Nr. 3/2009 - ANAV
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sance» - ein Condrieu 05, ein St.<br />
Joseph 06, der Côte Rôtie Brune<br />
et Blonde 04 und ein Muscat de<br />
Beaume de Venise) überzeugte<br />
durch Komplexität, Kraft und<br />
Langlebigkeit der Weine. Auch ältere<br />
Gewächse wirkten noch jung<br />
und frisch und versprechen noch<br />
viele Jahre an ungetrübtem Genuss.<br />
Interessantes Detail: Der<br />
Côte Rôtie des Hauses enthält einen<br />
kleinen Anteil der weissen<br />
Rebsorte Viognier, weil diese Reben<br />
seit Menschengedenken als<br />
Einzelstöcke im Rebberg stehen.<br />
In der Côte Rôtie gibt es die<br />
zwei Seiten «Brune» und «Blonde».<br />
Dazu existiert eine Sage, wonach<br />
vor Jahrhunderten ein Grossgrundbesitzer<br />
zwei Töchter hatte, die eine<br />
war eine Brünette, die andere eine<br />
Blonde. Er teilte das Gut auf die beiden<br />
Töchter auf, und so war der Besitz<br />
fortan in eine Côte Brune und<br />
eine Côte Blonde aufgeteilt! Wahrscheinlicher<br />
ist jedoch, dass die unterschiedlichen<br />
Farbtöne den Ausschlag<br />
für den Namen gaben: Côte<br />
Brune mit den eisenhaltigen, rötlichen<br />
Böden und die Côte Blonde mit<br />
den hellen, kalkhaltigen.<br />
Improvisationen<br />
Die Weiterfahrt führte nach<br />
Orange-Vacqueyras und damit<br />
zum südlichsten Punkt der Reise,<br />
wo wir im gemütlichen Hotel «Le<br />
Pradet» die Zimmer bezogen. Zum<br />
Nachtessen trafen wir uns im<br />
nahe gelegenen Restaurant der<br />
gleichen Besitzerfamilie. Unerwartet,<br />
aber mit viel Spass, kamen<br />
wir dabei in den Genuss einer<br />
weitläufigen Degustation der<br />
Weine der südlichen Appelation<br />
Vaqueyras. Dazu eine Fussnote:<br />
Bei den Appellationen der Côtes<br />
du Rhône, welche auf «as» enden,<br />
wird das «s» ausgesprochen – im<br />
Gegensatz zur üblichen französischen<br />
Aussprache.<br />
Wir einigten uns darauf, aus<br />
vier viel versprechenden Weinen<br />
auf der Karte einen «Sieger» zu erküren<br />
und mit diesem das Essen<br />
zu begleiten. Aber unsere Rechnung<br />
war ohne den Wirt gemacht:<br />
Nach dem Genuss von etwa vier<br />
Flaschen unseres Favoriten (für<br />
wohlgemerkt 28 erwachsene<br />
Weinfreunde) beschied man uns,<br />
dass dieser ausverkauft sei! Unserem<br />
umsichtigen Tafelmajor<br />
Beat Klötzli oblag es danach, die<br />
«zweit-, dritt-, und viertklassierten»<br />
Gewächse zu aktivieren, um<br />
uns vor dem Verdursten beim hervorragenden<br />
Dîner zu bewahren!<br />
– Dass die «Salle climatisée» dem<br />
Ansturm von 28 Personen nicht<br />
gewachsen war und einige Teilnehmer<br />
im Verlauf des Abends<br />
völlig verschwitzt auf der Terrasse<br />
Zuflucht suchten, sei nur am<br />
Rande erwähnt! Alles in allem<br />
aber ein grossartiger erster Tag.<br />
Séguret<br />
Zum Gefallen der Morgenmuffel<br />
erfolgte die Abfahrt dank einem<br />
nicht zu gedrängten Programm erst<br />
zu christlicher Zeit, und für die<br />
Früh-Aufsteher lag noch ein kurzer<br />
«Schwumm» im Hotelpool drin.<br />
Das erste Ziel: «Domaine de Cabasse»<br />
in Séguret. Hier blieb vor<br />
der Degustation genug Zeit, einen<br />
kleinen Bummel durch das an den<br />
Hang geklebte Dörflein zu machen.<br />
La vie de l’<strong>ANAV</strong><br />
Charakteristisch für die kargen Böden von Châteauneuf-du-Pape sind die<br />
Steine, die «galets», zwischen denen die Rebe sich in die Tiefe kämpft.<br />
In der Domaine wurden wir von Alfred<br />
Haeni, einem ausgewanderten<br />
Schweizer Agraringenieur, empfangen.<br />
Wie er erklärte, stammt der<br />
Name des Betriebs von der italienischen<br />
Bezeichnung «Casa Bassa»<br />
aus der Zeit, als Avignon Sitz der<br />
Päpste war. Wir befanden uns also<br />
im «Unteren Haus», das etwas unterhalb<br />
des Dorfes liegt. Alfred Haeni<br />
erzählte uns einiges über seine<br />
Erfahrungen als «fremder» Winzer<br />
in der Region und über die Art und<br />
Weise, wie die Einheimischen<br />
seine «revolutionären» Ideen<br />
belächelten. Skeptisch beobachtete<br />
man unter anderem die Erziehung<br />
der Reben auf drei Drähten<br />
sowie das Belassen jeder zweiten<br />
Rebzeile in bewachsenem Zustand<br />
und anderes mehr. Mit nicht geringer<br />
Genugtuung stellt er jedoch<br />
heute fest, dass seine Innovationen<br />
mehr und mehr von den etablierten<br />
Produzenten übernommen werden!<br />
Die anschliessende Betriebsführung<br />
und Degustation übernahm<br />
- sehr kompetent und für jedermann<br />
verständlich - sein Sohn<br />
Niklaus. Wohltuend war zu sehen,<br />
wie dieses Weingut ohne modernste<br />
Einrichtungen auskommt. Da<br />
kam sogar der Eindruck auf, dass<br />
hier vielleicht die eine oder andere<br />
Investition in die Infrastruktur<br />
einiges vereinfachen könnte.<br />
Statt Repräsentation Konzentration<br />
auf das Wesentliche: Könnte<br />
dies der Grund dafür sein, weshalb<br />
auf keinem anderen der besuchten<br />
Güter von uns so viel<br />
Wein bestellt wurde wie hier?<br />
Letztlich war es aber die kompromisslose<br />
Qualität der Weine, die<br />
uns restlos überzeugte!<br />
Im angenehm schattigen Garten<br />
stellte uns Niklaus mit kompetenten<br />
Kommentaren eine breite<br />
und repräsentative Auswahl der<br />
Gewächse des Hauses vor. Sehr<br />
erwähnenswert ist das hervorragende<br />
Preis-/Leistungsverhältnis<br />
dieser Weine. Hier hat man noch<br />
nicht den Bezug zur Realität verloren<br />
und muss deshalb sicher auch<br />
nicht um die Kundschaft bangen.<br />
Nicht ganz allen gefielen die<br />
sehr traditionellen Etiketten des<br />
Hauses: Kopien der Taufscheine<br />
von Vorfahren und ähnlich verträumte<br />
Motive mit Engelchen<br />
usw. Sicher sind diese Etiketten<br />
nicht das, was «Etikettentrinker»<br />
dazu veranlasst, diese Weine zu<br />
kaufen, und darum entscheidet die<br />
Qualität! – Auf nahtlos gleichem<br />
Niveau folgte das wunderbare<br />
Mittagessen im Restaurant der<br />
Domaine: Sonderklasse, begleitet<br />
von den passenden Weinen!<br />
Châteauneuf-du-Pape:<br />
Höhepunkt Château La Nerthe<br />
Einiges vornehmer, aber nicht mit<br />
zwingend besseren Weinen, ging<br />
es nachmittags bei unserem Besuch<br />
auf Château La Nerthe in<br />
Châteauneuf-du-Pape weiter. Allein<br />
schon die herrliche Lage auf<br />
einem kleinen Hügel mit grossartigem<br />
Blick auf das Dorf, welches<br />
der Appellation den Namen gibt,<br />
ist ein Besuch wert. Château La<br />
Nerthe ist ein Betrieb mit grossem<br />
Renommée dessen Türen für<br />
Führungen und Degustationen<br />
nicht einfach «Kreti und Pleti» offen<br />
stehen! Dank unseren Türöffnern<br />
Beat, Urs und Fritz war uns<br />
22 Ami du Vin 3/09