Wohnen im Alter - GIT Verlag
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Praxisbeispiel Pflegehe<strong>im</strong><br />
Königshöhe<br />
Das gerontopsychiatrische Pflegehe<strong>im</strong> Königshöhe<br />
in Dettingen bietet älteren pflegebedürftigen,<br />
psychisch erkrankten Menschen Betreuung und<br />
pflegerische Versorgung an. Der Schwerpunkt<br />
liegt dabei auf der Versorgung von Menschen<br />
mit Demenzerkrankungen (segregative Betreuungsform).<br />
Dieser Ansatz zeichnet sich durch<br />
eine räumliche und pflegeorganisatorische Trennung<br />
von dementiell Erkrankten und geistig<br />
rüstigen, somatisch Pflegebedürftigen aus. Beide<br />
Gruppen haben unterschiedliche Bedürfnisse<br />
hinsichtlich der Gestaltung der Wohnbereiche<br />
und des Kommunikationsstils.<br />
Eine Ruheinsel für „Läufer“<br />
Gemeinschaftlich mit der WIBUGruppe wurden<br />
und werden umfangreiche Umbauarbeiten<br />
durchgeführt. „Für uns war vor allem wichtig,<br />
dass wir den Umbau unserer Einrichtung professionell<br />
mit einen Team durchführen konnten,<br />
das auch unserem Leitgedanken, dass jeder<br />
Mensch das Recht auf seine menschliche Würde<br />
hat und auch dementiell erkrankte Menschen<br />
einen angemessenen Lebensraum benötigen,<br />
folgen konnte!“, so Jörg Scheika, He<strong>im</strong>leiter des<br />
Pflegehe<strong>im</strong>s Königshöhe. Im Team wurden die<br />
Einrichtungskonzepte entwickelt, und es entstanden<br />
sogar neue Produkte wie die Ottomane.<br />
Diese Liegesessel bieten den Bewohnern die<br />
Möglichkeit, sich nach endlosen Laufrunden<br />
hinlegen zu können und auch in der belebten<br />
Atmosphäre schlafen zu können.<br />
Bei der Gestaltung dieser Ottomane hat das<br />
Einrichtungsteam darauf geachtet, dass ein Bezugsstoff<br />
gewählt wurde, der dem früher verwendeten<br />
Verarbeitungsstoff „Ottoman“ optisch<br />
und haptisch nahe kommt. So wird das Sitzmöbel<br />
von den sog. „Läufern“ gerne als Ruhemöglichkeit<br />
angenommen. „Da wir als zukunftsorientierte<br />
Einrichtung uns dem stetigen<br />
Gesellschaftswandel stellen müssen, bauen wir<br />
in unserer Einrichtung permanent um. Wir orientieren<br />
uns an den neuesten Trends und erarbeiten<br />
dann mit dem Objekteinrichter neue<br />
Einrichtungsansätze“, so Jörg Scheika.<br />
Professionelle Ausstattung und die<br />
Kleinigkeiten des Alltags<br />
Das Pflegehe<strong>im</strong> legt großen Wert darauf, dass<br />
das zwischenmenschliche Milieu (Grundhaltung<br />
und Kommunikation), die Bereiche Organisation<br />
(Abläufe, Prioritäten, Zuständigkeiten)<br />
und die Architektur auf die Bedürfnisse der<br />
dementen Bewohner ausgerichtet sind. Das pr<strong>im</strong>äre<br />
Ziel dabei ist es, die größtmögliche Lebensqualität<br />
für die Bewohner durch Individualität,<br />
Flexibilität, Überschaubarkeit und<br />
Familiarität zu erreichen.<br />
Unzählige herumliegende Dinge ermöglichen<br />
es den Bewohnern, ihren Sammeltrieb auszuleben.<br />
Mit Puppen und Plüschtieren werden<br />
Kinder in Verbindung gebracht, die es zu beschützen<br />
und versorgen gilt. Blumentöpfe und<br />
Bü cher gilt es zu sichern und neu zu positionieren.<br />
Gegenstände aus der „alten Zeit“ machen<br />
das Einrichtungskonzept erst komplett.<br />
Schränke, Nähmaschinen, Radios, Bilder aus<br />
Jugendzeiten der Bewohner stellen einen ganz<br />
klaren Wiedererkennungswert dar. Auch hier<br />
ist es aus der Sicht der He<strong>im</strong>leitung wertvoll,<br />
wenn der Objekteinrichter auf ein spezielles<br />
Sort<strong>im</strong>ent solcher Gegenstände zurückgreifen<br />
kann.<br />
Im Rahmen der täglichen Beschäftigungsgruppen<br />
in den Wohnbereichen stehen alle erdenklichen<br />
Utensilien zur Auswahl, um themenspezifisch<br />
arbeiten zu können. Das betrifft<br />
einerseits den hauswirtschaftlichen Bereich,<br />
wie z. B. Backzubehör, Waschbrett, Glockenstampfer<br />
und Wäscheständer oder Bügelbrett<br />
und Bügeleisen. Für handwerklich Interessierte<br />
steht eine Werkbank zur Verfügung. Bälle,<br />
Brett und Kegelspiele dienen ebenfalls der Erhaltung<br />
unterschiedlicher Fähigkeiten.<br />
Aufbau und Struktur<br />
Das He<strong>im</strong> Königshöhe versorgt die Bewohnerinnen<br />
und Bewohner auf kleinen übersichtlichen<br />
Wohnbereichen (14, 18, 23 Bewohner).<br />
Jede Wohneinheit verfügt über einen eigenen<br />
Speisebereich, welcher als Wohnküche gestaltet<br />
ist. So ist es für die Bewohner möglich,<br />
kleinere Zuarbeiten für die Küche zu übernehmen<br />
– etwa Kartoffeln schälen oder Gemüse<br />
putzen – und so an den Aktivitäten des täglichen<br />
Lebens teilzuhaben. Höchstens vier Tische<br />
in jeder Wohnküche sichern eine gesellige,<br />
gemütliche und ruhige Umgebung während<br />
der Mahlzeiten. Zusätzliche Aufenthaltsbereiche<br />
sorgen für Entspannung und Ruhe. Zudem<br />
ermöglichen sie bei Bedarf den individuellen<br />
Rückzug. Kleine Gemeinschaftsräume<br />
wie ein „Therapiez<strong>im</strong>mer“, Lese und Beschäftigungsecken<br />
dienen der gezielten St<strong>im</strong>ulation.<br />
Bei ausreichender Beleuchtung wurde darauf<br />
geachtet, dass keine Schattenbilder entstehen<br />
und spiegelnde Flächen vermieden werden.<br />
Foto: WIBU-Gruppe<br />
„kleine nischen“ mit wohnlichen, nostalgischen<br />
Elementen<br />
Eine Ruheinsel für „läufer“<br />
Titelstory/Wohnkonzepte<br />
Frei zugängliche Flächen, z. B. Räume und<br />
Wege, geben den Bewohnern innerhalb und<br />
außerhalb des Hauses nie das Gefühl, in einer<br />
geschlossenen Einrichtung zu leben. Jeder Bereich<br />
verfügt über einen eigenen ebenerdigen<br />
Rundwanderweg, der das zugehörige Gartengelände<br />
durchzieht. An mehreren Seiten des<br />
Hauses führt dieser Weg ins Innere und ermöglicht<br />
es krankheitsbedingt unruhigen Bewohnern,<br />
entsprechend ihrem erhöhten Bewegungsbedarf<br />
sich ohne Beeinträchtigung<br />
ausgiebig zu bewegen. Durch diese Gestaltung<br />
kommt der Bewohner <strong>im</strong>mer zum Ausgangspunkt<br />
zurück. Die Außenanlagen sind als Sinnesgärten<br />
konzipiert und Teil der therapeutischen<br />
Arbeit. Zahlreiche Bänke laden an zwei<br />
Wasserspielen zum Verweilen ein.<br />
Aus gerontologischer und architektonischer<br />
Sicht stehen drei Aspekte <strong>im</strong> Mittelpunkt aller<br />
Planungen: die Funktionalität, Ästhetik und<br />
Wirtschaftlichkeit. Erfahrene Objekteinrichter<br />
erarbeiten zusammen mit den Innenarchitekten<br />
und der He<strong>im</strong>leitung ein auf die Praxis<br />
und spezifische Bedürfnisse maßgeschneidertes<br />
Wohnkonzept. Dem Bewohner soll<br />
durch die neuen räumlichen Elemente ein Gefühl<br />
von Sicherheit und Orientierung vermittelt<br />
werden. Durch die Mischung von Privatheit<br />
und Kommunikation kann man der Angst und<br />
Isolation positiv entgegenwirken.<br />
kontakt:<br />
Jörg scheika, Gerontopsychiatrisches<br />
he<strong>im</strong> königshöhe<br />
BruderhausDiakonie, Dettingen/Erms<br />
joerg.scheika@bruderhausdiakonie.de<br />
Sabine Wegmann, WIBU Gruppe<br />
pr-objekt@wibu-gruppe.de<br />
www.wibu-gruppe.de<br />
medAmbiente 2 · 2009 13<br />
Foto: WIBU-Gruppe