Rassismus Report 2004 - Zara
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Seite 42 Jahresberichte einzelner Organisationen <strong>Rassismus</strong> <strong>Report</strong> <strong>2004</strong><br />
wieder eine Maßnahmenbeschwerde einbringen. Er stellt sich aber die berechtigte Frage nach der Effizienz einer solchen<br />
Beschwerde und tritt mit der Geschichte an die Medien. Wir bemühen uns um einen Termin bei der Polizei. Dort<br />
wird uns erklärt, dass diese Vorgehensweise sowohl der Abschreckung von Drogendealern als auch der Verfolgung von<br />
Verdachtsmomenten dient. Es wird vereinbart, die Vorgehensweise der BeamtInnen zu prüfen und einen Kompromiss<br />
zu finden.<br />
Wir erhalten Meldung über folgenden Vorfall: Zwei Polizeibeamte stoppen einen schwarzhäutigen<br />
Jugendlichen, der gerade auf seinem Fahrrad unterwegs ist. Er muss seine Schuhe und Socken ausziehen und den<br />
Inhalt seiner Hosentaschen zur Kontrolle vorzeigen. Es wird eine komplette Leibesvisitation durchgeführt. Schließlich<br />
lassen ihn die Beamten seinen Weg fortsetzen. Der Zeuge ist sich sicher, dass die Kontrolle nur vorgenommen wurde,<br />
da der Junge aufgrund seiner Hautfarbe „verdächtig“ erschien. Eine Nachfrage bei der Polizei ergibt, dass in einem<br />
nahen Park zu dieser Zeit eine Razzia durchgeführt wurde.<br />
Herr O., Asylwerber mit dunkler Hautfarbe, versucht eine Saisonarbeit im ländlichen Gebiet zu finden.<br />
Die interessierten Landwirte sind in einer Broschüre aufgelistet. Nachdem er lange zu Fuß unterwegs war und die<br />
sommerliche Hitze ihn durstig macht, klopft er bei einem Haus an. Ein älterer Mann öffnet die Tür. Als Herr O. auf<br />
Englisch nach einem Glas Wasser fragt, knallt dieser die Tür zu. Enttäuscht und durstig geht Herr O. weiter, nach<br />
15 Minuten hält ein Polizeiauto neben ihm an. Die Polizeibeamten springen aus dem Wagen, stürzen sich auf ihn<br />
und legen ihm Handschellen an. Dann transportieren sie ihn zur Wachstelle. Dort wird Herr O. bis in die Nacht<br />
vernommen und im Beisein einer Polizeibeamtin entblößt. Herr O. weiß nicht, was man ihm vorwirft. Nachdem die<br />
BeamtInnen nichts zu finden schienen, lassen sie ihn gehen. Herr O. kommt zu uns und berichtet uns darüber. Wir<br />
fragen bei der Wachstation nach. Zwei Monate später erhält Herr O. eine Ladung als Zeuge, da wegen des Vorfalls ein<br />
Untersuchungsverfahren gegen die BeamtInnen eingeleitet wurde.<br />
Es wird hier deutlich, dass die Sensibilisierung der Polizeibeamten mehr forciert werden sollte, da sie aufgrund<br />
ihrer täglichen Arbeit sehr viele negative Erfahrungen mit MigrantInnen machen und einige dann zu<br />
Pauschalverurteilungen neigen. Dies wird besonders bei Personenkontrollen deutlich, bei denen unverhältnismäßig<br />
viele Personen mit schwarzer Hautfarbe kontrolliert werden.<br />
Herr H., dunkelhäutig, ist in der Grazer Innenstadt auf der Suche nach einem Geschenk für seine Frau. Als<br />
er die Brücke zum Südtirolerplatz überqueren will, halten ihn zwei Polizeibeamte auf und fragen nach seinem Pass. Er<br />
zeigt das geforderte Dokument sofort vor. Sie fordern ihn auf, in eine Seitengasse mitzukommen. Herr H. erschrickt<br />
und fragt, warum dies notwendig ist. Sie wollen sich nicht erklären, sondern fordern ihn auf, ihnen zu folgen. Als Herr<br />
H. geschockt stehen bleibt, drückt ihn einer der Beamten fest am Oberarm und zerrt ihn in die vorgesehene Richtung.<br />
Herr H. greift nach der Hand des Polizeibeamten, um ihm zu verstehen zu geben, dass er loslassen solle, da es weh tut.<br />
Dies versteht der Beamte aber falsch, dreht ihm die Hand nach hinten und legt ihm Handschellen an. Herr H. wird ins<br />
Wachzimmer gebracht und erhält einige Tage später eine Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und<br />
ungebührlichen Verhaltens. Wir legen Einspruch ein, es wird jedoch negativ entschieden.<br />
Mit diesem Fall wird klar, dass insbesondere AfrikanerInnen wahnsinnige Angst vor der Polizei haben, da<br />
auch sie sehr viele schlechte Erfahrungen machen mussten und aus einer banalen Polizeikontrolle Probleme<br />
erwachsen können. Deshalb wäre ein höflicheres Auftreten der Exekutive von immenser Bedeutung, um auch<br />
Missverständnissen vorzubeugen und nicht den Eindruck zu erwecken, dass man „was Böses im Schilde führe“.<br />
Außerdem ist Aufklärung der MigrantInnen über ihre Rechte und Pflichten bei Polizeikontrollen nötig.<br />
Wir sind vom Elternverein sowie LehrerInnen einer Schule eingeladen worden, über unsere<br />
Diskriminierungsarbeit zu referieren. Der Anlass dafür war, dass eine Gruppe von Schülern als Übergangslokal nach<br />
dem baldigen Maturaball das „Eastside“ ausgewählt hatte und andere SchülerInnen damit ein Problem hatten, da<br />
zwei Mitschüler dunkelhäutig waren und nicht in ein Lokal gehen wollten, von dem bekannt ist, dass keine Ausländer<br />
hinein dürfen. Nach unserem Referat beginnt eine hitzige Diskussion. Die eine Gruppe der Schüler vertritt vehement<br />
die Meinung, dass „Ausländer“ in Österreich nichts verloren hätten. Wir können den Konflikt in den beiden Klassen<br />
nicht lösen, der Widerstand der „Eastside“-Befürworter wächst mit jedem Wort, da sie glauben, wir wollten sie „zur<br />
Toleranz bekehren“. Wir fügen als Letztes hinzu, dass man eigentlich erst begreift, was Diskriminierung bedeutet,<br />
wenn man es selbst erfährt und hilflos dasteht. Nach zwei Wochen ruft uns der Klassenvorstand an und berichtet<br />
uns über die getroffene Entscheidung. Man hat sich auf ein anderes Lokal geeinigt, da einer der Schüler, die nicht<br />
vom „Eastside“ ablassen wollten, am Wochenende seine Haare schwarz gefärbt hatte und ihm als Stammgast dann<br />
der Zutritt zum Lokal verwehrt wurde, da er „aussehe wie ein Ausländer“. Somit wurde auch ein Mehrheitsösterreicher<br />
zum Opfer der Diskriminierungspolitik des „Eastside“.