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Wohnen im Alter - GIT Verlag

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eits 2001 haben Sie sich bei einem Projekt mit<br />

dem Thema befasst. Welche Formen des <strong>Wohnen</strong>s<br />

sieht dieses Demenzhaus vor – und wie<br />

werden sie durch Ihr architektonisches Konzept<br />

unterstützt?<br />

>>Axel Gutzeit: Dieses unserer Meinung<br />

nach erste größere Haus konnten wir <strong>im</strong> Jahr<br />

2001 an den Markt bringen. Es hatte jedoch<br />

eine lange Vorlaufzeit. Wir fingen ca. 1995 an,<br />

uns mit diesem Thema zu beschäftigen, und<br />

zur damaligen Zeit redete, außer in besonderen<br />

Institutionen, niemand von Demenz. Die Sozialminister<br />

hatten dieses Problem erfolgreich<br />

jahrelang unter den Teppich gekehrt. Wir bedienten<br />

uns eines leitenden Arztes aus der<br />

Geriatrie, einer Krankenschwester aus der<br />

Demenzpflege und eines Sozialpädagogen (der<br />

damalige Leiter der Berlin­Brandenburgischen<br />

Alzhe<strong>im</strong>ergesellschaft), um dichter an dieses<br />

für uns sehr interessante Thema heranzukommen.<br />

>> Welche Kriterien haben Sie aus dieser Zusammenarbeit<br />

abgeleitet?<br />

>>Axel Gutzeit: Wir hatten zwei Kriterien<br />

nach unseren mündlichen Erfahrungen: Wir<br />

wollten konsequent ein großes Haus planen,<br />

denn wir waren entgegen der damals herrschenden<br />

Lehre gegen kleine, privat geführte<br />

Gruppen von ca. sechs bis acht Menschen in<br />

Wohnhäusern. In Holland nannte man das<br />

Hoff‘se, in Frankreich Cantou. Wir planten also<br />

ein Haus mit 14 Wohngruppen für 8 bis 12 an<br />

Demenz erkrankte Menschen. Zur damaligen<br />

Zeit – wir wussten das nicht anders – war es<br />

wichtig für uns, kleine Wohnungen für 8 bis 12<br />

Menschen in einem sogenannten Wohnhaus<br />

unterzubringen. Da wir unsicher waren – es<br />

gab keine Erfahrungen –, haben wir unterschiedliche<br />

Wohngruppen geplant: runde, kompakte<br />

und lang gestreckte Wohngruppen mit<br />

unterschiedlichen Einrichtungsmöglichkeiten,<br />

mit unterschiedlichen Ganglängen und Ganggebilden.<br />

Als das Haus stand, zeigten wir<br />

dieses Haus der Leiterin des Evangelischen<br />

Ger iatriezentrums, Frau Prof. Steinhagen­Thießen,<br />

die dem Haus Qualität sowohl in der Ausstattung<br />

als auch in der Formgebung der<br />

Grundrisse zusprach. Auch der zuständige<br />

Sozial pädagoge bestätigte uns gerade, dass die<br />

Wohgruppen selbst nach sechs Jahren auch in<br />

der jetzigen Praxis <strong>im</strong>mer noch funktionieren.<br />

>> Der Außenbereich spielte bei dem Projekt ja<br />

eine große Rolle – wo liegen hier die Besonderheiten?<br />

>>Axel Gutzeit: Der Außenbereich spielt eine<br />

große Rolle, nicht nur unserer Meinung nach.<br />

Angelegt war das Gelände aufgrund unserer<br />

konsequenten Ausrichtung auf Oberflächenversickerung<br />

des Regenwassers sowohl vom Dach<br />

als auch vom Gelände mit zwei kleinen flachen<br />

Teichen <strong>im</strong> Inneren (Atrium) und auch <strong>im</strong> Äußeren<br />

der Anlage. Weiterhin war die Anlage<br />

gestreckt, ähnlich einer Reihenhaussiedlung,<br />

da diese Anlage in einer kleinen Stadt in Brandenburg,<br />

Nähe Berlin, entwickelt wurde. In diesem<br />

Außenbereich entwickelten wir also mit<br />

dem Gartenarchitekten Hochbeete (für Rollstuhlfahrer)<br />

und pflanzten stark riechende<br />

Stauden an wie Lavendel, Pfefferminze, Salbei<br />

und Ähnliches. Die Wege waren in unterschiedlichen<br />

Oberflächen, um <strong>im</strong> Sommer barfuß<br />

gehend verschiedene Gefühle zu entwickeln,<br />

wie Mulch, Betonstein, Holz,<br />

Pflastersteine etc.<br />

>> Haben Sie aus den Erfahrungen mit diesem<br />

Projekt andere Herangehensweisen abgeleitet?<br />

Gehen Sie heute grundsätzlich anders an solche<br />

Objekte heran als damals?<br />

>>Axel Gutzeit: Unsere Erfahrungen in der<br />

Hauptsache sind folgende: In unserer damaligen<br />

Auffassung gingen wir von einer gewissen<br />

räumlichen Trennung der jeweiligen<br />

Wohngruppen aus. Diese Grundrisslösung ist<br />

etwas schwierig für den Betreiber. Die Kosten<br />

sind sicher etwas höher als normal – wir hoffen<br />

aber, da die Politik endlich erkannt hat,<br />

welche Bedeutung die Demenz in Deutschland<br />

hat, dass diese kompensiert werden können.<br />

Da die Betreiber heutzutage größere Einheiten<br />

wünschen, gehen wir auch mit unseren neuen<br />

Entwürfen darauf ein und haben hier andere<br />

Grundrisse entwickelt.<br />

>> Auch der Wandel bei den alten Menschen<br />

selbst verändert ja die Architektur?<br />

>>Axel Gutzeit: Die Entwicklung in der Altenpflege<br />

und vor allen Dingen in den Köpfen<br />

der sogenannten alten Menschen – wir sagen<br />

dazu 3. und 4. Lebensabschnitt – hat sich gewaltig<br />

gewandelt. Mit alten Menschen, die vor<br />

1918 geboren waren, konnten sie noch fast alles<br />

tun. Sie waren gewohnt, vieles hinzunehmen.<br />

Die älteren Menschen von heute jedoch<br />

leben länger, sind fitter und denken gar nicht<br />

daran, mit etwa 65 Jahren in ein Altenhe<strong>im</strong> zu<br />

gehen. Der Kunde für das sogenannte Betreute<br />

oder Service­<strong>Wohnen</strong> ist zwischen 78 und 85<br />

Jahren, trifft die Entscheidung selbst, und der<br />

Kunde für die Pflegeanlage ist durchschnittlich<br />

zwischen 85 und 95 Jahren, ist mult<strong>im</strong>orbid<br />

und trifft seine Entscheidung nicht mehr selbst.<br />

>> Sie haben gerade ein neues Projekt in Vorbereitung<br />

– eine Art „Reihenhaus­Projekt“. Würden<br />

Sie uns einmal das Konzept beschreiben?<br />

>>Axel Gutzeit: Den Grundriss hierfür haben<br />

wir für das Klientel zwischen 70 und 85<br />

Jahren entwickelt. Das Projekt ähnelt einer Reihenhausanlage,<br />

rund gebaut als Zwei­Z<strong>im</strong>mer­<br />

Einfamilienhäuser, nicht unterkellert mit einer<br />

sogenannten Rotunde für Freizeitbeschäftigungen,<br />

gemeinsames Kochen etc. Die erste<br />

Anlage dieser Art steht schon, und wir haben<br />

jetzt festgestellt, dass sich diese Form auch für<br />

die Schwerst­Demenz oder auch für Chorea­<br />

Architektur und Generationen<br />

Huntington eignet, und wir werden dieses Projekt<br />

hoffentlich noch in diesem Jahr anfangen.<br />

>> Preisbewusstes Bauen ist für Sie ein wichtiges<br />

Thema. Besteht hier nicht ein prekäres<br />

Spannungsfeld zwischen Qualität, dem Wünschenswerten<br />

und dem tatsächlich Machbaren<br />

und Bezahlbaren?<br />

>>Axel Gutzeit: Früher sprach man davon,<br />

dass man zwischen 45 und 50 m² Platz<br />

bräuchte. Bedingt durch Forderungen z. B. der<br />

Investoren, möglichst eine gute Rendite – z. B.<br />

heute wieder zwischen 6,5 bis 7,0 % – zu erzielen,<br />

und dem Betreiber, der für den Durchschnittsplatz<br />

möglichst nicht mehr als 15,– €<br />

pro Bett und Tag Investitionskosten bezahlen<br />

möchte, steckt man als Architekt in dieser<br />

Zwickmühle und muss sich überlegen, wie<br />

man die Kosten runterdrücken kann, ohne<br />

dass es an der Qualität mangelt. So sind wir<br />

be<strong>im</strong> Entwickeln von Projekten, die weniger<br />

als 45 m² Platz haben und möglichst sich der<br />

40­m²­Marke nähern.<br />

>> Wie wichtig sind Ihnen Farben und Licht.<br />

Beziehen Sie hier aktuelle Erkenntnisse der<br />

wissenschaftlichen Forschung mit ein?<br />

>>Axel Gutzeit: Wir halten Farben und Licht<br />

für ungeheuer wichtig für das Befinden der Bewohner<br />

einer Anlage oder für das Personal,<br />

was leider oft vergessen wird. Viele reden davon,<br />

wie wichtig dies ist, jedoch wollen Bauherren<br />

oder Betreiber selten dafür Geld in die<br />

Hand nehmen, um z. B. dem Architekten oder<br />

einem Innenarchitekten diese Aufgabe zu übergeben.<br />

Wir versuchen selbstverständlich, neue<br />

Erkenntnisse in unsere Arbeit einfließen zu<br />

lassen und dabei auch manchmal Tipps der<br />

Mitarbeiter von professionellen Betreibern zu<br />

verarbeiten.<br />

>> Herr Gutzeit, besten Dank für das Gespräch.<br />

kontakt:<br />

Axel Gutzeit<br />

Goodt<strong>im</strong>e Development GmbH, Berlin<br />

Tel.: +49(0) 30/42 02676<br />

Fax: +49(0) 30/42 026780<br />

ag@goodt<strong>im</strong>edevelopment.de<br />

www.goodt<strong>im</strong>edevelopment.de<br />

medAmbiente 2 · 2009 25

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