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Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden

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fen und Diffamierungen als »Handlanger Moskaus« ausgesetzt gefunden.<br />

14<br />

Es wurde aus dem Bewußtsein der Menschen verdrängt, daß die deutsche<br />

Regierung den Überfall auf die UdSSR 1941 befohlen hatte. Diese<br />

Tatsache steht in engem Zusammenhang mit der apologetischen Behandlung<br />

des Krieges. Viele Westdeutsche waren der Ansicht, daß es sich um<br />

einen Verteidigungskrieg gegen den Bolschewismus gehandelt hatte. 15<br />

Hier wirkte zum Teil noch die alte Propaganda der NS-Zeit nach. Wette<br />

spricht von einem »in einen Abwehrkampf umgelogenen Angriffskrieg«.<br />

16 Die Folge war häufig eine Umkehrung der Kausalität der Verbrechen.<br />

Die völkerrechtswidrige Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen<br />

wurde somit, wenn sie überhaupt registriert wurde, als<br />

Reaktion auf die Behandlung deutscher Gefangener in sowjetischer<br />

Hand verstanden. 17 Es »entwickelte sich in der Bundesrepublik eine<br />

Aufrechnungs-Mentalität, bei der die in der Sowjetunion verübten Verbrechen<br />

abstrakt blieben, während die eigenen Leiden um so konkreter<br />

dargestellt wurden.« 18<br />

Als weiterer Aspekt trug das Eingeständnis der deutschen Schuld am<br />

Genozid an den europäischen Juden zur Verdrängung der Verbrechen<br />

an Bürgern der Sowjetunion bei. Dieses Schuldbekenntnis ermöglichte<br />

es, andere Verbrechen aus dem öffentlichen Bewußtsein auszublenden<br />

und diesen Verbrechenskomplex als singuläres Ereignis zu betrachten.<br />

Ebenso wurde in der westlichen Forschung anfänglich der Massenmord<br />

an Kommunisten bzw. denjenigen Personen, die unter diesem Begriff<br />

subsumiert wurden, nicht betrachtet. 19<br />

14 Streit: Keine Kameraden S. 10 sowie Ueberschär/Wette: »Unternehmen Barbarossa«<br />

S. 270.<br />

15 Vgl. Becker S. 4 und 16.<br />

16 Vgl. Wette: Der 22. Juni 1941 S. 81.<br />

17 Vgl. Streim: Die Behandlung sowjetischer Kriegsgefangener S. VII.<br />

18 Jahn/Rürup S. 16.<br />

19 Vgl. Ueberschär/Wette: »Unternehmen Barbarossa« S. 269 sowie Nolte: Der<br />

deutsche Überfall S. 98. Eine bedeutende Ausnahme war die Darstellung von<br />

Kogon: Der SS-Staat, in der auch die Ermordung sowjetischer Kriegsgefangener<br />

in den Konzentrationslagern behandelt wurde. Kogon war selbst Häftling im<br />

KZ Buchenwald und verfaßte das Buch auf Anregung der Psychological Warfare<br />

Division der US-Streitkräfte. Die erste Auflage erschien bereits zur Jahreswende<br />

1945/46.<br />

13

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