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Initiativen - FWF

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ner Währung für wissenschaftliche Reputation<br />

von Forschungsträgereinrichtungen und<br />

Forschungsstandorten geworden. Insofern<br />

sollten sich alle Akteure überlegen, wie sie<br />

Erfolge beim ERC nach Möglichkeit sicherstellen<br />

können. Eines zeigt sich besonders<br />

deutlich seit Bestehen des ERC: Länder ohne<br />

gut funktionierendes nationales Forschungsfördersystem<br />

schneiden beim ERC<br />

signifikant schlechter ab als jene Länder, die<br />

über bewährte, verlässliche und gewichtige<br />

Qualitätswettbewerbssysteme verfügen. Gute<br />

nationale Strukturen sind also eine unverzichtbare<br />

Voraussetzung für Erfolge auf europäischer<br />

Ebene. Den Samen im Garten<br />

muss man schon selbst ausbringen, damit<br />

der Dünger aus Brüssel wirken kann. Auf<br />

den Dünger alleine zu hoffen impliziert ein<br />

arges Missverstehen der Co-Evolution von<br />

nationaler und europäischer Förderung.<br />

» Bernhardt: Abschließend noch eine Frage<br />

zum Thema „Mäzenatentum für die Forschung“.<br />

Wir erleben den Start in diesem für<br />

den <strong>FWF</strong> neuen Bereich als vergleichsweise<br />

schwieriges Unterfangen; gänzlich anders<br />

die Situation in Deutschland. Woran kann das<br />

Ihrer Meinung nach liegen?<br />

» krull: Wir erleben in der Tat ein starkes<br />

Wachstum des Stiftungssektors in Deutschland.<br />

Pro Tag kommen bei uns zwei bis<br />

drei gemeinnützige, kapitalbasierte Stiftungen<br />

von privater Seite hinzu, aber wir<br />

sind noch weit entfernt von einer „Vermögenskultur<br />

für die Wissenschaft“. Das trifft<br />

auf Deutschland genauso zu wie auf Österreich.<br />

Dazu braucht es einen Mentalitätswandel<br />

und dieser zentrale Aspekt, der in<br />

seiner Wichtigkeit nicht überschätzt werden<br />

kann, ist nicht von heute auf morgen<br />

herbeizuführen. Es braucht viel Geduld,<br />

Beharrlichkeit und die Bereitschaft, Rückschläge<br />

einzustecken – nicht unähnlich zur<br />

Forschung, wie ich meine. Vergegenwärtigt<br />

man sich den Wandel hin zur Wissensgesellschaft,<br />

gekoppelt mit der Finanzmarkt-<br />

und Wirtschaftskrise, so ist es naheliegend<br />

und gesellschaftlich angezeigt, für<br />

die Forschung Kontinuität und Stabilität<br />

mittels der zuvor angesprochenen „Vermögenskultur<br />

für die Wissenschaft“ anzustre-<br />

ben. Das gilt für Europa, das gilt für<br />

Deutschland ebenso wie für Österreich.<br />

Der größte Unterschied zwischen Deutschland<br />

und Österreich liegt wohl im gänzlich<br />

anders gelagerten Stiftungsrecht in diesen<br />

beiden Ländern. Ich meine, es sollte eine<br />

konzertierte Aktion sämtlicher Akteure im<br />

Wissenschaftssystem geben, auf die Politik<br />

einzuwirken, neue Handlungsfelder mittels<br />

steuerlicher Anreize, mittels klar gesetzter<br />

Zeichen und Gesten zu eröffnen. In<br />

Deutschland ist zu erwarten, dass die Politik<br />

im Frühjahr 2013 den Weg frei macht,<br />

der neue Formen seitens zivilgesellschaftlicher<br />

Akteure ermöglichen soll, die von<br />

staatlicher Seite wohl so nicht machbar<br />

wären, um Forschung wirkungsvoll und vor<br />

allem nachhaltig zu unterstützen. Wir stehen<br />

beispielsweise kurz davor, das so genannte<br />

Endowment-Verbot für Stiftungen<br />

zu beseitigen. Dann können private Stiftungen<br />

echte, tatsächlich mit Kapital unterlegte<br />

Stiftungsprofessuren einrichten, wie<br />

wir sie als „endowed chairs“ aus dem angelsächsischen<br />

Raum kennen. Ich halte das<br />

für eine hoch attraktive Variante, um nachhaltige<br />

Forschungsförderung zu betreiben;<br />

denn sowohl die Mäzene und die Institutionen<br />

als auch die Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler, die eine solche Professur<br />

inne haben, würden davon auf Dauer<br />

profitieren. Wenn die Politik erkennt,<br />

dass solche Zeichen nötig sind, um die Forschungsfinanzierung<br />

– wenn Sie so wollen<br />

– robuster aufzustellen, dann ist viel<br />

panoptikum » Interview Wilhelm Krull<br />

gewonnen und es erschließen sich neue<br />

Handlungsfelder in der Forschungsfinanzierung,<br />

die das Universitätssystem angesichts<br />

der knappen öffentlichen Haushalte<br />

zukünftig wohl noch dringender wird brauchen<br />

können, als dies gegenwärtig bereits<br />

der Fall ist. Ich denke, solche Modelle beflügeln<br />

die Phantasie. Für Österreich, das<br />

in dieser Hinsicht noch ganz am Anfang<br />

steht, gilt wohl in diesem Zusammenhang<br />

das chinesische Sprichwort: „Auch der<br />

längste Weg beginnt mit dem ersten<br />

Schritt.“<br />

» Bernhardt: Werden Sie mit Österreich<br />

verbunden bleiben, oder ist mit der Beendigung<br />

der Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden<br />

beim <strong>FWF</strong> das Kapitel „Österreich“<br />

für Sie abgeschlossen?<br />

» krull: Ich denke, dass die Verbindungen<br />

nach Österreich bisher schon vielgestaltiger<br />

Natur waren – ich nenne beispielsweise<br />

die Boltzmann-Gesellschaft oder den<br />

WWTF –, und so kann ich mir durchaus<br />

vorstellen, dass – nachdem ein schönes Kapitel<br />

zu Ende geht – sich möglicherweise<br />

ein neues auftut. Wien und Hannover sind<br />

fluglogistisch ausgezeichnet verbunden –<br />

und das ist gut so. Persönliche Freundschaften,<br />

die entstanden sind, werde ich<br />

auf jeden Fall weiter pflegen.<br />

» Bernhardt: Herzlichen Dank für das<br />

Gespräch.<br />

» Wilhelm Krull ist, nach einem studium der germanistik, Philosophie, Pädagogik<br />

und Politikwissenschaft in marburg sowie stationen als daad-lektor<br />

an der universität oxford und in führenden Positionen beim wissenschaftsrat<br />

und in der generalverwaltung der max-Planck-gesellschaft, seit 1996 generalsekretär<br />

der volkswagenstiftung. neben seinen beruflichen tätigkeiten in der wissenschaftspolitik<br />

und forschungsförderung nahm und nimmt er zahlreiche funktionen<br />

in nationalen, ausländischen und internationalen gremien wahr. sowohl zu fragen<br />

des stiftungswesens als auch zur hochschul- und forschungspolitik liegen von ihm<br />

zahlreiche veröffentlichungen in deutscher und englischer sprache vor. seit Juli<br />

2008 ist er vorsitzender des vorstands des Bundesverbandes deutscher stiftungen.<br />

von 2008 bis 2009 war wilhelm krull mitglied des fwf-aufsichtsrats, von anfang<br />

2010 bis ende 2012 war er vorsitzender des gremiums.<br />

<strong>FWF</strong>info83» 53

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