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Der Abend zu Geristein - Dillum

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Schweigst du nicht bald, du Pfaffenknecht, mit deiner Predigt! Hätt’<br />

ich nur alle deine Halunken-Burger …“<br />

„Ich sag’s ungern, liebe Herren! Aber es ist die Landmähre so: Man<br />

kann’s nicht anders berichten als es ergangen ist.“<br />

„Hätt’ ich sie, hätt’ ich sie hier! Du sollst es vorschmecken, wie ich sie<br />

kitzeln wollte! - Hiermit trug er in seinen eisernen Armen den halb <strong>zu</strong><br />

Tode Gewürgten rasch an das Bogenfenster und warf ihn – während<br />

Fräulein Viola mit Schreien und Weinen herbeistürmte – risch<br />

[schnell] in den Burggraben, wo dichtes Strauchwerk den Leichnam<br />

also bald umfing. Aber einmal in die grimmige Wut geraten, wendet<br />

Herr Aimo flugs sich <strong>zu</strong> dem Fräulein um, das mit Jammergekreisch<br />

ihm vergebens nachgeeilt. Er packt’s an dem Arme, zerrt es treppunter<br />

in die Kammer, wo sie alle gewesen, schmettert die Tür in Schloß<br />

und Riegel, sperrt das Kind ein und brüllt in seinem Zorne: So heul’<br />

und flenn’ in Ewigkeit um vermessenes Bernerblut!“<br />

„Hier, meine besten Herren, ist die Geschichte so gut als aus. Denn<br />

nie haben die Leute übereingestimmt, wie sie des Weitern verlaufen.<br />

Einige sagen: Aber in Scham über die erlittene Schmach und aus<br />

herrlicher Dankbarkeit gegen seinen Gott, der ihn von den Todespforten<br />

<strong>zu</strong>rückgerissen und ihm eine Zeit der Busse vergönnt, sei er<br />

ein Waldbruder in den Felsschluchten des Bantigers geworden. Aber<br />

in stiller Nacht sei er oft an die Burg geschlichen und habe sein<br />

Ebenbild in den Felsen dort gegraben, daß es das Kreuz empor halte<br />

gegen das Schloß, der heidnischen Jungfrau Bekehrung <strong>zu</strong> predigen<br />

von ihrem gottlosen Sinne.<br />

Doch andere sagen, der Jüngling sei alsbald tot gewesen von dem<br />

entsetzlichen Sturze. Und nie sei er begraben worden. Aber in leuchtender<br />

Gestalt sei er, <strong>zu</strong>m Schrecken des Twingherrn und <strong>zu</strong>m Trost<br />

des Fräuleins in ihrer Gefangenschaft, dort im Schloßgraben an der<br />

Felswand stehend erschienen und habe ein flammendes Kreuz mit<br />

der Rechten in die Höhe gestreckt, um die Erfüllung seines Versprechens<br />

an<strong>zu</strong>deuten, daß er die Jungfrau beschenken wolle mit dem<br />

heiligen Zeichen.<br />

Fräulein Viola jedoch verlor in ihrem Gefängnis den armen Verstand.<br />

Immerfort sah sie den schönen, unschuldigen Jüngling neben sich<br />

und bereute, daß sie nicht ihrem Herzenstriebe gefolgt sei, von jeder<br />

Verführung ab<strong>zu</strong>sehen. Allmählich ward sie still und stiller, und<br />

nichts mehr gab ihr Beschäftigung, als seufzend ihre Kostbarkeiten,<br />

Gold und Silber auf weißen Tüchern <strong>zu</strong> verspreiten, als sollte sie<br />

wieder dem unglückseligen Ritter von Bolligen alles vorspiegeln.

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