Nr. 3/2009 - ANAV
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en Besitz und führten die Erträge an landwirtschaftliche<br />
Produktionsgenossenschaften ab. Von<br />
da an waren die Herstellung und der Vertrieb von<br />
Wein Staatsangelegenheit. Dennoch räumte man<br />
den Menschen die Möglichkeit ein, kleinere<br />
Nutzflächen zu pachten und für den Eigenbedarf<br />
Obst, Gemüse und Trauben anzubauen.<br />
Längst gehören die damals enteigneten<br />
Flächen wieder den Nachfahren der ehemaligen<br />
Besitzer. «Es lässt sich jedoch nicht übersehen,<br />
dass auch in unserer Weinbaugemeinde in den<br />
vergangenen 20 Jahren viele Menschen die<br />
Verbindung zum Boden verloren haben, darunter<br />
leidet auch die Weintradition», bekräftigt<br />
Boriana Bonina. Immer mehr Weinberge würden<br />
nicht mehr bewirtschaftet, da die benötigten<br />
Fertigkeiten verloren gegangen seien.<br />
76<br />
Zu tiefe Traubenpreise<br />
Dass sich die Brache ausbreitet, hat jedoch<br />
noch einen weiteren Grund: «Vor allem aus dem<br />
Ausland stammende Grosserzeuger setzen<br />
möglichst tiefe Aufkaufpreise für die Ernte fest.<br />
Als Anreiz, die Rebflächen weiter zu bewirtschaften,<br />
seien die Erlöse zu gering. «Hat man<br />
früher über die Preise verhandelt, werden sie<br />
heute von oben diktiert. Deshalb halten die Besitzer<br />
nach einem Käufer für ihren Rebberg Ausschau.<br />
Haben sie damit keinen Erfolg, dann re-<br />
Dossier<br />
signieren sie und lassen oftmals der Natur<br />
freien Lauf», fügt sie hinzu.<br />
Wachsendes Interesse für Weinbau<br />
Überraschenderweise wenden sich vor allem jüngere<br />
Bewohner seit einigen Jahren wieder ver-<br />
Die junge Önologin Diana Naskova ist im Winzerkeller der Familie Bonini in Brestovitza um<br />
höchst mögliche Qualität bemüht.<br />
Boriana Bonina mit einem Angestellten vor einem modernen Gärtank in der Kellerei.<br />
stärkt der Landwirtschaft zu. Ausgeprägt sei das<br />
Interesse am Weinbau, versichert die Lebensmitteltechnikern<br />
Diana Naskova (35), die bei den Bonini<br />
als Önologin arbeitet: «Die wirtschaftlichen<br />
Aussichten werden allgemein trüber. Sich Weinbaukenntnisse<br />
anzueignen, bedeutet für sie, ein<br />
stückweit die Identität ihrer Region zurückzuerlangen»,<br />
vermutet Diana Naskova.<br />
Dass der Weinbaubetrieb mit seiner jährlichen<br />
Kapazität von 100’000 Flaschen, deren Preise sich<br />
auf dem bulgarischen Markt zwischen umgerechnet<br />
fünf und zehn Franken bewegen, finanziell gegenwärtig<br />
kaum über die Runden kommt, räumt<br />
Boriana Bonina freimütig ein. «Der inländische<br />
Weinmarkt ist schwach entwickelt; zudem leidet<br />
er unter zurückgehenden Umsätzen. Wir wissen<br />
nicht, wie wir in dieser Situation landesweit für<br />
unsere Produkte werben können», klagt sie.<br />
Wein für Gastronomie<br />
und Fachhandel<br />
Heute setzen sie ihre Weine vor allem in Restaurants<br />
in Plovdiv, Sofia und der Schwarzmeerstadt<br />
Varna sowie im Weinfachhandel ab.<br />
Die Gunst ausländischer Grossdiscounter, deren<br />
Zahl in Bulgarien zügig anwächst, konnten sie<br />
bislang nicht gewinnen und Direktverkäufe ab<br />
Winzerhof haben Seltenheitswert.<br />
Ami du Vin 3/09