im Verlauf der Vegetationsperiode das<br />
Ausscheidungsorgan verändert. Gleichzeitig, um den Sekretfluß im Blattinneren <strong>zu</strong><br />
verdeutlichen, soll eine schematische Übersicht einer passiven Epithemhydathode den<br />
Untersuchungsergebnissen aus der histologischen Bearbeitung der Blattrandorgane<br />
gegenübergestellt werden. Zur besseren Übersicht werden auch ein Flächen - und ein<br />
Querschnitt des Außscheidungsorgans an einer Blattrandzacke aufgeführt.<br />
42
4.1.2. Blattrandzacken mit passiven Epithemhydathoden<br />
Bild ( 16 ) Sekretausscheidung Bild ( 17 ) Sekretinkrustierung<br />
Bild ( 18 ) Flächenschnitt Bild ( 19 ) Schematische Übersicht<br />
Bild ( 20 ) Querschnitt ( Blattrandzacke )<br />
43
4.1.3. Knospenschuppe als Sekretauflagerungsorgan<br />
Bild ( 21 ) Knospenschuppe<br />
Die der Sproßmitte <strong>zu</strong>gewandte Fläche der<br />
Knospenschuppe zeigt Epidermiszotten,<br />
die der Sekretausscheidung dienen und<br />
eine Sekretauflagerung auf dem Blatt -<br />
rücken ermöglichen. Dabei streift das<br />
junge Blatt nach dem Öffnen der Knospe<br />
mit dem Blattrücken über die Zotten und<br />
wird so mit einer Sekretschicht versehen.<br />
Bild ( 22 ) Blattschuppenzotten mit<br />
Sekretresten in der Palisadenschicht der<br />
Epidermis ( Kunststoffeinbettung )<br />
Die Sekretreste ausschließlich in der<br />
Palisadenschicht der Zottenepidermis<br />
könnten ein Indiz für eine Sekret -<br />
umwandlung beim Übergang von der<br />
Mesophyllschicht durch die Palisaden der<br />
Epidermis <strong>zu</strong>r Zottenoberfläche sein.<br />
Bild ( 23 ) Blattschuppenzotten mit<br />
Xylemsaftresten in der Mesophyll –<br />
schicht (Chloralhydratbehandlung eines<br />
Frischpräparates) Die Xylemsaft -reste in<br />
der Mesophyllschicht der Blatt -<br />
schuppenzotten und die ausgewaschene<br />
Palisadenschicht der Epidermis könnten<br />
ein Hinweis <strong>zu</strong>r Sekretkombination durch<br />
die Palisaden sein.<br />
Bild ( 21 )<br />
Bild ( 22 )<br />
Bild ( 23 )<br />
44
4.1.4. Leitgefäße als Hydathodenelement<br />
Das Bild( 24 )zeigt einen<br />
Blattquerschnitt mit<br />
Leitgfäßbündel und den<br />
begleitenden Solitär -<br />
kristallen des Calcium -<br />
dihydrates, die bei<br />
osmotischen Vorgängen<br />
eine wesentliche Rolle<br />
spielen.<br />
Das Bild( 25 )zeigt einen<br />
Blattflächenschnitt mit<br />
der Anordnung der<br />
Leitgefäße im Übergang<br />
von der Palisaden– <strong>zu</strong>r<br />
Schwammschicht und<br />
den Interzellularen. Der<br />
Wurzeldruck wird so<br />
gleichmäßig verteilt.<br />
Das Bild( 26 )zeigt einen<br />
Blattrandquerschnitt mit<br />
passiven Epithem -<br />
hydathoden und dem<br />
Anschluß an das<br />
Leitgefäßsystem. Der<br />
Wurzeldruck preßt so<br />
den Xylemsaft in die<br />
Palisadenepidermis.<br />
Leitbündel mit Solitärkristallen des Calciumdihydrats Bild ( 24 )<br />
Leitbündel: Übergang von Palisaden – <strong>zu</strong>r Schwammschicht Bild ( 25 )<br />
Leitbündel mit Anschluß <strong>zu</strong>m Epithem Bild ( 26 )<br />
45
4.1.5. Die Epidermis als Hydathodenelement<br />
Die Untersuchung der Hydathodenelemente erfolgt in Druckrichtung beziehungsweise<br />
von der Blattinnen– <strong>zu</strong>r Blattaußenseite. In der vorangegangenen Beschreibung der<br />
Leitgefäße wurde verdeutlicht, daß der Xylemsaft mit Hilfe des Wurzeldruckes durch<br />
die Leitgefäße an das Epithem mit tracheidalem Anschluß transportiert wird. Von dort<br />
aus gelangt es durch die Interzellularen des Epithems an die Unterseite der Epidermis.<br />
Anschließend dringt der Xylemsaft entlang der Palisaden durch die Epidermis und wird<br />
dabei vermutlich mit artspezifischen Begleitelementen versehen. Der Xylemsaft könnte<br />
sich durch den Transport von der Blattinnen- <strong>zu</strong>r Blattaußenseite <strong>zu</strong> einem Sekret<br />
umwandeln. An Hand der nachfolgenden Bilder soll die L1-bürtige Palisadenschicht der<br />
Epidermis im Zusammenhang <strong>zu</strong>r Umgestaltung des Xylemsaftes dargestellt werden,<br />
wobei der weiße Pfeil die Druckrichtung angibt.<br />
Das Bild ( 27 )zeigt eine<br />
passive Epithemhydathode mit<br />
tracheidalem Anschluß und einer<br />
palisadenschichtigen Epidermis.<br />
Der weiße Pfeil deutet die<br />
Druckrichtung an. Vermutlich<br />
versehen die aufrechten Palisaden<br />
den austretenden Xylemsaft mit<br />
Begleitelementen.<br />
Das Bild ( 28 ) verdeutlicht die<br />
Epidermis beim Übergang <strong>zu</strong>r<br />
Bildung von waagerechten Zellen<br />
<strong>zu</strong> senkrechten Palisadenzellen.<br />
Druckverhältnisse könnten dabei<br />
eine induzierende Wirkung haben<br />
Die L1-bürtige Epidermis könnte<br />
eine Ursache für die Sekret –<br />
begleitelementbestimmung sein.<br />
Epithemhydathode mit tracheidalem Anschluß Bild ( 27 )<br />
L1- bürtige Palisadenschicht der Epidermis Bild ( 28 )<br />
46
4.2. Funktion und Vergleich der Sekretauflagerung<br />
Nach vorangegangenen Untersuchungen kann gesagt werden, daß passive<br />
Epithemhydathoden in der Blattentwicklung ein Sekret entlassen, das annehmbar <strong>zu</strong>m<br />
Schutz der jungen Blätter vor unangenehmen Umwelteinflüssen dient. Nach dem<br />
Knospenplatzen werden die durch die Knospenschuppen bisher vor der Sonne<br />
geschützten Blätter in den Frühling entlassen, wobei sie entlang der Knospenschuppen<br />
im eingerollten Zustand aus der Knospe geschoben und so mit einer dünnen Schicht<br />
schützenden Sekrets versehen werden. Bei der Blattentwicklung nach dem<br />
Knospentreiben kommt es bei P. Androscoggin <strong>zu</strong> einer starken Sekretablagerung auf<br />
der Blattoberflächenmitte Bild (32), die sich durch das Aufrollen des Blattes während<br />
der Entfaltung erklären läßt. Anschließend entrollt sich das Blatt, wobei der Blattrand<br />
über die Blattspreitenmitte gestreift wird und dabei Sekretschlieren hinterläßt. Bei P.<br />
Marilandica und der P. Chimäre sind diese Ablagerungen andersartig und nur bei einer<br />
genauen Beobachtung aus<strong>zu</strong>machen. Hier können auf der Blattoberfläche vereinzelt<br />
Wachskrümel beobachtet werden, die sich farblich und im Geruch von den<br />
Sekretauflagerungen bei P. Androscoggin unterscheiden. An Hand der nachfolgenden<br />
Bilder <strong>zu</strong>r Veranschaulichung des Auflagerungsmechanismus (Bild: 29 – 31) kann die<br />
enorme Bedeutung der Epidermis verdeutlicht werden. Die jungen, noch eingerollten<br />
Blätter zeigen sich durch die deutlich hervorgehobene Blattnervatur und die versenkten<br />
Intercostalfelder bei P. Marilandica stark geriffelt Bild (29). Es kann also davon<br />
ausgegangen werden, daß die Blattnervatur in der Streckungsphase des Sprosses das<br />
Sekret aus der Knospe schürft und dabei auf der Blattoberfläche verteilt. Bei P.<br />
Androscoggin übernehmen diese Funktion des Ausschürfens des Sekretes aus den<br />
Blattschuppen die Epidermishaare (Trichome). Da Trichome ausschließlich von der<br />
Epidermis gebildet werden, ist durch eine Transplantation der Epidermis von P.<br />
Marilandica über P. Androscoggin auch der Schürfmechanismus übertragen worden.<br />
Die Druckverhältnisse innerhalb der P. Chimäre sind mit großer Wahrscheinlichkeit mit<br />
denen von P. Androscoggin vergleichbar, da nur der oberirdische Teil und davon nur<br />
die Epidermis durch die Chimärenbildung bestimmt ist und der Wurzeldruck<br />
dementsprechend der reinen L2–Komponente entsprechen müßte. (siehe BATESON–<br />
TEST) Die Druckregulierung bei Überdruck innerhalb des Blattes in der<br />
Entfaltungsphase könnte auch eine Ursache für das Entweichen von Sekret am Blattrand<br />
aus dem Blattinneren sein<br />
47
4.2.1. Vergleich <strong>zu</strong>r Funktion der Sekretauflagerung<br />
Populus x canadensis ’ Marilandica ’ Bild ( 29 )<br />
Chimäre<br />
P. Pfropfchimäre Bild ( 30 )<br />
Marilandica<br />
Androscoggin<br />
Populus maximowiczii x Populus trichocarpa ’ Androscoggin ’ Bild ( 31 )<br />
48
4.2.2. Vergleich der Blattoberflächen<br />
Das nachfolgende Bild zeigt von links nach rechts die Blattoberflächen von P.<br />
Androscoggin, der P. Chimäre und P. Marilandica. Neben der formativen Wirkung der<br />
L1-bürtigen Epidermis von P. Marilandica auf den Blattrand der P. Chimäre wird auch<br />
die Sekret -verteilung auf der Blattoberfläche der Versuchsexemplare verdeutlicht. Das<br />
Fehlen der Sekretschlieren auf der Blattoberfläche der P. Chimäre dürfte ein Indiz für<br />
den veränderten Sekretauflagerungsmechanismus und die Andersartigkeit des Sekretes<br />
sein. Deutlich ersichtlich sind auch der Glanz der Blattoberfläche und die gewölbten<br />
Intercostalfelder der Blätter von der P. Chimäre.<br />
P. Androscoggin P. Chimäre P. Marilandica Bild ( 32 )<br />
49
4.3. Analyse und Vergleich der Blattsekrete<br />
4.3.1 Sekretanalyse mittels Dünnschichtchromatographie<br />
Für eine qualitative Bestimmung der wachsartigen Blattsekrete und ihren Komponenten<br />
soll das Verfahren der Dünnschichtchromatographie angewendet werden, wobei nur das<br />
Vorhandensein von verschiedenen Stoffgruppen in den Versuchsexemplaren untersucht<br />
werden soll und dabei keine elementaren Aussagen gemacht werden. Wie die<br />
vorangegangenen Untersuchungen vermuten lassen, bestehen Unterschiede zwischen<br />
den Blattsekreten von P. Androscoggin und P. Marilandica. Durch eine<br />
Heterohistontenbildung aus diesen beiden Formen können auch bestimmte<br />
Sekretkomponenten neu konfiguriert worden sein. Bei einem Vergleich der Blattflächen<br />
der <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden Exemplare konnte festgestellt werden, daß die<br />
Wachsauflagerungen von P. Androscoggin schlierenförmig und von P. Marilandica und<br />
P. Chimäre krümlig sind. Dieser Unterschied kann durch eine Farb-, Konsistenz– und<br />
Geruchsanalyse unterstützt werden. Während das Blattsekret von P. Androscoggin stark<br />
riecht und bernsteinfarbene Schlieren auf der Blattfläche hinterläßt, ist das Sekret von P.<br />
Marilandica und P. Chimäre nahe<strong>zu</strong> geruchlos, gelb und krümlig. Einen wesentlichen<br />
Unterschied zeigt auch die quantitative Beurteilung der Sekretausscheidungen, wobei P.<br />
Androscoggin in der Sekretproduktion weit höher eingestuft werden kann. Da diese<br />
Merkmalsausprägungen genetisch verankert sind und durch das Entwicklungsstadium<br />
der Pflanze aber auch durch Umweltbedingungen beeinflußt werden, kann von<br />
fluktuierenden Merkmalen gesprochen werden. In den lebenden Pflanzen gibt es weder<br />
einen konstanten Zustand im mengenmäßigen Gehalt noch ein stabiles Verhältnis von<br />
Stoffkomponenten; beides unterliegt ständigen Auf-, Um– bzw. Abbauprozessen (siehe<br />
auch Bild (16 u. 17)). Umweltbedingungen wie Temperatur, Tageslänge, Lichtintensität<br />
und Pflanzenernährung können <strong>zu</strong>sätzlich die Entwicklung der Pflanzen und der<br />
Sekundärstoffbildungen beeinflussen. Um die Befunde miteinander vergleichen <strong>zu</strong><br />
können, sind die Pflanzen unter gleichen Bedingungen und im zeitgleichen<br />
Entwicklungsstadium untersucht worden. Das Sekret wurde aus den noch geschlossenen<br />
Knospen gedrückt und auf Dünnschichtplatten aufgetragen. Die anschließenden Schritte<br />
<strong>zu</strong>r Sekretanalyse wurden laut Arbeitsanleitung (Abs. 2.2.8. Seite 23 folg.)<br />
durchgeführt. Einige Ergebnisse aus der Sichtbarmachung mittels UV-Belichtung sollen<br />
nachfolgend aufgeführt werden. Allerdings sind die Fotoarbeiten unter UV-<br />
Bedingungen recht kompliziert und die Abbildungen dem<strong>zu</strong>folge nur <strong>zu</strong>r Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />
der Ergebnistabelle (Abs.5.2.1. Seite 60) <strong>zu</strong> verwenden.<br />
50
DC–Plattenvergleich<br />
Sichtbarmachen der Substanzflecken<br />
UV-Lichtbestrahlung mit 365 nm für<br />
fluoreszierende Substanzen. Die Substanzflecken<br />
erscheinen als helleuchtende, farbige Flecken auf<br />
der dunklen Platte Bild (33, 35). UV–Licht -<br />
bestrahlung mit 254 nm für UV-Licht absorbierende<br />
Substanzen. Auf der imprägnierten<br />
Sorbtionsmittelschicht (Kieselgel 60 F 254)<br />
erscheinen die Substanzen als dunkle Flecken auf<br />
den hellgrün fluoreszierenden Grund Bild ( 34 ).<br />
Der Laufmittelstart wurde wie folgt beschriftet:<br />
(M für P. Marilandica, C für P. Chimäre und A für<br />
P. Androscoggin) Die entwickelten DC-Platten<br />
wurden in einer Dunkelkammer auf Dia-Film<br />
fotografiert. Anschließend wurden die Dias<br />
gescannt und <strong>zu</strong>r Druckqualität optimiert.<br />
UV-Licht 365 nm Bild ( 33 )<br />
UV-Licht 254 nm Bild ( 34 ) UV-Licht 365 nm Bild ( 35 )<br />
51
5. Ergebnisse und Auswertung<br />
5.1. Zur Hypothese A<br />
(Nachweis einer monektoperiklinalen Konstitution des chimärischen Sproßscheitels und<br />
die sich daraus ergebenden physiologisch und mechanisch bedingten Konsequenzen)<br />
Um einen genauen Aufschluß über den schichtweisen Aufbau der Tunika <strong>zu</strong> erhalten,<br />
bildet den Anfang der Beweisführung die histologische Untersuchung des<br />
Sproßscheitels von Apikal - und Seitenknospen der drei <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden<br />
Exemplare Populus x canadensis ’Marilandica’, Populus maximowiczii x Populus<br />
trichocarpa ’Androscoggin’ und dem daraus hervorgegangenen Pfropfheterohistonten<br />
Populus x canadensis ’Marilandica’ über Populus maximowiczii x Populus trichocarpa<br />
’Androscoggin’. Im Vergleich der diesbezüglichen Literatur (KALBE / PANKOW<br />
1962) konnte übereinstimmend eine aus mindestens zwei Schichten bestehende Tunika<br />
bei Populus nachgewiesen und somit die Vorausset<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong>r Periklinalchimärenbildung<br />
bestätigt werden. Die bislang anhaltende Stabilität der P. Pfropfchimäre begründet, daß<br />
die Zellteilungsrichtung der äußeren Tunikaschicht L1 streng antiklin verläuft. Eine<br />
perikline Zellteilung der L1 hätte eine Merkmalsverdrängung der L2 in tiefere<br />
Schichten <strong>zu</strong>r Folge, was eine Ausprägung von L1 Merkmalen in der<br />
Blattmesophyllschicht einschließen würde. Anhand von Untersuchungen der Epidermis<br />
sollte geprüft werden, ob die L1 Komponente der Periklinalchimäre der<br />
Ausgangsvariante P. Marilandica entspricht. Die exemplarisch entnommenen<br />
Epidermisabzüge zeigen, daß Aufbau und Struktur der Stomata und deren Begleitzellen<br />
in der Epidermis von P. Marilandica und der Pfropfchimäre diesbezüglich identisch<br />
sind, während P. Androscoggin Unterschiede in der Anzahl von Stomata auf der<br />
Blattoberseite aufweist. Um nun die L2 genauer <strong>zu</strong> bestimmen, wurden<br />
Blattquerschnitte der Versuchsobjekte miteinander verglichen. Innerhalb der einzelnen<br />
Schichten bleiben die grundlegenden Merkmale der Ausgangsformen erhalten.<br />
Deckungsgleich in den Mesophyllmerkmalen der Versuchsobjekte ist die<br />
zweischichtige Palisadenstruktur. Die Interzellularräume der Schwammschicht sind bei<br />
P. Androscoggin sehr viel stärker ausgeprägt als bei P. Marilandica und verursachen so<br />
den Unterschied in der Färbung der Blattunterseite. Werden also die Färbung der<br />
Blattunterseite und die Interzellularräume der Schwammschicht im Blattquerschnitt der<br />
P. Pfropfchimäre mit den parallelen Merkmalen von P. Androscoggin verglichen, so<br />
zeigen sich diesbezüglich eindeutige Übereinstimmungen. Da bisher noch keine<br />
Schichtenmarkierung durch einen Chlorophylldefekt stattgefunden hat, können keine<br />
52
genauen Aussagen über die Herkunft der subepidermalen Schicht am Blattrand gemacht<br />
werden. In beispielhaften Versuchen wurden perikline Zellteilungen der Epidermis am<br />
Blattrand nachgewiesen. Die formative Wirkung der Epidermis könnte auch eine<br />
Einschränkung oder Wachstumshemmung der Mesophyllschicht am Blattrand bedeuten,<br />
was ebenfalls <strong>zu</strong> periklinen Zellteilungen und somit <strong>zu</strong>r Mesophyllbildung aus der<br />
Epidermis führen kann und eine Verdrängung der L2 Merkmale in tiefergelegene<br />
Schichten <strong>zu</strong>r Folge hätte (POHLHEIM, (1983), TILNEY-BASSETT (1986)). Mit<br />
Bestimmtheit kann jedoch gesagt werden, daß die am Blattrand befindlichen<br />
Blattrandzacken maßgeblich in ihren Merkmalen durch die L1 Komponente (P.<br />
Marilandica) bestimmt werden . Eine Gegenüberstellung der bisher beschriebenen<br />
Merkmale zeigt, daß die Sproßscheitelkonstitution durch die Chimärenbildung neu<br />
konfiguriert ist. Die L1 Komponente (P. Marilandica) bildet die Epidermis und die<br />
Komponente (P. Androscoggin) die Mesophyllschichten. Das Untersuchungsergebnis in<br />
Be<strong>zu</strong>g auf die Schichtung im Sproßscheitel und die Schichtung im Blattquerschnitt<br />
zeigt, daß eine Monektoperiklinalchimäre vorliegt. Nach Beobachtung des<br />
Knospenschiebens der Versuchsexemplare konnte festgestellt werden, daß P.<br />
Androscoggin etwa 14 Tage vor P. Marilandica die Knospen öffnet. Zwischenzeitlich<br />
(etwa eine Woche nach P.Androscoggin) öffnet sich die Knospe der P.<br />
Periklinalchimäre. Da die Dormanz durch den Abbau bestimmter im Sproßscheitel, also<br />
im meristematischen Gewebe, und in den jungen Blättern gebildeter Hormone<br />
gebrochen wird, kann auch von einer Neukombination der Hormonkonstellation durch<br />
eine Chimärenbildung ausgegangen werden. Der Vergleich der Blattmorphogenese<br />
führt <strong>zu</strong> der Ansicht, daß in der Primärphase der Entwicklung ein Konflikt zwischen den<br />
beiden genetisch andersartigen Blattgeweben besteht, der im Laufe weiterer Entfaltung<br />
durch den Kompromiß einer intermediären Blattform und einer zwanghaften Symbiose<br />
zwischen dem Mesophyllgewebe von P.Androscoggin und dem Epidermisgewebe von<br />
P. Marilandica gelöst wird. Durch den Vergleich von Blattmerkmalen und der<br />
Morphogenese sollte auch die formative Wirkung der Epidermis auf das<br />
Sproßwachstum untersucht werden. Die Kombination von Epidermis (P. Marilandica)<br />
und Mesophyll (P.Androscoggin) in der vorliegenden P. Chimäre ergibt einen<br />
gedrungenen Blattquerschnitt (Bild 8), in dem die Mesophyllmerkmale von P.<br />
Androscoggin noch deutlich ersichtlich sind, aber der Blattrand maßgeblich durch die<br />
Epidermis bestimmt wird. Nach einer Betrachtung der Habitusentwicklung auf dem<br />
Versuchsfeld besteht Grund <strong>zu</strong>r Annahme, daß in der juvenilen Phase bei der<br />
53
Kronengestaltung in der Sproßstreckung eine Hemmung durch die fremdartige<br />
Epidermis vorlag. Die Epidermis ist das flächenmäßig größte Organ der Pflanze und hat<br />
daher einen enormen Einfluß auf die Habitusausprägung. Geht man also davon aus, daß<br />
sich die Oberfläche eines Individuums mit <strong>zu</strong>nehmendem Volumen unterproportional<br />
vergrößert, so kann gesagt werden, daß der Eindämmungsfaktor durch die Epidermis<br />
mit <strong>zu</strong>nehmender Größe des Sprosses abnimmt. Unter bisherigen Bedingungen zeigt<br />
sich bei einer Betrachtung der Pflanzen auf dem Versuchsfeld nach einer anfänglichen<br />
Wuchsdepression der P. Chimäre im Streckungswachstum mit <strong>zu</strong>nehmender Größe eine<br />
Anpassung der Kronengestaltung an die innere Komponente P. Androscoggin. Bei den<br />
fünf <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden Exemplaren je Versuchsobjekt lassen sich diesbezüglich<br />
auf Grund der geringen Anzahl jedoch keine verallgemeinernden Aussagen auf die<br />
erzeugten Klongruppen treffen. Die parallelen Versuchsbedingungen in Be<strong>zu</strong>g auf<br />
abiotische Umweltfaktoren wie Nährstofflieferung, Wasserhaushalt und Bodenstruktur<br />
sowie Lichtverhältnisse und Temperaturbedingungen lassen aber eine Einordnung und<br />
Auswertung der Versuchsobjekte in ein Kontrollsystem <strong>zu</strong>r Beurteilung unter<br />
Freilandbedingungen <strong>zu</strong>. Unter diesen Vorausset<strong>zu</strong>ngen soll nun der Hormonhaushalt in<br />
den Knospen genauer beschrieben werden. Wie bereits oben angeführt, vergrößert sich<br />
die spezifische Oberfläche eines Körpers bei Volumenabnahme relativ. Da die<br />
Epidermis das Volumen eines Individuums umspannt und in einer Knospe die kleinste<br />
oberirdische Form einer Pflanze vorliegt, kann hier von der größten epidermalen<br />
Wirkung auf den Hormonhaushalt ausgegangen werden. Die eng gefalteten Teile einer<br />
Pflanze auf ein minimales Volumen in einer Knospe reduziert, verstärken den Effekt der<br />
Oberflächenvergrößerung enorm. Der massenspezifisch kleinste Gewebeanteil einer<br />
Pflanze, die Epidermis, ist also in der Knospe volumenspezifisch am größten. Werden<br />
von der Epidermis in der Knospe Hormone gebildet, wie <strong>zu</strong>m Beispiel Abscisinsäure,<br />
die für die Dormanz der Knospe mitverantwortlich ist (siehe Abs. 3.3.2. Seite 37 folg.),<br />
dürfte hier neben der Wirkung auf den Embryo in einem Samen der epidermale<br />
Einflußfaktor am größten sein. Da die Dormanz bei P. Marilandica ca. 14 Tage länger<br />
als bei P. Androscoggin anhält, kann entweder von einer höheren Hormonkonzentration<br />
oder von einem langsameren Hormonabbau bei P. Marilandica ausgegangen werden.<br />
Bei der Heterohistontenbildung könnte durch die Transplantation der Epidermis von P.<br />
Marilandica über die Mesophyllschichten von P. Androscoggin neben der rein<br />
mechanischen Beeinflussung auch eine hormonelle Neukombination entstanden sein.<br />
54
5.1.1. Ergebnistabelle <strong>zu</strong>r Blattmorphologie und Anatomie<br />
Merkmal P. Androscoggin<br />
Färbung der<br />
jungen Zweige<br />
Färbung der<br />
Knospen<br />
Bild ( 5 ) oben<br />
P. Heterohistont<br />
Bild ( 5 ) mitte<br />
P. Marilandica<br />
Bild ( 5 ) unten<br />
rötlich hellgrün hellgrün<br />
rotbraun grün - braun grün - braun<br />
Knospenform länglich rundlich rundlich<br />
Blattform eiförmig eiförmig - rundlich rhombisch<br />
Blattrand feingekerbt gezackt gezackt<br />
Blattfläche glatt leicht gewellt<br />
glänzend<br />
Färbung der<br />
Blattoberseite<br />
Färbung der<br />
Blattunterseite<br />
grün mit bernstein –<br />
farbenen Wachsschlieren<br />
hellgrün mit bernstein –<br />
farbenen Wachsschlieren<br />
Epidermis (obere) stark behaart und<br />
vereinzelt Stomata<br />
grün mit gelben<br />
Wachskrümeln<br />
hellgrün mit gelben<br />
Wachskrümeln<br />
ohne Behaarung<br />
Stomata häufig<br />
glatt<br />
grün mit gelben<br />
Wachskrümeln<br />
grün mit gelben<br />
Wachskrümeln<br />
ohne Behaarung<br />
Stomata häufig<br />
Geschlecht männlich bisher unbekannt weiblich<br />
Palisadenschicht zweischichtig zweischichtig zweischichtig<br />
Schwammschicht sehr locker locker dicht<br />
Interzellularen sehr groß groß klein<br />
55
5.1.2. Messung der Neutrieblängen im Seitenbereich<br />
am 15.11.96<br />
P. Andros. Pfropfchim. P.Mariland.<br />
Zahl Trieblänge Trieblänge Trieblänge<br />
in cm in cm in cm<br />
1 46 47 91<br />
2 48 72 89<br />
3 42 60 83<br />
4 62 56 90<br />
5 48 50 86<br />
6 41 61 77<br />
7 50 63 63<br />
8 50 74 60<br />
9 58 68 67<br />
10 43 60 64<br />
11 56 57 87<br />
12 60 76 70<br />
13 50 66 56<br />
14 65 54 59<br />
15 53 57 89<br />
16 69 59 84<br />
17 64 50 86<br />
18 66 56 66<br />
19 52 54 84<br />
20 58 73 64<br />
Mitt. 54,05 60,65 75,75<br />
Min. 41 47 56<br />
Max 69 76 91<br />
5.1.3. Messung der Neutrieblängen an Hauptsproß 1996<br />
Option P. Andros. Chimäre P. Marilan.<br />
Spitzentriebe<br />
150 135 85<br />
in cm 160 155 95<br />
180 160 95<br />
180 165 95<br />
180 180 100<br />
Mittel. 170 159 94<br />
Min. 150 135 85<br />
Max. 180 180 100<br />
Seiten -<br />
triebe<br />
Mittel 54,5 60,65 75,75<br />
56
5.2. Zur Hypothese B<br />
(Nachweis <strong>zu</strong>r Übertragung des Mechanismus <strong>zu</strong>r Sekretauflagerung und der<br />
Neugestaltung der Sekretelemente durch eine Transplantation der Epidermis)<br />
Anschließend an die Hypothese (A) konnte durch die genaue Untersuchung <strong>zu</strong>r<br />
Funktion der Epidermis bei der Auflagerung des Blattsekretes nachgewiesen werden,<br />
daß durch die Pfropfheterohistontenbildung von P. Marilandica über P. Androscoggin<br />
eine Übertragung der Epidermis von P. Marilandica stattgefunden hat. Der Vergleich<br />
der Funktionsmechanismen <strong>zu</strong>r Auflagerung und Verteilung des Blattsekretes zeigt eine<br />
eindeutige Übereinstimmung von P. Marilandica und P. Chimäre, in dem beide<br />
Versuchsexemplare eine hervorgehobene Blattnervatur und somit eine geriffelte<br />
Blattoberfläche für diesen Vorgang nutzen. Dem gegenüber nutzt P. Androscoggin <strong>zu</strong>r<br />
Auflagerung und Verteilung des Sekretes die von der Epidermis gebildeten Haare<br />
(Trichome). Dieser eindeutige Unterschied ist ein weiterer Beweis dafür, daß die<br />
epidermisbildende L1 durch die Chimärenbildung übertragen worden ist, wodurch sich<br />
mechanisch bedingte Konsequenzen für die Pflanze ergeben. Neben den in der<br />
Hypothese (A) untersuchten physiologischen Veränderungen in den Knospen durch eine<br />
Transplantation der Epidermis in der P. Chimäre, soll nun auf die Neukombination der<br />
Begleitelemente im Blattsekret eingegangen werden. Die Ausscheidung eines Sekretes<br />
erfolgt bei den Versuchsobjekten einerseits durch die in den Knospenschuppen<br />
befindlichen Zotten oder andererseits durch die am Blattrand befindlichen Zacken<br />
beziehungsweise Zähnchen. In beiden Fällen können Schutzfunktionen mit der<br />
Sekretion verbunden werden. In der diesbezüglichen Literatur werden die Organe <strong>zu</strong>r<br />
Sekretion als Hydathoden bezeichnet. Bei den Versuchsobjekten handelt es sich dabei<br />
um passive Epithemhydathoden mit tracheidalem Anschluß. Hierbei wird durch den<br />
Wurzeldruck der Xylemsaft durch die Interzellularen des Epithems gedrückt und<br />
anschließend entlang der Palisaden der Epidermis aus den Hydathoden gepreßt. Da das<br />
Sekret von der P. Chimäre und P. Marilandica äußerlich vergleichbar ist, sich aber von<br />
P. Androscoggin maßgeblich unterscheidet, kann von einer epidermalen Wirkung auf<br />
die Kombination der Begleitelemente im Sekret ausgegangen werden. Bisher wurde<br />
noch keine Schichtenmarkierung der L1 und ihrer Derivate durch einen induzierten<br />
Chlorophylldefekt vorgenommen, weshalb nicht nachgewiesen werden konnte, von<br />
welcher Schicht das Epithem unter der Epidermis gebildet wird und welche Rolle es bei<br />
der Kombination der Sekretelemente spielt. Gemäß den wissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen wird der Xylemsaft in den Derivaten der L2 gebildet, wobei BATESON<br />
57
(siehe BATESONTEST) den Nachweis erbrachte, daß die Wurzel aus den inneren<br />
Schichten, also im Versuchsobjekt L2 P. Androscoggin, gebildet wird. Dem<strong>zu</strong>folge<br />
besitzt nur der oberirdische Teil einer Monektoperklinalchimäre eine fremdartige<br />
Epidermis, wodurch weitere Einflußfaktoren auf die Kombination des Xylemsaftes und<br />
des daraus gebildeten Sekretes ausgeschlossen werden können. Da die inneren<br />
Schichten (L2 - P. Androscoggin) den mengenmäßig größten Teil der Pflanze bilden,<br />
entsprechen mit großer Wahrscheinlichkeit in dem erzeugten Heterohistonten auch die<br />
Druckverhältnisse und die Xylemsaftbildung dieser Komponente. P. Androscoggin<br />
gehört <strong>zu</strong> der Gruppe der sogenannten Wachs – oder Balsampappeln, was auf die<br />
extrem starke Produktion von Sekret <strong>zu</strong>rückgeführt werden kann. Wie bereits erwähnt<br />
erfolgt die Beschichtung der Blattfläche unter Zuhilfenahme der Trichome, die<br />
gleichzeitig eine enorme Vergrößerung der Blattoberfläche bewirken und ausschließlich<br />
von der Epidermis gebildet werden. Die Heterohistontenbildung führte <strong>zu</strong> einer<br />
Transplantation der Epidermis von P. Marilandica über P. Androscoggin und<br />
verursachte dabei vermutlich eine Verringerung der Oberfläche durch das Fehlen der<br />
Epidermishaare bei annähernd gleicher Sekretbildung. So könnten sich die<br />
verschwenderisch erscheinenden Sekretansammlungen an den Knospenschuppen (Bild<br />
30) erklären lassen. Das Sekret des P. Heterohistonten ist dabei im Geruch, in der Farbe<br />
und in der Konsistenz vergleichbar mit dem Sekret der L1 Komponente P. Marilandica,<br />
was nur durch eine epidermisbedingte Beeinflussung begründet werden kann. Die<br />
Sekretanalyse mittels Dünnschichtchromatographie verdeutlicht außerdem im Bild-<br />
(34/35) die qualitativ neukombinierte Zusammenset<strong>zu</strong>ng des ausgeschiedenen Stoffes,<br />
wobei bestimmte Grundsubstanzen in den drei <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden<br />
Versuchsexemplaren gleichermaßen nachgewiesen werden konnten und artspezifische<br />
Begleitelemente aus beiden Ausgangsformen in dem daraus hervorgegangenen<br />
Heterohistonten <strong>zu</strong> finden waren. Es kann also mit Bestimmtheit gesagt werden, daß bei<br />
der Heterohistontenbildung durch eine Epidermistransplantation enorme Veränderungen<br />
in Be<strong>zu</strong>g auf physiologisch–, mechanisch bedingte Prozesse beim genetisch<br />
determinierten Ablaufplan der synthetisch erzeugten P. Chimäre verursacht werden, die<br />
<strong>zu</strong> einer Neukombination von Resistenz- und Toleranz-mechanismen führen. Ein<br />
weiteres Indiz dafür ist vielleicht der im Herbst des Jahres 1998 beobachtete wesentlich<br />
stärkere Befall der P. Chimäre, gegenüber den beiden Ausgangsformen P. Marilandica<br />
und P. Androscoggin, von dem krankheitserregenden Pilz Melamospora populina, dem<br />
Pappelrost.<br />
58
5.2.1. Tabellarische Auswertung der DC - Sekretanalyse<br />
Materialien :<br />
fluoresziert )<br />
Chemikalien :<br />
- DC - Folie mit F 254 ( Fluoreszenzindikator , der bei 254 nm<br />
- DC - Kammer<br />
- Siedekapillaren <strong>zu</strong>m Auftragen<br />
- UV - Lampe <strong>zu</strong>r Sichtbarmachung 254 u.365 nm<br />
- Aceton<br />
- Chloroform<br />
1. Auftragen einer Kapillarspitze Wachs, das aus den Knospen herausgedrückt wurde<br />
2. Fließmitteltest (Chloroform, Aceton)<br />
Aceton - Trennung<br />
Rf. P.Androscoggin P.Chimäre P.Marilandica Bemerkungen<br />
Start-Front = 10,0 cm<br />
von 0<br />
bis 9<br />
9,5<br />
10,0<br />
10,0<br />
10,0<br />
schwach<br />
vorhanden<br />
nicht<br />
vorhanden<br />
vorhanden vorhanden weißer Fluoreszenzstreifen bei<br />
365 nm<br />
vorhanden vorhanden gelbe Fluoreszenz bei<br />
365 nm<br />
vorhanden vorhanden vorhanden Fluoreszenzlöschung bei<br />
254 nm<br />
Chloroform-Trennung<br />
Rf. P.Androscoggin P.Chimäre P.Marilandica Bemerkungen<br />
Start-Front = 8,5 cm<br />
2,0<br />
8,5<br />
5,0<br />
8,5<br />
7,0<br />
8,5<br />
nicht<br />
vorhanden<br />
nicht<br />
vorhanden<br />
vorhanden vorhanden nicht<br />
vorhanden<br />
vorhanden vorhanden nicht<br />
vorhanden<br />
vorhanden gelbliche Fluoreszenz bei<br />
365 nm<br />
gelblich braune Fluoreszenz bei<br />
365 nm<br />
weiße Fluoreszenz bei<br />
365nm<br />
59
6. Zusammenfassung und Diskussion<br />
Nicht das Abwägen der Vor- und Nachteile einer Chimärenbildung, sondern die<br />
Gewinnung von Erkenntnis durch wissenschaftlich geführte Nachweismethoden in<br />
Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>r Heterohistontenbildung und die Nutzbarmachung einer solchen <strong>zu</strong>r<br />
Verbesserung über das Verständnis von Resistenz– und Toleranzmechanismen sowie<br />
das Zusammenwirken von Lebewesen und Mitwelt, soll in diesem Kapitel als<br />
Verbindung der Versuchsergebnisse miteinander beschrieben werden. Es soll außerdem<br />
diskutiert werden, inwiefern sich die gewonnenen Ergebnisse mit den vorangegangenen<br />
Beschreibungen untermauern lassen, und welche Schlußfolgerungen daraus abgeleitet<br />
werden können. Im Vordergrund steht dabei die Vereinigung zweier Wesensformen mit<br />
unterschiedlichen Merkmalseigenschaften <strong>zu</strong> einem Individuum, daß bisher auch unter<br />
Freilandbedingungen aufrecht erhalten werden konnte. Eine Kombination von<br />
Provenienzen und die daraus resultierenden Bedingungen an die entsprechende Umwelt<br />
und gleichzeitig eine Vereinigung von grundsätzlich gegensätzlichen Geschlechtern in<br />
einem Lebewesen bildet hierbei die Grundlage und eine Ansatzmöglichkeit für<br />
wissenschaftliche Untersuchungen in Be<strong>zu</strong>g auf Entwicklungsabläufe oder<br />
Merkmalsausprägungen. Grenzüberschreitend wurden da<strong>zu</strong> richtungweisend zwei<br />
Hypothesen aufgestellt, welche als Leitpfad den Untersuchungsablauf bestimmen und<br />
eine zielgerichtete Analyse einleiten sollten. Da es sich bei den Versuchsexemplaren um<br />
Pflanzen der gemeinsamen Gattung handelt, aber durch die in der Erdgeschichte<br />
aufgeführten Veränderungen der Umwelt und die daraus resultierende Aufspaltung und<br />
Auswanderung der daraus hervorgegangenen Gremien und deren Invasion in neu<br />
entstandene Nischen eine neuzeitlich gesehen unterschiedliche Herkunft entstehen ließ,<br />
war es interessant, die durch Kombination oder Gewebetransplantation entstandene<br />
Chimäre (P. Marilandica über P. Androscoggin) diesbezüglich <strong>zu</strong> beobachten. Oft sind<br />
es genetisch determinierte, physiologische Ablaufpläne, die eine Merkmalsausprägung<br />
und dem<strong>zu</strong>folge das Verhalten einer Pflanze unter klimatisch variierenden<br />
Umweltbedingungen bestimmen. So sollte, neben den vorangegangenen<br />
Untersuchungen von LÜCKE, E.M. (1985) und VOIGTSBERGER, J. (1993) auf<br />
mechanisch bedingte Einflußfaktoren, eine genaue Beschreibung unter physiologischem<br />
Aspekt die Richtung der Recherche neu bestimmen. In der Hypothese A heißt es<br />
dem<strong>zu</strong>folge: eine durch Transplantation genetisch veränderte Konstitution des<br />
Sproßscheitels bewirkt physiologisch , mechanisch bedingte Konsequenzen. Um eine<br />
veränderte Zusammenset<strong>zu</strong>ng des Apex als Vorausset<strong>zu</strong>ng für nachfolgende<br />
60
Konsequenzen verantwortlich <strong>zu</strong> machen , wurde vorläufig die Beschaffenheit des<br />
solchen an sich genauer untersucht. Im Kapitel 3.1.2. konnten die<br />
Untersuchungsergebnisse von KALBE und PANKOW (1962) über eine aus mindestens<br />
zwei Schichten bestehende Tunica (L1, L2) bei Populus bestätigt und dem<strong>zu</strong>folge die<br />
Grundlage <strong>zu</strong>r synthetischen Erzeugung und Aufrechterhaltung von Periklinalchimären<br />
in dieser Gattung nachgewiesen werden. Nach einer grundlegenden Untersuchung <strong>zu</strong>r<br />
Beschaffenheit des Sproßscheitels in Be<strong>zu</strong>g auf die Anzahl der Tunicaschichten<br />
allgemein, mußte nun auch die Herkunft der übereinander, separat existierenden<br />
Plattenmeristeme der P. Chimäre auf ihre Zuordnung <strong>zu</strong> den Ausgangsvarianten genau<br />
bestimmt werden. Die Verfahrensweise <strong>zu</strong>r Analyse der Schichten des Apex der<br />
Chimäre aus P. Marilandica und P. Androscoggin wird im Kapitel 3.2. genau<br />
beschrieben. Untersuchungsergebnisse aus vorangegangenen Arbeiten von LÜCKE,<br />
E.M. (1985) und VOIGTSBERGER, J.(1993) und empirisch gesammelte Erfahrungen<br />
schließen auf eine monektoperiklinale Beschaffenheit des Scheitels des untersuchten<br />
Pfropfheterohistonten , wobei nur die äußere Schicht (L1) der Tunica genetisch<br />
andersartig ist und der Ausgangsvariante P. Marilandica <strong>zu</strong>geordnet werden kann . Nach<br />
dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse kann auf Grund der deckungsgleichen<br />
Epidermen von P. Marilandica und der P. Chimäre, aber auch der vergleichbaren<br />
Mesophyllmerkmale von P. Androscoggin und Pfropfheterohistont, die in Kapitel 2.2.1.<br />
artikulierte Pfropfheterohistontenbildung nun auch etwas vereinfacht als eine<br />
komplizierte Transplantation der Epidermis von P. Marilandica über das Mesophyll von<br />
P. Androscoggin dargestellt werden. Mit bloßem Auge offensichtlich ist eine<br />
Konsequenz aus dieser Gewebetransplantation, in dem vergleichsweise der zeitlich<br />
verzögerte, um ca. eine Woche versetzte Austrieb der Knospen von der P. Chimäre<br />
gegenüber der Ausgangsvariante und Innenkomponente P. Androscoggin im Frühjahr<br />
<strong>zu</strong> erkennen ist. Vergleicht man beide Ausgangsformen miteinander, so ergibt sich je<br />
nach Witterungs -verhältnissen eine Differenz im Austrieb der Knospen von ca. zwei<br />
bis drei Wochen. Physikalische Grundgesetze besagen, daß bei abnehmendem Volumen<br />
eine relative Oberflächenvergrößerung die Regel bestimmt. Das oberirdisch kleinste<br />
Abbild und synchron minimierte Volumen einer Pflanze findet man in der Knospe. Die<br />
Epidermis bildet die Oberfläche und <strong>zu</strong>gleich den Umfang einer Pflanze und ist in der<br />
Knospe dem<strong>zu</strong>folge das relativ gesehen größte Organ. Sie hat einen enormen Einfluß<br />
auf die dort herrschenden physiologisch, mechanisch bedingten Vorgänge und daher<br />
auch auf das Austreiben der Knospen im Frühjahr. Einerseits kann das strumpfartig von<br />
61
der Epidermis (P. Marilandica) überzogene Mesophyll eine Eindämmung im Wachstum<br />
oder einen Gegendruck beim Strecken der Zellen der Innenkomponente (P.<br />
Androscoggin) und insofern eine Verzögerung beim Austrieb der Knospen der P.<br />
Chimäre im Vergleich <strong>zu</strong>r Ausgangsvariante P. Androscoggin bedeuten. Andererseits<br />
können durch die Transplantation einer fremdartigen Epidermis die Zusammenset<strong>zu</strong>ng<br />
der Hormone in Be<strong>zu</strong>g auf Konstellation und Konzentration neu konfiguriert und<br />
physiologische Abläufe in der Chimäre speziell in den Knospen maßgeblich stimuliert<br />
worden sein, was ebenfalls eine Ursache für den verschobenen Zeitpunkt <strong>zu</strong>m Austrieb<br />
der chimärischen Knospen sein kann. Daß Hormone und speziell Auxine sowie<br />
Abscisinsäuren im Zusammenspiel mit Umwelt- bzw. Witterungsverhältnissen für die<br />
Dormanz und deren Aufhebung verantwortlich sind, wird im Kapitel 3.3. ausführlich<br />
dargestellt. Eine abnehmende Tendenz des Einflußfaktors Epidermis oder die<br />
Angleichung des Habitus der Chimäre an die Innenkomponente könnte ein Indiz für die<br />
unterproportionale Oberflächenvergrößerung, bezogen auf die Volumen<strong>zu</strong>nahme in der<br />
Pflanzenentfaltung, sein. Die Chimärenbildung eignet sich außerdem vortrefflich <strong>zu</strong>r<br />
Aufschlüsselung von Entwicklungsprozessen bei der Blattentfaltung und der Gestaltung<br />
des oberirdischen Habitus, sowie deren Schutzmechanismen gegenüber<br />
Krankheitserregern oder ungünstigen Umwelt -einflüssen. Explizit kann auf die<br />
Funktion der Epidermis einer Pflanze genauer eingegangen und das Zusammenwirken<br />
mit anschließenden Geweben besser analysiert werden, wenn zwei genetisch<br />
andersartige Zellverbände mit bekanntem Charakter nebeneinander in einer Chimäre<br />
existieren. So wird in der Hypothese B das Hauptaugenmerk auf die elementare<br />
Zusammenset<strong>zu</strong>ng der Wachsausscheidung als Assimilationsprodukt gelenkt, in dem es<br />
heißt : die fremdartige Epidermis ergibt eine Neukombination der Begleitelemente im<br />
Blattsekret. Unter Zuhilfenahme der Analyse durch das Verfahren der<br />
Dünnschichtchromatographie sollten die Blattsekrete der Versuchsexemplare<br />
gegenübergestellt und miteinander verglichen werden, wobei keine Aussagen über die<br />
einzeln vorhandenen Elemente gemacht wurden, sondern die Anwesenheit und die<br />
Stellung der Ingredienzien <strong>zu</strong>einander genauer analysiert worden ist. Die<br />
Richtungsänderung und Ausrichtung des Blickwinkels auf die Absonderung von<br />
Assimilaten bei Gehölzen sowohl am Blattrand als auch an der Innenseite von<br />
Blattschuppen und die daran anschließende Auflagerung auf die Blattoberfläche, schloß<br />
die Untersuchung der Gewebetypen in diesem Bereich mit ein. Die diesbezügliche<br />
Literaturarbeit führte <strong>zu</strong> einer Querverbindung an bereits untersuchten Organen mit<br />
62
Sekretion z.B. bei Aesculus (JACOB, F; JÄGER , E.J; OHMANN, E. (1981). Ein<br />
neuer Terminus sollte nun die Spezialisierungsrichtung der Untersuchungen bestimmen.<br />
Hydathoden sind bevor<strong>zu</strong>gt an Spitzen von Blättern oder Blattzähnchen aber auch an<br />
der sproß<strong>zu</strong>gewandten Seite von Knospenschuppen <strong>zu</strong> finden, heißt es unter anderem<br />
im oben aufgeführten Kompendium der Botanik. Eingrenzend werden hier im Kapitel<br />
4.6. <strong>zu</strong> Ausscheidungs– oder Sekretionsgeweben passive Epithemhydathoden mit<br />
tracheidalem Anschluß erwähnt, welche empirisch mit den Untersuchungsergebnissen<br />
vergleichbar sind. Diese pragmatische Gegenüberstellung verdeutlicht die Sekretion der<br />
Versuchsexemplare maßgeblich, in dem es weiter heißt, daß der Wurzeldruck durch die<br />
Tracheiden mittels Xylemsaft auf die Epithemhydathoden übertragen wird. Dem<strong>zu</strong>folge<br />
ist eine Beteiligung von mehreren Geweben bei der Bildung von Sekret als nur der<br />
Epidermis aus<strong>zu</strong>gehen. Das Kapitel 4.1. der vorliegenden Arbeit beschreibt die<br />
grundlegenden Elemente des funktionalen Systems Hydathode in seinen Einzelheiten,<br />
und es legt den Grundstein <strong>zu</strong>r ersten Konfrontation von einem Blattrand gegenüber der<br />
sproß<strong>zu</strong>gewandten Seite der Knospenschuppe oder der darin befindlichen Drüsenzotten.<br />
Nach histologischer Bearbeitung dieser beiden Bereiche konnte festgestellt werden, daß<br />
jeweils Leitgefäßendungen in diesen Organen für entsprechende Druckverhältnisse als<br />
Vorausset<strong>zu</strong>ng für eine passive Sekretion durch Hydathoden verantwortlich gemacht<br />
werden können. Ohne größere Abweichungen konnten die Funktion und Wirkungsweise<br />
der Hydathoden an den <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden Exemplaren miteinander verglichen<br />
werden. Die Strukturen im Aufbau der Ausscheidungsorgane sind annähernd identisch.<br />
Erst das Sekret und der Mechanismus <strong>zu</strong>r Auflagerung des solchen weisen auf<br />
Unterschiede zwischen beiden Ausgangsvarianten hin. An Hand einer Sekretanalyse<br />
unter Zuhilfenahme der Sinnesorgane konnte festgestellt werden, daß Unterschiede in<br />
Farbe, Geruch und Konsistenz bestehen. Der Funktionsmechanismus <strong>zu</strong>r Auflagerung<br />
auf die Blattoberfläche basiert bei den Ausgangsvarianten auf unterschiedlicher<br />
Grundlage. Während P. Marilandica den Schürfmechanismus ähnlich dem eines<br />
Bohrers Bild 29 nutzt, bedient sich P. Androscoggin des Mechanismus eines Besens<br />
oder Pinsels Bild 31 <strong>zu</strong>m Auftrag von Sekret auf den Blattrücken. Von dort wird es bei<br />
der Blattentwicklung durch Einwirken von Wärme dünnflüssig und verteilt sich auf die<br />
gesamte Oberfläche. Rückstände durch ungleichmäßige Verteilung können bei der<br />
Bestimmung der Pflanzen als Merkmal <strong>zu</strong>hilfe gezogen werden. Da der<br />
Funktionsmechanismus <strong>zu</strong>r Auflagerung und das Sekret von P. Chimäre und P.<br />
Marilandica (Bild 29, 30 und 33, 34) vergleichbar sind, sich aber von P. Androscoggin<br />
63
maßgeblich unterscheiden, kann von einer epidermalen Wirkung auf den<br />
Auflagerungsmechanismus und die Kombination der Begleitelemente im Sekret<br />
ausgegangen werden. Die Sekretanalyse an Hand der Dünnschichtchromatographie<br />
verdeutlicht im Bild 34/35 die qualitativ neukombinierte Zusammenset<strong>zu</strong>ng des<br />
ausgeschiedenen Stoffes, wobei bestimmte Grundsubstanzen in den drei <strong>zu</strong>r Verfügung<br />
stehenden Versuchsexemplaren gleichermaßen nachgewiesen werden konnten und<br />
artspezifische Begleitelemente aus beiden Ausgangsformen in dem daraus<br />
hervorgegangenen Heterohistonten <strong>zu</strong> finden waren. Es kann also mit Bestimmtheit<br />
gesagt werden, daß bei der Heterohistontenbildung durch eine Epidermistransplantation<br />
enorme Veränderungen in Be<strong>zu</strong>g auf physiologisch und mechanisch bedingte Prozesse<br />
beim genetisch determinierten Ablaufplan der synthetisch erzeugten P. Chimäre<br />
verursacht werden, die <strong>zu</strong> einer Neukombination von Resistenz- und<br />
Toleranzmechanismen führen. Die Hypothese B konnte dem<strong>zu</strong>folge bestätigt und<br />
wissenschaftlich untermauert werden. Ein weiteres Indiz für die Umgestaltung von<br />
Resistenz und Toleranz durch eine Transplantation der Epidermis könnte der im Herbst<br />
des Jahres 1998 erstmals beobachtete, wesentlich stärkere Befall der P. Chimäre von<br />
dem krankheitserregenden Pilz Melamospora populina gegenüber den beiden<br />
Ausgangsformen P. Marilandica und P. Androscoggin sein. Schlußfolgernd, aus der<br />
Hypothese B in Be<strong>zu</strong>g auf die Neugestaltung der Begleitelemente im Sekret, verstärkt<br />
sich der Grund <strong>zu</strong>r Annahme, daß die Hypothese A zwar nicht faktisch durch<br />
Messungen belegt werden konnte, jedoch parallel <strong>zu</strong>m Blattsekret auch der<br />
Hormonspiegel durch induktive Wirkungen umgestaltet worden sein kann.<br />
Partnerinduktive Wirkungen wie im Kapitel 1.4. dargestellt, entstehen durch<br />
Bewegungsabläufe zwischen den Zellen, die durch ein Konzentrationsgefälle<br />
hervorgerufen werden. Zell– oder Gewebetransplantationen können direkt auf<br />
Konzentrationsverhältnisse innerhalb eines Zellverbandes wirken, wodurch<br />
stofftransportierende Strömungen hervorgerufen werden. Derartig entstandene<br />
Substanzmischungen wurden bereits durch induzierte Farbveränderungen an<br />
benachbarten Zellen mit Chimärencharakter bei Euphorbia pulcherrima WILLD.<br />
‘Eckes Rosa’ durch BERGANN, 1961 beobachtet. Auch bei Viola sororia WILLD, wo<br />
bei einer genetisch veränderten, blauen Epidermiszelle eine schwache Farbwirkung<br />
durch Anthocyansynthese in den normalerweise anthocyandefekten Nachbarzellen<br />
induziert wurde (PLASCHIL, 1997). Es bleibt daher eine Wanderung von farblosen,<br />
transportablen Elementen nicht ausgeschlossen, die einen direkten Einfluß auf<br />
64
Stoffwechsel, Physiologie und die daran geknüpften Charaktereigenschaften haben<br />
können. Die in der Hypothese B vermutete und durch die Chromatographie<br />
nachgewiesene induktive Wirkung der Epidermis auf die Konfiguration des<br />
chimärischen Sekretes, beruht jedoch auf einem Prinzip, das besser mit einer passiven<br />
Partnerinduktion beurteilt werden kann, da der Sekretfluß durch die Epidermis mittels<br />
Wurzeldruck vorangetrieben wird. So ist das Verständnis über die Vorgänge innerhalb<br />
und zwischen den verschiedenen Geweben sicherlich noch einiges von der endgültigen<br />
Entschlüsselung entfernt, aber durch einige konkrete Analysen und zielgerichtete,<br />
literarisch gefestigte Denkansätze konnte dem Aufschluß etwas näher gerückt werden.<br />
Die Beherrschung der Verfahren <strong>zu</strong>r Herstellung von Heterohistonten bei geeigneten<br />
Pflanzenarten trägt dem<strong>zu</strong>folge <strong>zu</strong>r Aufschlüsselung von Resistenz– und<br />
Toleranzmechanismen bei, und ergibt neue Möglichkeiten <strong>zu</strong>r Aufklärung über das<br />
Zusammenwirken von Lebewesen und Mitwelt. Durch das Einbringen neuer<br />
Merkmalskombinationen in den Sproßscheitel folgen Möglichkeiten der Verbindung<br />
positiver Eigenschaften einer Pflanze, die durch Kreu<strong>zu</strong>ng nicht miteinander <strong>zu</strong><br />
verknüpfen wären. Pflanzliche Chimären eröffnen durch die Kombination verschiedener<br />
Genotypen in einem Individuum neue Möglichkeiten <strong>zu</strong>r Bearbeitung züchterischer<br />
Maßstäbe und können somit von direkter wirtschaftlicher Bedeutung sein. Beispiele<br />
da<strong>zu</strong> zeigt die vorliegende Variante in der Verzögerung des Blattaustriebes um ca. 7 -<br />
10 Tage, die Neukombination von Blattform und Sekret, dem Triebabschluß und dem<br />
Blattfall. Das Ergebnis <strong>zu</strong>r Beherrschung des Verfahrens der Heterohistontenbildung ist<br />
ein Teilschritt <strong>zu</strong>r Reduzierung und Einsparung von chemischen Pflanzenschutzmitteln<br />
und erleichtert infolgedessen den Anbau stark befallener Sorten. Jedoch nicht nur<br />
positive Eigenschaften können übertragen werden. Die durch Selektion in der Evolution<br />
als positiv empfundenen Mechanismen und Merkmale sind in einer Chimäre kombiniert<br />
und können durch einen Eingriff in das biologische Schutzsystem durch eine<br />
Epidermistransplantation auch umgewandelt und neu gestaltet werden, wodurch dem<br />
Gewächs neue Herausforderungen gegenübergestellt werden. Besonderes Interesse<br />
verdient das Versuchsobjekt P. Marilandica über P. Androscoggin beim Eintritt in die<br />
generative Phase, da die Kombination der Homohistonten in dem erzeugten<br />
Heterohistonten einen Aufschluß über die Wirkung der Epidermis bei der Blütenbildung<br />
geben wird.<br />
65
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Grundband, G. Fischer Verlag , Jena – Stuttgart ,15. Aufl.<br />
(40)ROTMALER, W ( 1995 ): Exkursionsflora von Deutschland – Gefäßpflanzen:<br />
Atlasband, G. Fischer Verlag , Jena – Stuttgart , 9. Aufl.<br />
(41)SCHÖNFELDER, P.u. I. ( 1995 ): Der Kosmos – Heilpflanzenführer – Europa, Heil<br />
u. Giftpflanzen , Frankh – Kosmos Verlag , Stuttgart, 6. Aufl.<br />
(42)SCHUBERT, R ; WAGNER, G. ( 1993 ): Botanisches Wörterbuch –<br />
Pflanzennamen u. Botanische Fachwörter, Ulmer Verlag , Stuttgart, 11. Aufl.<br />
(43)SCHÜTT ; SCHUCK ; AAS ; LANG ; : Enzyklopädie der Holzgewächse –<br />
Handbuch und Atlas der Dendrologie<br />
(44)STRASBURGER, E. ( 1991 ): Lehrbuch der Botanik, G. Fischer Verlag, Stuttgart –<br />
Jena – New York, 33. Aufl.<br />
(45)STRASSMANN, R.A. ( 1994 ): Baumheilkunde, AT Verlag , Aarau / Schweiz<br />
(46)TILNY – BASSETT, A.E. ( 1986 ): Plant Chimeras , Department of Genetces,<br />
Shool of Biological Sciences, Edwart Arnold Verlag<br />
(47)VOIGTSBERGER, J. ( 1993 ): Dissertation, Untersuchungen <strong>zu</strong>r Herstellung von<br />
Propfheterohistonten unter besonderer Beachtung der Gattung Populus<br />
<strong>Humboldt</strong> <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />
(48)WINKLER, H. (1907): Über Pfropfbastarde und pflanzliche Chimären. Ber. Deut.<br />
Bot. Ges. 25 (10): 568-576. Geb. Borntraeger, <strong>Berlin</strong><br />
(49)WINKLER, H. (1913): Die Chimärenforschung als Methode der experimentellen<br />
Biologie. Sitz.-Ber. Phys.-Med. Ges. Würzburg: 1-23<br />
(50)WINKLER, H. (1935): Chimären und Burdonen - Die Lösung des<br />
Pfropfbastardproblems. Der Biologe 1935 Heft 9: 279-290<br />
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Ehrenwörtliche Erklärung<br />
Hiermit erkläre ich ehrenwörtlich , daß ich die vorliegende Arbeit selbständig angefertigt<br />
habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche<br />
kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und<br />
auch noch nicht veröffentlicht. Ich bin mir bewußt , daß eine unwahre Erklärung rechtliche<br />
Folgen haben kann.<br />
<strong>Berlin</strong>, den 27.09.1999<br />
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