Rassismus Report 2004 - Zara
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Seite 50 <strong>Rassismus</strong> & Wirtschaft <strong>Rassismus</strong> <strong>Report</strong> <strong>2004</strong><br />
Schwerpunkt-Thema <strong>Rassismus</strong> & Wirtschaft<br />
Zahlt sich <strong>Rassismus</strong> in der Wirtschaft aus?<br />
Vielen internationalen Unternehmen wird rassistischer Imperialismus vorgeworfen. Denn ihre Produktionsstätten sind<br />
in Niedriglohnländer ausgelagert, in Länder, in denen die Arbeitsbedingungen bei weitem nicht „unseren“ Standards<br />
entsprechen, in denen Kinderarbeit gang und gäbe ist, in denen – vor allem Frauen – bei der Verrichtung ihrer<br />
Arbeit lebensgefährlichen Bedingungen ausgesetzt sind. Über Medien erreichen uns immer wieder irgendwelche<br />
Schauergeschichten über Hallen, in denen Fließbandarbeit unter tropischen Temperaturen über 12 Stunden hinweg<br />
verrichtet werden muss, über den ungehemmten Pestizideinsatz in der Blumenproduktion, der zu Unfruchtbarkeit<br />
der ArbeiterInnen führt etc. Und dann denken wir eine Zeit lang über unser Konsumverhalten nach, versuchen<br />
fair gehandelte Schuhe, Kaffee und Blumen zu kaufen – und vergessen das Ganze dann wieder, bis zur nächsten<br />
Kampagne von Clean Clothes (Webtipp siehe unten).<br />
Global gesehen zahlt sich <strong>Rassismus</strong> derzeit also sehr wohl aus. Denn grundsätzlich konsumiert der/die westliche<br />
KonsumentIn trotz einiger Gewissensbisse diese unfair erzeugten Waren, die Konzerne profitieren davon und denken<br />
gar nicht daran, ihre Strategie zu ändern. Corporate Social Responsibility (CSR) wird zwar zunehmend wichtiger, aber<br />
bis es soweit ist, dass es als Werbestrategie ebenso hoch bewertet wird wie der Preis, wird wohl noch einige Zeit<br />
vergehen.<br />
Und wenn es schon thematisiert wird, dann beschränkt sich das Thema fair (be)handeln in der Wirtschaft meist auf<br />
die Produktionsstätten in fernen Ländern. Wie sieht es eigentlich in Österreich aus? Wie geht es in österreichischen<br />
Klein- und Mittelunternehmen zu, die den Hauptteil der österreichischen Unternehmenslandschaft ausmachen und<br />
die keinen Druck ihrer international tätigen Konzernmütter haben, sich des Themas CSR zumindest in Form eines<br />
Leitbildes anzunehmen? Bei uns gibt es zwar recht umfassende arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen, die menschenunwürdige<br />
Arbeitsbedingungen verbieten, aber das heißt noch lange nicht, dass es keinen <strong>Rassismus</strong> am österreichischen<br />
Arbeitsmarkt gibt. Und wir haben zwar seit Sommer <strong>2004</strong> eine neue Gleichbehandlungsgesetzgebung,<br />
die Diskriminierungen aus Gründen der ethnischen Herkunft und der Religion Einhalt gebieten soll, aber <strong>Rassismus</strong><br />
ist nicht so einfach durch Gesetze zu fassen und kann auch nicht so einfach verboten werden.<br />
Rassistische Diskriminierung am Arbeitmarkt gibt es und sie passiert täglich, ob sich das nun in schlechteren<br />
Arbeitsbedingungen, schlechterer Bezahlung, größeren Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche, Nichtanerkennung ausländischer<br />
Studienabschlüsse oder auch durch Mobbinghandlungen von MitarbeiterInnen ausdrückt. Ein Teil davon<br />
wird sich unter Umständen nicht mehr lange auszahlen, weil die Betroffenen sich nun dagegen wehren und auch<br />
Schadenersatz einklagen können. Aber Rechtsdurchsetzung ist immer auch eine Beweisfrage und viele Menschen<br />
haben schlicht und einfach Angst, ihren Job zu verlieren.<br />
Warum gibt es überhaupt <strong>Rassismus</strong> am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft? Es ist mittlerweile erwiesen, dass sich<br />
Mobbing und andere Formen von Belästigung am Arbeitsplatz betriebswirtschaftlich nicht rechnen. Und es ist vorhersehbar,<br />
dass alle Formen innerbetrieblicher Diskriminierungen bald als produktivitätsmindernde Faktoren erkannt<br />
werden. Aber es gibt für Unternehmen auch immer die KundInnenseite: dass ihre Wünsche zu den wichtigsten<br />
Faktoren für Unternehmensstrategien zählen ist klar. Und allein die Annahme, dass KundInnen etwas dagegen haben<br />
könnten, wenn sie zum Beispiel von kopftuchtragenden Frauen bedient, beraten, „beputzt“ etc. werden, ist für viele<br />
UnternehmerInnen Grund genug, keine kopftuchtragenden Frauen einzustellen. Allein die Annahme, dass „schwarze“<br />
Hände den Verkauf von „weißem“ Brot mindern könnten, ist ein Grund für eine Bäckerei, kein dunkelhäutiges<br />
Personal einzustellen. Die meisten probieren es aber gar nicht aus, denn die selbstverordnete Rücksichtnahme auf<br />
Gäste, KäuferInnen und andere KundInnen ist eine perfekte Legitimierung für rassistisches UnternehmerInnendenken.<br />
Eine Ausrede, der eine durchwegs rassistische Gesellschaft natürlich Argumentationshilfe leistet. Weil: ganz unrecht<br />
haben die UnternehmerInnen natürlich nicht mit ihren Befürchtungen.<br />
Aber es ist definitiv einen Versuch wert, <strong>Rassismus</strong> hintanzustellen. Es ist definitiv einen Versuch wert, kopftuchtragende<br />
Frauen, turbantragende Sikhs oder Menschen mit dunkler Hautfarbe einzustellen, damit ein Signal zu setzen<br />
für eine sich wandelnde Gesellschaft und dem eigenen Unternehmen damit ein Profil zu geben. Und es ist definitiv<br />
einen Versuch wert, sich endlich einmal mit den Kompetenzen von Menschen mit migrantischem Hintergrund auseinander<br />
zu setzen, diesen nicht immer nur als Nachteil zu sehen, sondern Sprachkompetenzen und Sozialkompetenzen,<br />
die mit einer anderen als der Mehrheitsherkunft verbunden sind, anzuerkennen und deren realen Wert ganz realistisch<br />
zu sehen. Denn lange wird sich <strong>Rassismus</strong> nicht mehr rechnen, dazu wandelt sich unsere Gesellschaft zu sehr.<br />
Lange werden Unternehmen, die diesen Wandel verschlafen, damit nicht mehr erfolgreich sein können.<br />
Mehr zum Thema: www.cleanclothes.at<br />
Katrin Wladasch, Juristin und Politologin und Vorstandsmitglied von ZARA