22.01.2013 Aufrufe

Staatskonsolidierung vs. Staatszerfall. Eine vergleichende ...

Staatskonsolidierung vs. Staatszerfall. Eine vergleichende ...

Staatskonsolidierung vs. Staatszerfall. Eine vergleichende ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Zartman 1995, der vor allem den prozessualen Charakter dieses „long-term degenerative<br />

disease“ 1 betont. Der Zerfall von Staaten wird dabei idealtypischerweise entlang eines<br />

Kontinuums von Staatsversagen, Staatsverfall bis hin zum völligen <strong>Staatszerfall</strong> bzw.<br />

Staatskollaps typologisch differenziert, wobei die Zeitdauer stark variieren kann und auch<br />

gegenläufige Tendenzen möglich sein können. Stefan Mair schätzt, dass derzeit nur ca. 15<br />

der 48 Staaten Afrikas südlich der Sahara funktionierende Staaten sind. 2 Auch wenn diese<br />

Zahlen mitunter stark schwanken, so zeigen alle Typologien deutlich auf, wie akut das<br />

Problem von <strong>Staatszerfall</strong>sprozessen in dieser Region ist.<br />

Das zentrale Problemfeld der wissenschaftlichen Debatte ist dagegen nach wie vor die<br />

Unklarheit bezüglich der Ursachen von <strong>Staatszerfall</strong>sprozessen. Während eine Strömung<br />

davon ausgeht, dass in erster Linie die Strukturanpassungsprogramme verbunden mit der<br />

Forderung nach Demokratisierung und Good Governance sowie das Ausbleiben externer<br />

Finanzhilfen die etablierten Staatsapparate geschwächt, ja sogar entstaatlicht haben (z.B.<br />

Julius Nyang’oro/Timothy Shaw 3 und Susan L. Woodward 4 ), führen Autoren wie Cord<br />

Jakobeit/Rainer Tetzlaff 5 , Ulrich Schneckener 6 oder William I. Zartman 7 das Scheitern von<br />

Staaten primär auf endogene Ursachen zurück. Ausschlaggebend für staatliche Erosionsprozesse<br />

seien demnach eher interne Faktoren wie staatliche Repression, Korruption,<br />

Klientelismus und Missmanagement. Strukturelle Ursache für die “selbstverschuldeten“<br />

Fehlentwicklungen sei die Funktionslogik des Neopatrimonialismus – eine hybride<br />

Herrschaftsform, die Elemente patrimonialer Herrschaft mit denen legal-rationaler Herrschaft<br />

kombiniert und damit Klientelismus und Korruption begünstigt. 8 Die nähere Untersuchung<br />

staatlicher Herrschaft neopatrimonialen Charakters veranlasste eine weitere Gruppe von<br />

Autoren (z.B. Jeffrey Herbst 9 und Robert H. Jackson 10 ) generell die “Passform“ des<br />

modernen rational-bürokratischen Staates mit einer traditionellen bzw. vormodernen Gesellschaft<br />

zu überdenken. Bayart äußerst sogar grundlegende Zweifel, ob den afrikanischen<br />

1 Zartman, William I.: Introduction: Posing The Problem of States Collapse, in: Zartman, William I. (ed.):<br />

Collapsed states. The Desintegration and Restoration of Legitimate Authority, Boulder/London 1995, S. 8.<br />

2 Vgl. Mair, Stefan: <strong>Staatszerfall</strong> und Interventionismus: Determinanten grenzüberschreitender politischer<br />

Neuordnung, Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP – AP 3114, Ebenhausen 1999.<br />

3 Vgl. Nyang’oro, Julius/Shaw, Timothy E.: The African State in the Global Economic Context, in: Villalón,<br />

Leonardo A./Huxtable, Phillip A. (Hg.): The African State at a Critical Juncture. Between Disintegration &<br />

Reconfiguration, Boulder/London 1998.<br />

4 Vgl. Woodward, Susan L.: Failed States. Warlordism and ”Tribal” Warfare, in: Naval War College Review,<br />

vol. 52, no. 2/1999, S. 55-68.<br />

5 Vgl. Jakobeit, Cord/ Rainer Tetzlaff: Das nachkoloniale Afrika. Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Wiesbaden<br />

2005.<br />

6 Vgl. Schneckener, Ulrich (Hrsg.): States at Risk. Fragile Staaten als Sicherheits- und Entwicklungsproblem,<br />

Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP-Studie 43, Berlin 2004.<br />

7 Vgl. Zartman, William I. (ed.): Collapsed states. The Desintegration and Restoration of Legitimate Authority,<br />

Boulder/London 1995.<br />

8 Vgl. Hofmeier, Rolf/ Andreas Mehler (Hrsg.): Kleines Afrika-Lexikon. Politik – Wirtschaft – Kultur,<br />

Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2004, S. 212 f.<br />

9 Vgl. Herbst, Jeffrey: States and Power in Africa. Comparative Lessons in Authority and Control, Princeton<br />

2000.<br />

10 Vgl. Jackson, Robert H.: Quasi-States. Souvereignty, International Relations and the Third World, Cambridge<br />

u.a. 1990.<br />

6

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!