Heft 2, Jahrgang 141 - Canisianum
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P. Severin Leitner SJ<br />
Herz Jesu Verehrung und<br />
Formung des Glaubens<br />
Hl. Claude de la Colombière<br />
P. Severin Leitner SJ<br />
Wir haben gestern die Ausformung der Herz Jesu<br />
Verehrung beim heiligen Petrus Canisius<br />
betrachtet. Heute kommen wir zu einem klassischen<br />
Vertreter der Herz Jesu Verehrung. Die<br />
Herz Jesu Verehrung hat tiefe Wurzeln in der<br />
patristischen Theologie, namentlich in der<br />
Interpretation der Väter von Joh 7, 37 – 39: „Am<br />
letzten Tage, dem Großen Festtage, stand Jesus<br />
da und schrie: Wenn jemand dürstet, der komme<br />
zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt. Wie die<br />
Schrift sagt: Ströme lebendigen Wasser werden<br />
fließen aus seinem Leibe.“ Ferner die Stelle in<br />
Johannes 12 vom Jünger, der an der Brust des<br />
Herrn ruht und Johannes 19, 34, der Bericht von<br />
der Durchbohrung der Seite Jesu, aus der Blut<br />
und Wasser fließen. Eine besondere Blüte<br />
erreichte die Verehrung des Herzens Jesu im<br />
Hochmittelalter, in der Deutschen Mystik, bei<br />
Bernhard von Clairvaux, Rupert von Deutz und<br />
Meister Eckhard, bei den Mystikerinnen Hildegard<br />
von Bingen und bei den Franziskanern und<br />
Dominikanern. In der Devotio Moderna erhielt sie<br />
eine besondere Blüte. Im Übergang zur Neuzeit<br />
steht die Theologie und Spiritualität der Jesuiten.<br />
In den Exerzitien mit ihrer innigen und kraftvollen,<br />
apostolischen Christusspiritualität finden sich<br />
sehr viele Anknüpfungspunkte für die eigentliche<br />
Herz Jesu Verehrung: die Sehnsucht nach „innerer<br />
Erkenntnis Jesu Christi“ (intima cognitio),<br />
nach Liebe und Nachfolge (GÜ 104); oder das<br />
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150-JAHR-JUBILÄUM DES NIKOLAIHAUSES / COLLEGIUM CANISIANUM<br />
Christusbild des Freundes und Trösters (GÜ 54<br />
und 224). Die Grundhaltung der Exerzitien ist<br />
zugleich die Grundhaltung für jede echte Herz-<br />
Jesu-Verherung, die „magnanimidad“ und<br />
„Liberalitad“ (GÜ 5). Aber nirgends hat diese<br />
Verehrung einen liturgischen Ausdruck gefunden.<br />
Das änderte sich im 17. Jahrhundert durch die<br />
Mystik von Margaretha Maria Alacoque, der<br />
Nonne und Seherin von Pary-le-Monial und die<br />
Jesuiten. Unter ihnen war der erste Claude de la<br />
Colombìere, dem vom Herrn berufenen theologischen<br />
Interpreten und Sprecher der Seherin<br />
Margareta Maria Alacoque. An sie erging in verschiedenen<br />
Visionen der Auftrag, die Herz-Jesu-<br />
Verehrung in der Kirche einzuführen und zu verbreiten,<br />
als das „munus suavissimum“ (im Brief<br />
Nr. 89 von 1688, an ihre Oberin Mutter De<br />
Saumaise.)<br />
Wer war Margaretha Maria Alacoque? Sie ist keineswegs<br />
die Begründerin der Herz-Jesu-<br />
Verehrung, aber sie spielt eine entscheidende<br />
Rolle durch die Visionen, die der Herr ihr<br />
geschenkt hat, und in der Verbreitung der Herz–<br />
Jesu–Verehrung. Sie wurde am 22. Juli 1647 als<br />
fünftes Kind geboren, hatte eine harte Kindheit<br />
drückender Armut. Mit 24 Jahren, am 20. Juni<br />
1671, trat sie in Pary-le-Monial in den Orden der<br />
Heimsuchung ein. Nach dem 4. Oktober 1873,<br />
dem Tag ihrer Profess, vertiefte sich ihre<br />
Beziehung zum Herrn. Ihre besondere Liebe galt<br />
der Passion unseres Herrn, die sie geradezu<br />
unaufhörlich betrachtete. Sie hatte zwischen<br />
1773 und 1775 die großen Visionen, bei denen<br />
ihr der Herr sein Herz zeigte und ihr seine<br />
Verehrung und Verbreitung auftrug. Mit der Liebe<br />
und Verehrung des göttlichen Herzens war auch<br />
die Sühne für die Sünden der Menschen verbunden.<br />
In der letzten Vision erhielt sie den Auftrag<br />
zur öffentlichen liturgischen Feier des Herz-Jesu-<br />
Geheimnisses in der ganzen Kirche. Die<br />
Gläubigen sollen jeden ersten Freitag im Monat<br />
kommunizieren, jede Nacht von Donnerstag auf<br />
Freitag im Gedenken an die Einsetzung der<br />
Eucharistie und an die Ölbergstunde den Herrn<br />
anbeten. Der Freitag nach der Oktave des<br />
Fronleichnamsfest soll mit besonderer<br />
Feierlichkeit von der ganzen Kirche begangen<br />
werden. Bis zu diesem Zeitpunkt waren ihre<br />
Visionen vollkommen verborgen. Sie wagte nicht,<br />
sie jemandem zu eröffnen. Ihrer Oberin, Mutter<br />
Saumaise, öffnete sie sich unter großen