Nr. 3/2009 - ANAV
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78<br />
Nov Jivot: Tafeltrauben statt Wein<br />
Mit eher sorgenvoller Miene blickt hingegen<br />
Metodi Portev, Geschäftsführer der Genossenschaft<br />
Nov Jivot in die Zukunft. Die Genossenschaftler<br />
bewirtschaften insgesamt 650 Hektaren;<br />
pro Hektar beträgt die Erntemenge Portevs<br />
Worten zufolge sieben bis acht Tonnen.<br />
Dossier<br />
Weite Teile der Kellerei gehen auf die frühen<br />
1940-er Jahre zurück, darunter ein zweistöckiger<br />
Stahlbetontank französischer Herkunft.<br />
Dass längst nicht alle Genossenschafter ihre<br />
Gesamternte im «Neuen Leben» weiterverarbeiten<br />
lassen, zeigt die letztjährige Produktionsmenge,<br />
die laut Portev 900’000 Flaschen nicht überstieg.<br />
«Es führt kein Weg vorbei an der Erkenntnis, dass<br />
es schwieriger geworden ist, unseren Wein abzu-<br />
Die Gefahr, dass ein beträchtlicher Teil der Ernte in diesem Jahr nicht gekeltert werden kann, ist sehr gross<br />
Rebbauern befürchten Zusammenbruch der Traubenpreise<br />
Zu Beginn der Traubenernte sind die Weinbauern<br />
wegen der zu geringen Verkaufspreise<br />
ihrer Trauben besorgt. «Die Ernte wird in diesem<br />
Jahr von ausserordentlich hoher Qualität<br />
sein. Die Mengen-Prognosen nähern sich den<br />
305’000 Tonnen, doch nur ein kleiner Teil<br />
davon wird verkauft werden. Der Grund ist,<br />
dass die Weinhersteller Riesenmengen an<br />
nicht abgesetztem Wein auf Lager haben»,<br />
sagte der Vorsitzende der Nationalen Winzerkammer<br />
(NLWK), Plamen Mollov. Vorläufigen<br />
Angaben zufolge haben bis Ende August<br />
die Weinhersteller erst 30 Prozent der im vorigen<br />
Jahr exportierten Menge im Ausland vertreiben<br />
können. Am schlimmsten sei die Lage<br />
am stark geschrumpften russischen Markt, so<br />
der Experte.<br />
Dies ist die wichtigste Ursache für die rund 30bis<br />
40-prozentige Reduzierung der Verkaufspreise<br />
in diesem Jahr. So werden die weissen<br />
Sorten zu einem Preis zwischen 80 und 90<br />
Stotinki (ca. 41 – 46 Eurocent) angeboten,<br />
während man für die roten Trauben mit 40 bis<br />
50 Stotinki (ca. 20 und 26 Eurocent) pro Kilogramm<br />
rechnen kann. Wie der Kammervorsitzende<br />
weiter befürchtet, hätten nur die Weinbauern,<br />
die mit einem Weinhersteller einen<br />
langfristigen Vertrag abgeschlossen hätten, eine<br />
Chance, ihre Produktion abzusetzen. Die<br />
niedrigen Aufkaufpreise könnten Spannungen<br />
zwischen den Traubenerzeugern und den Winzern<br />
verursachen, meinen Beobachter des<br />
Marktes. Damit sind allerdings nicht alle Winzer<br />
einverstanden.<br />
30 oder 70 Prozent für den grauen Sektor<br />
«In diesem Jahr werden wir nur aus unseren<br />
eigenen 3 500 Tonnen Trauben Wein herstellen»,<br />
erklärte Krasimir Krastenov, Geschäftsführer<br />
von Vini AD in Sliven (Ostbulgarien).<br />
Er führte den 40-prozentigen Rückgang der<br />
Verkäufe von Wein und Spirituosen am Binnenmarkt<br />
binnen einem Jahr auf den grauen<br />
Sektor zurück. «Wenn wir uns jetzt nicht an<br />
der Traubenlese beteiligen, wird alles wieder<br />
in die privaten Destillieranlagen gehen. Dort<br />
gibt es weder Kontrolle noch Verbrauchssteuern»,<br />
fügte er hinzu.<br />
Der Direktor von Chernomorsko Zlato AD in<br />
der Schwarzmeerstadt Pomorie, Yordan<br />
Panayotov, zeigte sich ebenso nicht sehr optimistisch.<br />
«Die neuen Eigentümer der Weinbetriebe<br />
werden die Banken sein», meinte er. Viele<br />
der Weinkeller nehmen Kredite noch im<br />
Frühling auf, damit sie die mit dem Weinbau<br />
verbundenen Tätigkeiten finanzieren. Im<br />
Herbst dann kaufen sie Weintrauben, beginnen<br />
aber erst im darauf folgenden Frühling den<br />
Wein zu verkaufen. Aus diesem Grund nennt<br />
man die Investitionen in der Weinherstellung<br />
«langsames Geld». Die Krise habe jedoch das<br />
Gewerbe so geschlagen, dass viele Produzenten<br />
ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Die<br />
Finanzinstitute ihrerseits sind noch «geiziger»<br />
geworden, nachdem bekannt gegeben worden<br />
war, dass die am meisten betroffenen Branchen<br />
die Winzer- und die Möbelindustrie sind, stellten<br />
Beobachter fest. Die Banken würden sogar<br />
bei doppelt so hohen Zinsen wie vor einem Jahr<br />
keine Kredite gewähren.<br />
In der Weinregion am Fusse der Rhodopen<br />
betragen die mit Weintrauben bepflanzten<br />
Flächen 2’300 Hektar. Von denen werden den<br />
Prognosen nach höchstens 600 geernten werden.<br />
Viele Weinbauern aus den in dieser Region<br />
liegenden Dörfern Markovo, Brestnik und<br />
Brestovitsa drohen an, sie würden ihre Weinberge<br />
zerstören und sie in Äcker verwandeln.<br />
Deshalb verlangen sie, dass festgelegte Mindestpreise<br />
eingeführt werden.<br />
setzen, sowohl in Bulgarien als auch im Ausland»,<br />
meint Metodi Portev sichtlich bekümmert.<br />
Mittlerweile bringe seine Genossenschaft rund<br />
50 Prozent der Ernte als Tafelobst auf den Markt.<br />
Auch Metodi Portev muss in die Zukunft<br />
seiner Genossenschaft investieren und neue<br />
Ausrüstung erwerben. Woher er das Geld nehmen<br />
soll, weiss er allerdings nicht.<br />
Anders ergeht es der in der Nähe liegenden<br />
Vinprom Peshtera AD. «Die Ernte ist extrem<br />
gut – die Trauben weisen einen hohen<br />
Zuckergehalt auf. Zweites Jahr in Folge werden<br />
wir rund 40’000 Tonnen verarbeiten. Wir<br />
verfügen über 1’500 Hektar, die während der<br />
diesjährigen Traubenlese zu 70 Prozent erntereif<br />
werden. Den Rest werden wir von den<br />
über 100 Weinbauern, mit denen wir im voraus<br />
Verträge abgeschlossen haben und die<br />
von uns gefördert werden, kaufen», sagte der<br />
Geschäftsführer des Unternehmens, Ivan Papasov.<br />
Auch die Vinprom Karnobat OOD wird in diesem<br />
Jahr eine ausserordentlich gute Ernte<br />
einfahren. Die Firma bearbeitet seit fünf Jahren<br />
1’500 Hektar eigene Weinberge. Zum<br />
zweiten Mal wird man die Sorte Vionnier einbringen<br />
und zum ersten – die Sorte Semillon.<br />
«<strong>2009</strong> wird eins der besten Weinjahre sein,<br />
doch werden die hohen Erträge oft ein Grund<br />
für eine grössere illegale Produktion von Weinen<br />
und Schnäpsen. Dies zusammen mit der<br />
Krise wirkte sich ernsthaft auf unsere Verkäufe<br />
aus», kommentierte Geschäftsführerin Desislava<br />
Nikolova.<br />
Wie der Vorsitzende der NLWK, Plamen Mollov,<br />
erwartet, sollten die Winzer in diesem Jahr<br />
mit keinem Gewinn rechnen. Trotzdem müsse<br />
man die Perspektive wahren, dass die Produktion<br />
der Weinbauern abgekauft werde. Laut<br />
seinen Prognosen wird nur 30 Prozent der<br />
Traubenernte in diesem Jahr nicht von den legalen<br />
Weinherstellern gekauft werden. Andere<br />
Experten meinen, dass dieser Wert sich auf 70<br />
Prozent belaufen könne und dass der Rest in<br />
den grauen Sektor fliessen werde.<br />
(Quelle: Bulgarisches Wirtschaftsblatt,<br />
Sofia, August <strong>2009</strong>)<br />
Ami du Vin 3/09