Kurzgeschichten - SpecFlash
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kommen, und ich will nicht auch noch das letzte<br />
bisschen Selbstachtung verlieren, das ich besitze.<br />
Ab sofort reitest du als mein Soldat. Du wirst dich<br />
an meine Befehle halten und nichts Eigenmächtiges<br />
unternehmen. Hältst du dich an die Vereinbarung,<br />
werde ich das auch tun.«<br />
Der schwarzhäutige Nauraka stand auf und klopfte<br />
sich den Sand ab. »Abgemacht. Ich werde ebenso<br />
kühn sein wie du und dich beizeiten an dein Versprechen<br />
erinnern.«<br />
Koldar kam heran. »Wir haben die Kleidung des<br />
Bürschleins genauer durchsucht und festgestellt,<br />
dass da noch ein juwelenverzierter Dolch und sogar<br />
eine Armbrust in den Falten verborgen waren. Nicht<br />
mal Laoren hat das gefunden. Diese Kleidung ist<br />
hervorragend! Wir sollten das Geheimnis dieser<br />
Schneiderkunst herausfinden.«<br />
»Mein Jugenddolch«, sagte Erenwin, und für einen<br />
winzigen Augenblick huschte ein heller, weicher<br />
Schimmer über sein Gesicht. »Ich wäre euch verbunden,<br />
wenn ihr ihn nicht verkaufen würdet, er ist<br />
meine letzte Erinnerung an glücklichere Tage.«<br />
»Wir haben kein Interesse daran«, sagte Fangur<br />
und sah Koldar streng an. Der brummelte irgendetwas<br />
vor sich hin und trollte sich. »Kannst du mit der<br />
Armbrust umgehen?«<br />
»Ich habe einem wild gewordenen Urantereo die<br />
Augen ausgeschossen – ich glaube also schon.«<br />
»Was ist das für ein Tier?«<br />
»Oh, ein Schlängelaal, zwanzig oder mehr Mannslängen<br />
groß, und mit Zähnen, so dick wie der<br />
Schädel deines Pferdes. Die Augen sind normalerweise<br />
nicht schwer zu verfehlen, weil sie sehr groß<br />
sind, aber wenn ein Urantereo wütend ist, wirbelt<br />
er das Wasser ziemlich durcheinander, und das<br />
macht das Zielen fast unmöglich.«<br />
Fangur entschloss sich, keine weiteren Fragen mehr<br />
zu stellen. Entweder war dieser schwarzhäutige<br />
junge Mann völlig verrückt, oder er war gefährlicher,<br />
als es seine eher schmächtige Gestalt vermuten<br />
ließ.<br />
portrait<br />
USCHI ZIETSCH – AUTORIN UND VERLEGERIN<br />
ein Artikel von Alisha Bionda<br />
Sie nahmen den direkten Weg zur Traurigen Festung.<br />
Fünf seiner Soldaten hatte Fangur als Boten<br />
ausgeschickt, die Übrigen zu benachrichtigen. Er war<br />
sicher, dass sie im geeigneten Moment alle mitmachen<br />
würden, sie waren eher ihm als dem launischen,<br />
unberechenbaren Fürst Morangar ergeben,<br />
der zudem so misstrauisch war, dass er sich nur fünf<br />
Mann als Leibgarde hielt, die er ständig beobachtete.<br />
Mit denen konnten sie leicht fertig werden,<br />
und wenn Morangar erst aus dem Weg geräumt<br />
war, würden die übrigen Soldaten auch überlaufen.<br />
Fangur hätte diesen Schritt niemals gewagt, wenn<br />
Erenwin nicht gewesen wäre. Dass sein Verrat<br />
keineswegs dadurch geschmälert wurde, dass ein<br />
anderer das Attentat ausführte, verdrängte er. Vor<br />
dem Volk würde es anders aussehen, es würde ihn<br />
feiern, wenn er die prall gefüllten Vorratskammern<br />
öffnete und das Essen verteilte. Zur Abwechslung<br />
würde er mal etwas Gutes tun und sein in Heldengeschichten<br />
vernarrter Sohn, der ihn sonst mit<br />
Verachtung strafte, stolz auf ihn sein.<br />
Allmählich gewöhnte er sich an den Gedanken, den<br />
Thron zu übernehmen. Es wäre nicht das erste Mal,<br />
dass es solch einen Wechsel gab, und es musste ja<br />
auch nicht für immer sein.<br />
Fangur hütete sich, die Wahrheit bekannt werden<br />
zu lassen, als alle am vereinbarten Treffpunkt<br />
erschienen waren. Er begründete den vorzeitigen<br />
Abbruch ihrer Steuereintreibung mit einem dringenden<br />
Ruf des Fürsten.<br />
Erenwin hatte sich inzwischen gut in die Truppe<br />
eingefügt. Er war wortkarg und distanziert, doch es<br />
gab keinen Grund zur Beanstandung. Er ritt besser<br />
als sie alle zusammen und befolgte widerspruchslos<br />
jeden Befehl.<br />
Und er unternahm keinen einzigen Fluchtversuch.<br />
Als sie den letzten Abend unter freiem Himmel<br />
verbrachten, bevor sie am nächsten Morgen die<br />
Burg erreichen würden, saßen Fangur und seine<br />
engsten Vertrauten zu einer letzten Beratung am