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Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden

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eine der größten Tragödien des Krieges und der unmittelbaren Nachkriegszeit<br />

war, an der die damaligen Entscheidungsträger mehrerer Staaten<br />

ursächlich mitbeteiligt waren.<br />

Im nationalsozialistischen Deutschland wurden die Soldaten und Zivilarbeiter<br />

aus der Sowjetunion als »Untermenschen« und Arbeitssklaven<br />

betrachtet; die stalinistische Administration der UdSSR sah sie als Vaterlandsverräter,<br />

Deserteure und Spione an; für die Vertreter der Westalliierten,<br />

namentlich der USA und Großbritanniens, waren sie ungeliebte<br />

»Esser« in den Besatzungszonen und gleichwohl Tauschobjekte für den –<br />

vermeintlich möglichen – Erhalt der guten Beziehungen zu Stalin und die<br />

schnellstmögliche Rückführung der eigenen – von der Roten Armee in<br />

Osteuropa befreiten – Kriegsgefangenen.<br />

Die Frage der sowjetischen Kriegsgefangenen wurde deswegen nicht<br />

ohne Grund zunächst einmal aus der Geschichtsschreibung in der Bundesrepublik<br />

und der UdSSR – im Zusammenhang damit auch der DDR –<br />

aber auch der USA und Großbritanniens ausgeblendet. Die Historiker<br />

taten sich schwer mit der Untersuchung und Darstellung dieses Aspekts<br />

der Geschichte des Zweiten Weltkrieges.<br />

In der Bundesrepublik kam es aus gesellschaftspolitischen Gründen zu<br />

keiner Aufarbeitung der Geschichte der sowjetischen Kriegsgefangenen<br />

im Zweiten Weltkrieg; das eigene Leid stand im Vordergrund, die Situation<br />

des »Kalten Krieges« förderte hier lange Zeit einen Verdrängungsmechanismus.<br />

Erst mit Christian Streits fundamentaler Studie »Keine<br />

Kameraden« setzte eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik ein. In<br />

der Folge wurden allmählich verschiedene Aspekte aufgegriffen. Arbeiten<br />

zur Zwangsarbeit und in letzter Zeit regionalgeschichtliche Forschungen<br />

bildeten dabei den Schwerpunkt. Trotzdem ist die Bearbeitung verschiedener<br />

Bereiche der Geschichte der Kriegsgefangenschaft noch immer der<br />

Zukunft vorbehalten. Es fehlt beispielsweise die noch zu erarbeitende<br />

Darstellung der Geschichte des Kriegsgefangenenlager—Systems.<br />

In der Sowjetunion waren die Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit<br />

dieser Problematik eng mit den politischen Leitlinien verknüpft. In der<br />

Stalin-Ära wurde das Thema weitestgehend tabuisiert; ehemalige Kriegsgefangene<br />

galten als Verräter. Nachdem unter Chruščev, im Zuge der<br />

Entstalinisierung, ehemalige Kriegsgefangene ansatzweise rehabilitiert<br />

und in der Forschung vorsichtig neue Ansätze verfolgt wurden, kam es<br />

unter Brežnev zu einer sich auch auf die historische Forschung auswirkende<br />

Phase der Stagnation und des Rückschritts. Die Geschichte der<br />

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