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Der Abend zu Geristein - Dillum

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46<br />

Über Jahr und Tag aber, wie der Krieg mit Bern endlich ausgebrochen<br />

und die vornehmen Herren eine große Schlacht verloren hatten,<br />

da zogen die sieghaften Leute von Bern auch gegen den Herren<br />

von Gerenstein, erstürmten das Schloß und zwangen den Twingherrn,<br />

sich <strong>zu</strong> ergeben, wobei geschah, daß durch einen großmächtigen<br />

Schleuderstein, während die Feste belagert ward, das verwirrte,<br />

jammerselige Fräulein den plötzlichen Tod erhielt, der allein die<br />

Qual ihres erbärmlichen Lebens endigen konnte.“<br />

„Und dieses Fräulein, sagt es nur, gute Frau“, fuhr Samuel hier mit<br />

einer Art von Begeisterung empor. - „Es erscheint noch? Es spukt in<br />

dem alten Burgstall? Es spreitet Gold und Silber auf Leinlaken aus?<br />

Man hat’s bei Menschengedenken noch gesehen?“<br />

„Da bewahre mir der liebe Gott mein Maul!“ versetzte die seltsame<br />

Käthe und stand jählings, wie aus überfallender Ängstlichkeit auf,<br />

verneigte sich und wünschte guten <strong>Abend</strong>; so daß kaum noch Samuel<br />

ihr einhändigen konnte, was er ihr für ihren mühsamen Gang<br />

und den Zeitverlust mit Herzlichkeit anbot und was als Nebensache<br />

mit kurzem Dank ihm abgenommen wurde.<br />

Wie die Sage ungleich auf uns alle wirkte, läßt sich leicht ermessen.<br />

Wir fanden uns jetzt auch mit der Bäuerin und ihrem Töchterlein wegen<br />

Milch, Brot und guter Bedienung ab. <strong>Der</strong> Mond war eben aufgestiegen,<br />

da er gerade im letzten Zunehmen stand; und wir traten ungesäumt<br />

den bekannten Rückweg in der großen Strasse über Bolligen<br />

und die Wegmühle an.<br />

Samuel romantisierte fortwährend von der alten Zeit. Bei Adelbert<br />

rührten sich Grillen über das Unwahrscheinliche in der Erzählung<br />

des Kräuterweibes. Ich aber – gegen Prosa und Poesie gleich unparteiisch<br />

und Gott sei Dank für beide gleich empfänglich – überschlug<br />

den Gewinn des Nachmittags und fand ihn für Menschenkenntnis<br />

und Lebensgenuß nicht <strong>zu</strong> verachten. Aber freilich, in meiner gedrängten<br />

Darstellung ist das nicht am Einleuchtendsten.<br />

Hier endigte mein Freund, und ich lächelte seiner Besorgnis. Wäre<br />

nur mir gelungen, den Lesern <strong>zu</strong>r Hälfte die Lebendigkeit seines Vortrages<br />

anschaulich <strong>zu</strong> machen!<br />

Ende

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