Rassismus Report 2004 - Zara
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Seite 40 Jahresberichte einzelner Organisationen <strong>Rassismus</strong> <strong>Report</strong> <strong>2004</strong><br />
auf. Nach zwei Stunden wird sie schließlich aufgrund sichtbarer Erschöpfung von ihrer Vorarbeiterin nach Hause entlassen.<br />
Ihr Küchenchef war nicht da. Frau K. bleibt nun, wie ärztlich verordnet, die restliche Dauer des Krankenstands<br />
zu Hause und erscheint erst danach wieder zur Arbeit. Dort erwartet sie schon ihr Küchenchef mit einem Schriftstück,<br />
welches sie unterschreiben soll. Frau K. erwidert, dass sie nicht wisse, warum sie den Betrieb verlassen solle, sie hätte ja<br />
nichts Unrechtes getan. Daraufhin meinte der Küchenchef: „Unterschreib und geh!“ Ohne den Inhalt des Schriftstücks<br />
zu kennen, unterschreibt Frau K. und verlässt den Betrieb. Sie wendet sich an uns. Als wir erklären, dass sie eine einvernehmliche<br />
Lösung des Arbeitsverhältnisses unterzeichnet hat und somit keine Ansprüche daraus erwachsen, ist sie<br />
über die Vorgehensweise schockiert. Wir gehen mit ihr zur Arbeiterkammer, um diese schon öfter aufgetretenen Fälle<br />
zu schildern und die fatale Ausnützung dieser rechtlichen Möglichkeit durch den Arbeitgeber aufzuzeigen.<br />
Ein absolut identischer Fall (siehe voriger Fall, Frau K.) wird uns einen Monat später von Frau S.,<br />
Österreicherin afrikanischer Herkunft, berichtet, die aufgrund ihrer schweren Gebärmutteroperation längere Zeit<br />
in Krankenstand war und angerufen worden ist, eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu unterschreiben,<br />
da man ihre Krankheit nicht dulde. Unwissend über ihre arbeitsrechtlichen Rechte, unterzeichnete Frau S.<br />
dieses Schriftstück.<br />
Es wird uns berichtet, dass eine hochschwangere Österreicherin mit schwarzer Hautfarbe in der Nacht<br />
in der Küche der „Goldenen Drei Kugeln“ arbeiten müsse. Außerdem sei man in diesem Betrieb gezwungen, ohne<br />
Ruhepausen zu arbeiten, andernfalls würde mit Entlassung gedroht. Wir informieren das Arbeitsinspektorat.<br />
Herr A., Österreicher italienischer Herkunft, arbeitet seit vier Monaten in der Küche der „Goldenen Drei<br />
Kugeln“. Er beobachtet schon einige Zeit, dass der Küchenchef sich einer Kollegin auf unsittliche Art nähert. Herr A.<br />
geht zum Küchenchef, um ihr zu Hilfe zu kommen, und sagt zu ihm: “Bei uns ist solch ein Verhalten verboten. Das ist<br />
sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.“ Der Küchenchef sieht ihn an und lacht. Am nächsten Tag holt der Küchenchef<br />
Herrn A. zu sich und überreicht ihm einen Vertrag über die einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses (wie<br />
in den vorhergehenden Fällen). Herr A. unterfertigt diesen, da er in einem solchen Betrieb nicht arbeiten will und<br />
verzichtet bewusst auf seine Rechte. Er teilt uns die Vorfälle mit, um die Missstände in den „Goldenen Drei Kugeln“<br />
aufzuzeigen.<br />
Herr A., aus Nigeria stammend, muss seinen Führerschein aus der Heimat aufgrund der österreichischen<br />
Verordnung umschreiben, sowie eine praktische wie auch theoretische (Computertest) Prüfung in Österreich ablegen.<br />
Da er in seinem Heimatland LKW-Fahrer war, will er seinen Beruf in Österreich weiter ausüben. Den praktischen Teil<br />
absolviert er ohne Probleme. Beim Computertest begleitet ihn eine Dolmetscherin, die ihm die Fragen übersetzt.<br />
Durch die nötige Übersetzung ist die Reaktionszeit von Herrn A. aber viel zu lange. Er erklärt dies dadurch, dass<br />
ihm die Fragen auf Englisch und nicht in seiner Muttersprache gestellt wurden. Die anwesende Psychologin sagt zur<br />
Dolmetscherin: „Die haben sowie so ein schlechtes Reaktionsvermögen!“ und stellt Herrn A. ein negatives verkehrspsychologisches<br />
Gutachten aus. Herr A. kann zu diesem Test erst in einem Jahr wieder antreten, was auch mit erheblichen<br />
Kosten verbunden ist. Die Dolmetscherin wendet sich an uns und erzählt den Sachverhalt. Als wir dagegen<br />
protestieren wollen, winkt Herr A. ab, da er Angst hat, den Führerschein nicht zu erhalten. Wir versuchen ein privates<br />
Gutachten erstellen zu lassen, auch das möchte Herr A. aber nicht, da dazu ein Gerichtsverfahren nötig wäre.<br />
Herr M., aus Senegal stammend, wendet sich an uns, da er ähnliche Probleme (siehe Herr A., vorhergehender<br />
Fall) mit dem verkehrspsychologischen Gutachten hat. Er ist schon drei Mal angetreten, hat dementsprechende<br />
Gebühren entrichten müssen und wartet nun seit zwei Jahren auf seinen österreichischen Führerschein. Er<br />
besaß ebenfalls seit Jahren einen Führerschein in seinem Heimatland und war LKW-Fahrer. Er würde jederzeit eine<br />
Arbeit in Graz finden, jedoch nicht ohne Führerschein. Er meint, ihm kommt es vor, als wolle man Afrikanern keinen<br />
Führerschein ausstellen, ansonsten kann er sich das ganze Prozedere in diesem Land nicht erklären. Aufgrund dieser<br />
Fälle beschließen wir, mit den zuständigen Behörden zu reden. Lösungen sind jedoch nicht in Aussicht, da man sich<br />
„strikt an das Gesetz halte“. Herr M. ist mittlerweile nach England ausgewandert, dort ist sein Führerschein ohne<br />
zusätzliche Prüfungen gültig.<br />
Wir werden vom Franziskushaus darüber verständigt, dass ihren jugendlichen betreuten Asylwerbern mit<br />
der Begründung „Asylwerber dürfen nicht rein!“ der Zutritt in das Lokal „WON“ verweigert wird. Der Geschäftsführer<br />
reagiert telefonisch auf unseren Beschwerdebrief: sein Lokal sei multikulturell, nur „Strizzis lasse man nicht rein“. Wir<br />
informieren das Franziskushaus über das Telefonat und über die Möglichkeit einer Anzeige.<br />
Wir werden von einer aus Bosnien stammenden Mutter darüber verständigt, dass ihr Sohn in seiner<br />
Schule von Mitschülern ständig als „Jugo“ beschimpft und von der Klassengemeinschaft ausgeschlossen wird. Wir