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Staatskonsolidierung vs. Staatszerfall. Eine vergleichende ...

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Faktoren in konkrete politische Verhaltensmuster und Entscheidungen übersetzten (z.B.<br />

durch die Politisierung ethnischer Differenzen oder bei der Verteilung von politischen und<br />

wirtschaftlichen Ressourcen). Grundsätzlich gilt es also herauszufinden, ob die strukturellen<br />

Rahmenbedingungen per se den erfolgreichen bzw. misslungenen Staatsbildungsprozess in<br />

beiden Ländern determinierten oder ob nicht das (Fehl-)Verhalten und die (Fehl-)Entscheidungen<br />

der jeweiligen politischen Führer von größerer Bedeutung für das Gelingen bzw.<br />

Scheitern der Staatsbildungsprozesse Tanzanias und Sierra Leones waren.<br />

Zur Bewertung der Qualität der Regierungsführung soll dabei, im Gegensatz zu den Good<br />

Governance – Ansätzen 12 von Weltbank, UNDP, DAC, etc., weniger die Effizienz und<br />

Effektivität des Regierungs- und Verwaltungsapparates „gemessen“ werden, sondern<br />

vielmehr, aus einer akteurszentrierten Government-Perspektive 13 , ein Gesamturteil darüber<br />

gefällt werden, ob und ggf. welche politischen Steuerungsleistungen von den jeweiligen<br />

Regierungen über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg erbracht wurden; also<br />

welche Maßnahmen die politischen Akteure (v.a. die Staats- und Regierungschefs beider<br />

Länder) ergriffen, um den Staats- aber auch den Nationenbildungsprozess in beiden Ländern<br />

voranzutreiben und damit ein Mindestmaß an Sicherheit, Wohlfahrt und Rechtsstaatlichkeit<br />

(siehe unten) zu gewährleisten.<br />

12 Die erste Variante von Good Governance wurde zuerst von der Weltbank definiert, die damit Kriterien einer<br />

effizienten, rechtsstaatlichen und bürgernahen Staats- und Verwaltungspraxis festlegte und diese zur<br />

Vorraussetzung der Kreditvergabe an Entwicklungs- und Transformationsländer machte. Darauf aufbauend<br />

entwickelten das UNDP und das Development Assistance Committee der OECD diesen stark ökonomischen<br />

Ansatz weiter und ergänzten ihn um politische Faktoren wie Einhaltung der Menschenrechte, Garantie<br />

politischer Teilhaberechte, Geschlechtergleichheit, Armutsminderung etc.. Die zweite Variante von Good<br />

Governance wurde von neoliberalen Regierungen verwandt, die nicht-staatliche Formen der Erfüllung<br />

öffentlicher Aufgaben propagierten. Neben der Privatisierung öffentlicher Leistungen und der Idee eines<br />

„Minimalstaats“ wird auch das New Public Management unter diesen Begriff von Good Governance<br />

eingeordnet. Beide Begriffsvarianten haben jedoch gemeinsam, dass sie die institutionelle Regelungsstruktur<br />

öffentlicher Sachverhalte untersuchen und dabei den Staat, neben dem Markt und zivilgesellschaftlichen<br />

Gruppierungen, nur als einen von vielen Akteuren ansehen. Vgl. Benz, Arthur: Einleitung: Governance –<br />

Modebegriff oder nützliches sozialwissenschaftliches Konzept?, in: Benz, Arthur (Hrsg.): Governance –<br />

Regieren in komplexen Regesystemen, Wiesbaden 2004, S. 18; World Bank: Development in Practice:<br />

Governance - the World Bank’s Experience. Washington (DC) 1994; UNDP: Reconceptualising Governance.<br />

Management Development and Governance Division, New York 1997; OECD/DAC: Participatory<br />

Development and Good Governance, Development Cooperation Series, Paris 1995.<br />

13 Im Gegensatz zu den eher institutionalistischen Good Governance – Ansätzen von Weltbank, UNDP und<br />

OECD stehen bei steuerungstheoretischen Ansätzen das Verhalten und die Entscheidungen der Akteure im<br />

Vordergrund, wobei der Staat an der Spitze einer hierarchischen Ordnung steht und somit die Gesamtverantwortung<br />

für das Gemeinwohl der Bevölkerung beibehält. Der Hauptvorteil der hier eingenommenen<br />

Government-Perspektive besteht darin, dass sie im Gegensatz zur Governance-Theorie nicht zu dem<br />

funktionalistischen Fehlschluss verführt, dass existierende Institutionen stets im Interesse der Lösung<br />

kollektiver Probleme entstanden sind. Vielmehr ist es genauso gut möglich, dass es politischen Akteuren<br />

auch oder primär um Machtgewinn und Machterhalt geht, was eine gemeinwohlorientierte Gestaltung<br />

öffentlicher Sachverhalte von vorneherein einschränken oder ausschließen würde. Good- oder Bad<br />

Government hängt damit in erster Linie vom Verhalten und den Entscheidungen der Akteure ab, wobei<br />

gerade die Motivation der Akteure eine zentrale Rolle spielt. Vgl. Mayntz, Renate: Governance Theory als<br />

fortentwickelte Steuerungstheorie?, in: Schuppert, Gunnar F. (Hrsg): Governance-Forschung. Vergewisserung<br />

über Stand und Entwicklungslinien, Baden-Baden 2006, S. 16.<br />

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