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Staatskonsolidierung vs. Staatszerfall. Eine vergleichende ...

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ewährt hat. Die Sicherheitsorgane befanden sich, bis auf wenige Ausnahmen, stets unter<br />

der Kontrolle der politischen Führung. 156<br />

Mit der Unabhängigkeit übernahm Sierra Leone eine relativ kleine (1961: 1.000) 157 , dafür<br />

aber gut ausgebildete und disziplinierte Armee. 158 Im Gegensatz zu Tanzania verlief die<br />

Afrikanisierung des Militärs, insbesondere der Offiziersränge, recht schnell. Während 1961<br />

die Briten noch die Mehrheit der Offiziere stellten, waren 1965 54 der insgesamt 59 Offiziere<br />

Sierra Leoner. 159 Dagegen hatte die ethnische Zusammensetzung der militärischen<br />

Führungsebene negative Auswirkungen auf den Zusammenhalt und die Moral der Truppe;<br />

zumal Albert Margai, der Bruder und Nachfolger Milton Margais, während seiner<br />

Regierungszeit (1964-67) vor allem Offiziere aus den Reihen der Mende rekrutierte. „In 1967<br />

the Mende proportion of the entire officer corps was estimated at approximately 52 per cent,<br />

well above the Mende proportion of the population as a whole.” 160 Thomas Cox zufolge,<br />

entstand so ein klientelistisches Netzwerk zwischen der, von den Mende dominierten,<br />

militärischen Führungsriege und Politikern der ebenfalls Mende-dominierten SLPP:<br />

„The army officers needed identification with prominent civilians (…) to further their<br />

military careers. The politicians required the assurance that in the event they could no<br />

longer hold the public trust, the army, guns drawn, would remain at their sides.” 161<br />

Die nach ethnischen Gesichtspunkten vollzogene Politisierung des Militärs – insbesondere<br />

der Offiziersränge – hatte jedoch zur Folge, dass neben der Politik, nun auch das Militär in<br />

zwei parteipolitische Lager gespalten war und sich zusehends in das politische Geschehen<br />

einmischte. Während Brigadier Lansana auf der Seite des noch amtierenden Albert Margai<br />

stand, sympathisierte sein Stellvertreter Bangura mit der oppositionellen APC Siaka<br />

Stevens. 162 Offensichtlich wurde die innere Zerrissenheit des Militärs dann, als es zwischen<br />

1967 und 1968 zu einer Reihe von Putschen und Putschversuchen kam (siehe 3.1.3.). Siaka<br />

Stevens, der 1967 rechtmäßig gewählt wurde und ab 1968 neuer Premierminister war, setzte<br />

die Politisierung des Militärs fort, indem er Teilen der Führungsebene Ministerposten<br />

zustand, um sich so ihre Loyalität zu sichern. Ihren Höhepunkt erreichte die politische<br />

Einflussnahme dann 1978, als die Rekrutierung der Soldaten derart kommerzialisiert wurde,<br />

dass führende Politiker freie Plätze für ihre Kandidaten reservieren konnten. Damit hatte die<br />

156<br />

Vgl. Hofmeier: Sicherheit in Ostafrika, 2002, S. 50.<br />

157<br />

Vgl. Lee: African Armies, 1969, S. 44.<br />

158<br />

Vgl. Alie, Joe A. D. : Background to the Conflict (1961-1991) : What Went Wrong and Why ? in: Ayissi,<br />

Anatole/ Robin-Edward Poulton (eds.): Bound to Cooperate: Conflict, Peace and People in Sierra Leone,<br />

United Nations Institute for Disarmament Research (UNIDIR), Geneva 2000, S. 33.<br />

159<br />

Vgl. Turay, E.D.A./ A. Abraham: The Sierra Leone Army. A Century of History, London u.a. 1987. S. 101.<br />

160<br />

Bundu, Abass: Democracy by Force? A study of international military intervention in the conflict in Sierra<br />

Leone from 1991-2000, Parkland 2001, S. 42.<br />

161<br />

Cox, Thomas S.: Civil-Military Relations in Sierra Leone: A Case Study of African Soldiers in Politics,<br />

Cambridge 1976, S. 74.<br />

162<br />

Vgl. Turay/ Abraham: The Sierra Leone Army, 1987, S. 107 f.<br />

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