Aktuelle Ausgabe - Feed Magazin
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nen Leben preis. Da macht es schon einen Unterschied,<br />
ob die eigene Webseite täglich von 10 oder<br />
von 10.000 Besuchern genutzt wird und wie sich<br />
diese Leser statistisch zusammensetzen.<br />
DIE IP-ADRESSE ALS<br />
WURZEL DES üBELS<br />
wurzel allen, oder zuMindest des<br />
größten Übels ist der Personenbezug der IP-<br />
Adresse. Ob eine IP-Adresse Personenbezug hat<br />
oder nicht, ist auch unter Juristen nach wie vor<br />
umstritten. Die wohl herrschende Meinung<br />
nimmt einen Personenbezug jedoch an. Die<br />
Konsequenz daraus ist bitter: Wo auch immer<br />
eine IP-Adresse übertragen wird, muss eine Einwilligung<br />
oder gesetzliche Ausnahme her. An<br />
die Einwilligung sind im Datenschutzrecht sehr<br />
große Anforderungen gestellt und sie muss vor<br />
der Übertragung eingeholt werden. In der Praxis<br />
ist das kaum umzusetzen. Gesetzliche Ausnahmen<br />
sind hingegen spärlich gesät und allesamt<br />
nicht auf die Übertragung solcher technischen<br />
Nebenprodukte ausgelegt.<br />
die konseQuenzen eines solchen Personenbezugs<br />
sind dagegen gewaltig: Sobald eine Internetseite<br />
Inhalte von einem anderen Server aus<br />
einbindet, findet eine Übertragung der IP-Adresse<br />
statt – das ist systemimmanent. Ob die IP-Adresse<br />
auf dem anderen Server gespeichert wird, lässt<br />
sich meist gar nicht sagen.<br />
ein beisPiel: Viele Internetseiten binden<br />
ein Logo von Creative Commons ein, um ihre Inhalte<br />
als frei zu deklarieren. Oft ist dieses Logo<br />
nicht direkt auf der jeweiligen Seite gespeichert,<br />
sondern wird von creativecommons.org aus eingebunden.<br />
Bei jedem Aufruf der Webseite findet<br />
daher eine Übertragung der IP-Adresse an creativecommons.org<br />
statt. Ob die IP-Adresse dort<br />
gespeichert wird, weiß man nicht und man hat<br />
auch keinen Einfluss darauf.<br />
creative coMMons kann auch herausfinden,<br />
von welcher Webseite die Grafik eingebunden<br />
wurde und könnte – theoretisch – diese<br />
Daten aufzeichnen. Datenschutzrechtlich haben<br />
wir hier also fast das selbe Problem wie beim Tracking:<br />
Mit der IP-Adresse wird ein personenbezogenes<br />
Datum übertragen und dazu brauchen wir<br />
eine Einwilligung oder eine gesetzliche Erlaubnis.<br />
Ob es sich hier wirklich um eine Übertragung der<br />
Daten durch den Webseitenbetreiber handelt, ist<br />
58 <strong>Feed</strong>-<strong>Magazin</strong> 02-2011<br />
sicher nicht ganz eindeutig. Dennoch: Der Personenbezug<br />
von IP-Adressen macht in der Praxis an<br />
allen Ecken und Enden Probleme.<br />
und in der Praxis kommen solche Konstruktionen<br />
sehr oft vor. Kaum eine Webseite<br />
kommt heute ohne externe Ressourcen aus.<br />
Seien es Youtube-Videos, externe Javascript-Dateien<br />
oder Amazon S3, wo statische Inhalte ausgelagert<br />
werden: Überall werden IP-Adressen<br />
an externe Server übertragen, häufig ohne dass<br />
klar ist, ob die Adressen gespeichert werden, oft<br />
sogar ohne dass genau bekannt ist, welcher Server<br />
von welchem Standort die Daten ausliefert<br />
und entsprechend die Daten speichern kann.<br />
Tracking ist also nicht nur ein Problem von<br />
Google Analytics. Die datenschutzrechtlichen<br />
Grundlagen betreffen viele, viele andere Dienste<br />
im Internet genauso.<br />
EIN KOMPROMISS MUSS HER<br />
es Muss also ein koMProMiss her.<br />
Dass sich selbst die Datenschutzbehörden selbst<br />
nicht immer an ihre eigenen Regeln halten, ist<br />
ein eindeutiges Indiz dafür, wie weltfremd die<br />
datenschutzrechtlichen Regelungen eigentlich<br />
sind. Gleichzeitig darf man auch nicht übersehen,<br />
dass von Tracking-Technologien tatsächlich<br />
eine Gefahr ausgeht. Bei allen berechtigten Interessen<br />
am Tracking: Die Masse der gesammelten<br />
Daten kann zu erschreckend genauen Nutzerprofilen<br />
führen. Ein Freischein für Tracking kann<br />
entsprechend auch nicht das Ziel sein.<br />
dennoch: Die Speicherung oder gar nur<br />
Übertragung von IP-Adressen ist nicht das Problem<br />
beim Tracking. Eine IP-Adresse ist bei Weitem<br />
nicht so gut zur Identifizierung einzelner<br />
Nutzer geeignet, wie man denkt. Dynamische IP-<br />
Adressen wechseln ungefähr täglich, viele Nutzer<br />
gehen über die selbe IP-Adresse ins Netz. Die<br />
IP identifiziert lediglich einen Internetanschluss<br />
– das ist für Tracking-Technologien nützlich, aber<br />
alles andere als entscheidend.<br />
wenn das deutsche Datenschutzrecht<br />
also an die IP-Adresse anknüpft, um mit Tracking-<br />
Technologien umzugehen, dann verursacht das<br />
nicht nur Probleme bei vielen anderen Anwendungsbereichen<br />
im Internet, sondern geht völlig<br />
am eigentlichen Problem vorbei: Das Datenschutzrecht<br />
regelt einen Nebenkriegsschauplatz, der<br />
beim Tracking nicht das Hauptproblem darstellt<br />
und verursacht damit unabsehbare Auswirkungen<br />
an anderen Stellen.<br />
ALTERNATIVE: LEx TRACKING<br />
bislang wurden diese juristischen Probleme<br />
so gelöst, dass das Gesetz einfach nicht konsequent<br />
angewendet wurde. Google Analytics existiert<br />
schon seit vielen Jahren, doch erst jetzt konnte<br />
sich der Düsseldorfer Kreis zu einer gemeinsamen,<br />
offiziellen Position durchringen. Am Bundesdatenschutzgesetz<br />
hat sich freilich nichts geändert,<br />
auch die Auslegung des Gesetzes was Personenbezug<br />
von IP-Adressen und Cookies betrifft, ist nach<br />
wie vor die selbe. Einzig die Tatsache, dass Verstöße<br />
künftig auch verfolgt werden, ist neu.<br />
eine lösung FÜr all diese Probleme wäre<br />
eine technische Datenschutzregelung, ein „lex<br />
tracking”: Welche Daten darf man im Internet<br />
von seinen Nutzern erheben und welche nicht?<br />
Welche Sicherheitsvorkehrungen muss man treffen,<br />
welche vertraglichen Absprachen sind mit<br />
externen Anbietern nötig? Zu welchen Zwecken<br />
dürfen IP-Adressen gespeichert werden? Darf<br />
man IPs erheben, aber nur in pseudonymisierter<br />
Form speichern? Kurz: Was muss ein Webseitenbetreiber<br />
speichern dürfen, welche Rechte der<br />
Nutzer muss er dabei wahren?<br />
diese entscheidungen über Abstufungen<br />
unseres sehr strengen Datenschutzrechtes muss<br />
der Gesetzgeber treffen und damit Klarheit schaffen<br />
– für die Nutzer genauso wie für die Anbieter.<br />
Ein striktes Verbot von Tracking-Tools wie Google<br />
Analytics ist jedenfalls weltfremd und dauerhaft<br />
nicht durchsetzbar.