Anhang Masterarbeit - BSCW
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die Schüler merken es gar nicht, weil sie daran wachsen. Das ist sehr wertvoll.<br />
- Anfangs Jahr musste ich einen raustun, dem ich eine Telefonnummer in die Hände gedrückt habe und<br />
gesagt, er solle da anrufen. Ich habe zwei Monate lang eine Ausrede an der anderen bekommen warum<br />
er es noch nicht gemacht hat. Das ist dann auch so ein Punkt, wo das lösungsorientierte Denken ins<br />
Spiel kommt. Ich muss keine Ausreden haben, das interessiert mich nie. Die probiere ich möglichst gar<br />
nicht anzuhören, sondern sage ihm, du hattest einen Auftrag, wenn das nicht geht, dann melde dich<br />
vorher bei mir und nicht nachher. Vorher kann alles sein, wie geht’s? Keine Akku mehr, kein Geld auf<br />
dem Handy, dann schreibst du ein Mail. Es ist alles egal, dann suchen wir zusammen eine Lösung, aber<br />
nicht nachher, sondern vorher. Sie wissen das, wir arbeiten auch danach. Das ist für sie aber ganz<br />
schwierig umzusetzen. Da merke ich, dass das auch eine grosse Forderung ist, die ich will. Aber sie<br />
probieren das zum Teil schon.<br />
- Ich könnte jetzt die Zeit aufwenden mich mit diesen Eltern hinzusetzen. Für mich ist es aber wertvoller,<br />
wenn ich es schaffe, dass der Schüler das selber macht. Es wird ab und zu ein Schüler gegeben haben,<br />
der seinen Vater an einen neutralen Ort eingeladen hat, in ein Café und sagt, er müsse etwas mit dir<br />
besprechen, gehen wir am Samstagnachmittag irgendwo einen Kaffee trinken. So dass er den Rahmen<br />
vorgibt und er nicht sagt, er möchte eine Lehre machen, wenn es eskaliert, wenn sie schon Krach zu<br />
Hause haben. Sondern, dass sie irgendwo hingehen, wo der Vater auch nicht laut werden kann. Und<br />
dann Sätze formuliert wie „Papa, ich hab dich gern, aber ich brauche jetzt deine Unterstützung, weisst<br />
du, in der Lehre läuft das so in der Schweiz, ich möchte diese Lehre machen, das bringt mich weiter,<br />
dann habe ich diese Möglichkeiten. Das ist mein Ziel, dass sie anfangen für ihre Wünsche einzustehen...<br />
(I: Das ist aber schwierig für sie.) Ja, das ist es. Aber irgendwann müssen sie das, und ich will ihnen<br />
diese Arbeit nicht abnehmen.<br />
- Es muss so kommen, dass sie sagen, weisst du, jetzt brauche ich deine Hilfe. Und kein Vater wird<br />
sagen, wenn er meine Hilfe braucht, dann gebe ich sie ihm nicht. – Das hatte ich bis jetzt einmal. Dort<br />
ging es um eine Lösung, die 1200 Fr. im Jahr gekostet hätte, er hatte noch einen Tag Zeit, diese Lösung<br />
zu unterschreiben, fand dann aber, nein, das mache er nicht, 1200 Fr. seien zu viel. Er war aber der<br />
Stiefvater, sagt vielleicht auch noch etwas. – Es geht wirklich darum, die Schüler zu stärken.<br />
- Mir geht es schon darum, dass E. nach Hause geht und sagt, hei, das ist das was ich mache. Da<br />
müssen sie sich zu Hause auch eine Plattform schaffen, und den Eltern erklären, was sie eigentlich<br />
gerne möchten, für ihre Herzenswünsche einstehen.<br />
SLL Auftreten<br />
- Und bei diesem Mädchen... es ist etwas ganz, ganz einfaches, aber das merke ich auch als<br />
Lehrperson, dass es nicht mehr selbstverständlich ist, dass sie die Jacke ausziehen, die haben das<br />
Gefühl, sie könnten mit der dick gepolsterten Winterjacke werken, „sie ich habe kalt“, und das war bei<br />
diesem Mädchen ein Problem, dass sie einfach die Jacke nicht auszieht. Ich muss sagen, das sind<br />
Kleinigkeiten, aber diese Kleinigkeiten können dann eben dazuführen, dass jemand sagt, ich nehme<br />
dich nicht.<br />
- Das verrückte ist manchmal, dass ich denke, ich sehe, so behaupte ich von mir, noch relativ viel. Aber<br />
es gibt ganz viele Lehrpersonen, die das nicht sehen. Ich merke auch – ich sage so diese<br />
Tussitäschchen – die ziehen sie bei mir auch nicht mehr aus. So kannst du nicht arbeiten. Oder sie<br />
ziehen bereits schon die Jacke an, nehmen das Tussitäschchen raus zum Aufräumen. Das hat beim<br />
Aufräumen einfach nichts zu tun. Da muss ich sagen „Stopp“, wieder „jekami“, wir sind noch nicht am<br />
Gehen und jetzt wird zuerst noch die Arbeit fertig gemacht.<br />
LPL Selbstbewusstsein<br />
- Das hat alles gut funktioniert, es gab zumindest am Anfang keine Probleme. Und wenn die Schüler<br />
zurückkamen, haben sie berichtet was sie gemacht haben. Wenn sie berichtet hatten, hat man ihnen die<br />
Freude immer angesehen. Mich hat es vor allem gefreut – das läuft ja noch immer so, nur habe ich es<br />
am Anfang stärker erfahren von den Schülern – wie sie bestärkt wurden in ihren (?), auch wie sie<br />
versucht haben zu telefonieren, wie ihnen Mut gemacht wird für ihren Beruf oder wie sie in Situationen<br />
gebracht wurden, wo sie sich entscheiden sollten, wenn du etwas erreichen und Erfolge haben willst,<br />
dann musst du bereit sein zu verzichten.<br />
- Es ist wirklich so, dass man sie irgendwo hinbringen muss, hinstellen muss. Das führt dann zum Erfolg,<br />
alles andere hat keinen Sinn, das ist vergeudete Energie, du bist frustriert weil du immer wieder sagen<br />
musst, da warst du wieder nicht, und das hast du wieder nicht. Es ist immer wieder das gleiche und das<br />
demoralisiert sie. Das habe ich jetzt gelernt, im Grunde muss man es gar nicht versuchen. Es ist besser<br />
wenn man sagt, das, das, das und das.<br />
Auftreten<br />
- Es gab dann allerdings auch Schüler, die in der Lektion selbst so komische Sachen gemacht haben,<br />
dass sie dann erst gar nicht in Betracht kamen. Die entweder gemerkt haben, aha, hier ist jetzt<br />
irgendwie Schluss, ich muss jetzt etwas tun, oder die Schüler nehmen das nach wie vor nicht ernst.<br />
Dann hab ich gehört, „dann mach ich das eben nicht“. Das sind aber wirklich völlige Ausnahmen. Also<br />
von dieser Klasse sind es insgesamt eine Schülerin und zwei Schüler. Also der grösste Teil der Klasse,<br />
von den 11 Schülern – also die, die jetzt über längere Zeit krank waren, die konnten da nicht mehr<br />
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