Nr. 3/2009 - ANAV
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gelegenem Hotel wohnten die Zurzibieter<br />
Weinfreunde während vier<br />
Tagen. Am ersten Abend tafelten<br />
sie hier. Das Abendessen wurde begleitet<br />
von den ausgezeichneten<br />
Weinen des Gutes Erben von Beulwitz,<br />
kommentiert vom Hausherrn<br />
persönlich. Kaseler Nieschen nennt<br />
sich die Steillage, eine der besten<br />
im Ruwertal, deren «Grosse Gewächse»<br />
mit höchsten nationalen<br />
und internationalen Auszeichnungen<br />
bedacht sind. – Der Weg ins kuschelige<br />
Bett war, je nach Wahl der<br />
«Transportmittel», recht unterschiedlich:<br />
zehn Schritte bis zum Lift<br />
oder 76 Treppenstufen für die sportlichen<br />
Weinfreunde im 4. Stock.<br />
Der nächste Tag führte die<br />
Gruppe zum Winzer des Jahres<br />
2005, Christoph Tyrell, dem residie-<br />
Mosel - Saar – Ruwer<br />
renden Inhaber des prestigeträchtigen<br />
Weingutes Karthäuserhofberg<br />
in Eitelsbach am Ruwer. Dieses ist<br />
bekannt für seine auf 19 ha und<br />
Über 5000 Winzer gibt es derzeit noch an der Mosel, darunter etwa 1500<br />
Selbstvermarkter. Die Mosel mit ihrer 545 km Länge entspringt in der<br />
Nähe von Bussang in den Vogesen, fliesst 317 km durch Frankreich,<br />
streift Luxembourg und mündet bei Koblenz in den Rhein. Bei Perl erreicht<br />
sie Deutschland und bildet dann eine 36 km lange Grenze zwischen<br />
Luxembourg und Deutschland. Hier beginnt die Einteilung in<br />
Ober-, Mittel- und Untermosel.<br />
Wenige Kilometer vor Trier mündet die 246 km lange Saar in die Mosel,<br />
ebenfalls aus den elsässischen Vogesen kommend. Im Hunsrück quellend,<br />
ergiesst sich schliesslich auch die nur 46 km lange Ruwer in die Mosel.<br />
Die Weinregion Mosel besteht aus 6 Bereichen (Burg Cochem mit 1488 ha,<br />
Bernkastel 5992 ha, Ruwertal191 ha, Saar 735 ha, Obermosel 700 ha, Moseltor<br />
100 ha), 19 Grosslagen, 57 gemeindeübergreifende und 450 Einzellagen.<br />
Weisse Trauben wachsen auf 8139 ha (davon 5226 ha Riesling), rote<br />
(hauptsächlich Blauburgunder und Dornfelder) auf 836 ha. Über 90% des<br />
Anbaugebiets Mosel Saar Ruwer sind mit weissen Gewächsen bestockt!<br />
Die Mosel ist das grösste zusammenhängende Riesling-Anbaugebiet der<br />
Welt, obwohl der Riesling nur auf 58% der Rebfläche wächst. Höher noch<br />
liegen die Anteile an der Saar (78%) und Ruwer (90%). Eine besondere<br />
Spezialität ist der Elbling, nach Riesling und Müller Thurgau die dritthäufigste<br />
Rebsorte (577 ha). Sie ist aber auf dem Rückmarsch. Viele Toplagen,<br />
die früher mit Elbling bepflanzt waren, z.B. der Brauneberg zwischen<br />
Lieser und Monzel, beherbergen heute den Riesling.<br />
In den Steillagen der Mosel, die etwa 43% der Fläche ausmachen, wächst<br />
zwar der beste Riesling. Der Bearbeitung mit Maschinen sind aber Grenzen<br />
gesetzt und Lohnkosten entsprechend hoch. Bei einem Ertrag von 10’000<br />
l/ha kostet die Produktion eines Liters Fasswein bis zu € 1.60 (bei einem<br />
fiktiven Lohn von € 10.—/h). Heute erfolgt die Bewirtschaftung der Steillagen<br />
mehr und mehr mit staatlich subventionierten Einschienenbahnen,<br />
viele davon geliefert von der Habegger Maschinenfabrik in Thun.<br />
La vie de l’<strong>ANAV</strong><br />
Zurzibieter Weinfreunde bei ihrem Degu-Halt auf dem Brauneberg<br />
zwischen Lieser und Monzel.<br />
Schieferböden wachsenden trockenen,<br />
mineralischen Rieslinge.<br />
Den Platz in seinem imponierend<br />
ausgestatteten Rittersaal<br />
machte uns leider ein prominenterer<br />
Besucher streitig. Professor Dr.<br />
Klaus Töpfer, seines Zeichens Ex-<br />
BRD-Umweltminister und Direktor<br />
des UN-Umweltprogramms. Wir<br />
haben nicht nachgefragt, ob sein<br />
Besuch privater Natur war oder<br />
der Kontrolle von Helikopterspritzungen<br />
der Reben galt...<br />
Der «lokale» Verzicht war jedoch<br />
leicht zu verkraften, denn<br />
Kellermeister Vogt war ein würdiger,<br />
kenntnisreicher und rhetorisch<br />
begabter Vertreter seines Chefs. In<br />
Die Zurzibieter auf ihrer Wanderung<br />
zum Weingut Bastgen-Vogel<br />
in Monzel.<br />
einem Gebäude, das Assoziationen<br />
an ein Langhaus auf Borneo<br />
weckte, folgten wir aufmerksam<br />
seinen Ausführungen. Neun<br />
Weine waren uns zugedacht, vom<br />
frischen 2008-er Kabinett bis zur<br />
2007-er Auslese. – Eine Degustation,<br />
nicht ganz so üppig wie jene<br />
bei Zilliken, jedoch spannend und<br />
erfrischend. Und dies bei Preisen,<br />
die als moderat bezeichnet werden<br />
dürfen angesichts der ausgezeichneten<br />
Qualität.<br />
An der Mosel<br />
Schloss Thorn, nahe der luxembourgischen<br />
Grenze, ist das älteste<br />
Schlossweingut an der Mosel. Hier<br />
pflegt man nebst Riesling so spannende<br />
Sorten wie roter und weisser<br />
Elbling, Sauvignon Gris und Pinot<br />
Meunier. Der Schlossbesitzer,<br />
Dr. Baron von Hobe-Gelting, liess<br />
es sich nicht nehmen, uns persönlich<br />
mit seinen Weinen vertraut zu<br />
machen und mit seinen Reminiszenzen<br />
bis zurück in die Römerzeit<br />
zu führen. So kam der Verdacht<br />
auf, er sei Historiker. Er entpuppte<br />
sich jedoch «nur» als Jurist. Die Arbeit<br />
im Rebberg und Keller besorgt<br />
wohl sein Kellermeister.<br />
Schwerpunkt der Degustation<br />
hier war diesmal nicht der Riesling,<br />
sondern der Elbling in allen<br />
Facetten – als Sekt, trocken, feinherb,<br />
Spätlese, Auslese, weiss<br />
und rot. Ein Elbling trocken, Deguprobe<br />
<strong>Nr</strong>. 2, sei gut für Meerestiere,<br />
hiess es, aber niemand<br />
aus unserer Gruppe, selbst weitgereiste<br />
Mitglieder, hatte jemals<br />
Meerestiere beim Trinken dieses<br />
Elblings beobachtet. Übrigens: erstaunlich<br />
tiefe Preise (wegen der<br />
grossen Konkurrenz, wie Baron<br />
Hobe-Gelting erklärte).<br />
Der Mensch lebt bekanntlich<br />
– und literarisch bewiesen – nicht<br />
von Brot (und Wein) allein. So<br />
machte sich bereits eine gewaltige<br />
Lust auf Hunger und dessen<br />
Stillung bemerkbar, als der Bus<br />
36 Ami du Vin 3/09