Kurzgeschichten - SpecFlash
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zurückzukehren. Du hast keinen Anteil an unserem<br />
Leben, du bist nur auf dich selbst fixiert und schiebst<br />
deinen Fluch vor, um zu niemandem eine Beziehung<br />
aufbauen zu müssen. Deswegen willst du auch so<br />
bereitwillig die Schmutzarbeit für andere übernehmen,<br />
weil sie keine Bedeutung für dich hat. Nichts<br />
bedeutet dir etwas. Hast du auf dem Ritt hierher<br />
überhaupt bemerkt, in welchem Zustand die Dörfer<br />
waren, durch die wir kamen? Und die Menschen,<br />
die wir im Auftrag des Fürsten berauben? Du wandelst<br />
durch unsere Welt wie ein Toter.«<br />
Daraufhin trat Schweigen ein. Viele wandten sich<br />
betreten ab. Fangur bekam beinahe Mitleid, als er<br />
den Ausdruck auf dem Gesicht des jungen Mannes<br />
sah, in dessen glasschwarzen Augen sich das Feuer<br />
spiegelte, ohne Wärme zu zeigen.<br />
»Ich bin … ein Toter«, sagte Erenwin schließlich<br />
leise. »Jeder in der See weiß das, selbst die anderen<br />
Völker. Ich kann dort nirgends leben, nicht einmal<br />
als Einsiedler. Ich trage etwas in mir, das mich zu<br />
Dingen zwingt, die ich nicht tun will, und die meine<br />
Seele zerstören. Gleichzeitig werde ich innerlich<br />
immer tauber und leerer, unfähig, noch etwas Gutes<br />
zu empfinden. Stück um Stück geht verloren, bis<br />
nichts mehr bleibt. Ich klammere mich an meine<br />
Suche, ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass ich<br />
… meine Schwester finde. Lurdèa. Ich gab ihr mein<br />
Versprechen und habe sie verloren.« Er blickte auf,<br />
und Fangur sah eine Träne über seine Wange rollen,<br />
die eine helle Spur hinterließ.<br />
»Hm«, murmelte Koldar. »Wir alle suchen nach<br />
Liebe und Anerkennung, Erenwin, auf die eine oder<br />
andere Weise. Das unterscheidet dich dann gar<br />
nicht so sehr von uns. Vielleicht findet deine Suche<br />
ja doch eines Tages Erfüllung. Lange genug wirst du<br />
dafür leben. Ich wünsche dir viel Glück dabei.«<br />
Damit suchte er sich einen Platz bei seinen Gefährten.<br />
»Du bist nicht zu beneiden«, bemerkte Fangur.<br />
Doch die Tränenspur war bereits getrocknet und<br />
die Haut nahtlos schwarz. Erenwins Gesicht war so<br />
ausdruckslos wie zuvor.<br />
portrait<br />
USCHI ZIETSCH – AUTORIN UND VERLEGERIN<br />
ein Artikel von Alisha Bionda<br />
»Es wird jeden Tag leichter«, entgegnete er ruhig.<br />
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