Staatskonsolidierung vs. Staatszerfall. Eine vergleichende ...

potentiellen Gewaltquellen ernstlich in Frage gestellt worden.“ 194 Einen problematischen
Sonderfall stellt allerdings der semi-autonome Landesteil Zanzibar dar, wo nach langem
Sultansregime eine blutige Revolution kurz nach der Unabhängigkeit (siehe 2.4.) einen
Umsturz herbeigeführt hatte und seitdem die politische Entwicklung von Gewalt geprägte
Zäsuren aufweist. So stellt Zanzibar spätestens seit Mitte der 1980er Jahre einen permanenten
Unruhefaktor für die tanzanische Union dar; sowohl durch Festhalten an einer
gewissen Autonomie für Pemba und Unguja, als auch durch die interne Spaltung von
Gesellschaft und Politik in zwei nahezu gleich starke Lager (CCM und CUF). 195 Es ist jedoch
davon auszugehen, dass im Falle eines (derzeit unwahrscheinlichen) Austritts Zanzibars aus
der tanzanischen Union, dieser mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit unblutig verlaufen
würde. 196
Im Gegensatz zu Tanzania wurde das staatliche Gewaltmonopol Sierra Leones seit 1967,
nach einer kurzen Phase parlamentarischer Demokratie unter Milton Margai, durch eine
Vielzahl von Putschen, Putschversuchen und gewaltsamen Protesten immer wieder in Frage
gestellt. Nachdem die APC unter Führung Siaka Stevens die Wahlen von 1967 für sich
entscheiden konnte und damit der erste demokratisch-legitimierte Regierungswechsel
Afrikas südlich der Sahara stattgefunden hatte, zeigte sich schnell, dass das autoritäre
Regime Albert Margais nicht willens war, die Macht abzugeben. 197 Noch bevor Stevens zum
Premierminister vereidigt werden konnte, kam es zu einem Putsch durch General David
Lansana, einem engen Vertrauten Margais. 198 Dieser war jedoch nur wenige Wochen im
Amt, ehe er selbst einem Putsch zum Opfer fiel. Doch auch dem National Reformation
Council (NRC), einer Militärjunta unter Führung des machthungrigen Major Juxon-Smith,
gelang es nicht, länger als ein Jahr an der Macht zu bleiben. Am 17. April 1968 stürzte das
sogenannte Anti-Corruption Revolutionary Movement (ACRM), eine kleine Gruppe junger
Offiziersanwärter, den NRC und übergab nur neun Tage später Siaka Stevens die Regierungsgewalt,
sodass dieser am 26. April 1968 zum Premierminister Sierra Leones ernannt
194
Hofmeier: Friedensoase Tansania, 1997, S. 164.
195
Vgl. Hofmeier: Sicherheit in Ostafrika, 2002, S. 48. Während der zanzibarische Flügel der Chama Cha
Mapinduzi (CCM) ihre Wählerschaft nahezu ausschließlich in Unguja mobilisieren kann, findet die Civic
United Front (CUF) vor allem Rückhalt bei der Bevölkerung der schlechter entwickelten, nördlichen Insel
Pemba. Vgl. Fengler: Konfliktformationen und Zukunftsperspektiven der tanzanischen Union, 1997, S. 86 f.
196
Vgl. Fengler: Konfliktformationen und Zukunftsperspektiven der tanzanischen Union, 1997, S. 17.
197
Vgl. Kieh, George Klay JR.: State-building in Post-Civil War Sierra Leone, in: African and Asian Studies, vol.
4, nos. 1-2/2005, S. 165
198
Vgl. Gberie: A Dirty War in West Africa, 2005, S. 27. In einer Fernsehansprache kurz nach dem Putsch
rechtfertigte Lansana sein Vorgehen dadurch, dass der General-Gouverneur verfassungswidrig gehandelt
hätte, indem er Stevens bereits vor der Auszählung der Chief-Wahlen, die einen integralen Block im
Parlament bildeten, zum Premierminister ernannt hatte. Wie später selbst ein APC-Minister einräumte, hatte
Lansana damit gar nicht so unrecht, zumal davon auszugehen ist, dass die SLPP als konservative und den
Chiefs wohlgesinnte Partei deren Stimmen erhalten hätte.
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