Kurzgeschichten - SpecFlash
Kurzgeschichten - SpecFlash
Kurzgeschichten - SpecFlash
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Joe Hill: Teufelszeug<br />
Aus dem Amerikanischen von Hannes Riffel<br />
München: Heyne Verlag 2010, € 19,99<br />
Auch dem Teufel muss man sein Recht lassen<br />
von Wassilios Dimtsos<br />
Ignatius Martin Perrish ist ein Teufelskerl – im<br />
wahrsten Sinne des Wortes. Nach einem Zechgelage<br />
ist der darauffolgende morgendliche Kater die<br />
Geringste seiner Sorgen, denn ein Blick in den Spiegel<br />
verrät Ig, dass ihm über Nacht Hörner gewachsen<br />
sind.<br />
Doch das ist noch nicht Alles: Der neue Ig verfügt<br />
über die Fähigkeit die sündigen Gedanken seiner<br />
Mitmenschen zu lesen; Verwandte, Bekannte, aber<br />
auch völlig Fremde vertrauen ihm ohne Weiteres ihre<br />
dunkelsten Geheimnisse an.<br />
Aber wieso verwandelt sich Ig immer mehr in einen<br />
Teufel? Liegt es daran, dass er sich nachts zuvor an<br />
einer Figur der heiligen Maria erleichtert hat, oder<br />
wurzelt das Rätsel tiefer in der Vergangenheit? Der<br />
Grund seines nächtlichen Exzesses begründet sich in<br />
der Tatsache, dass seine Freundin Merrin vor genau<br />
rezension<br />
Teufelszeug<br />
einem Jahr vergewaltigt und ermordet wurde und<br />
Ig mit der Situation noch immer nicht zurechtkommt,<br />
zumal ihn alle für den Täter halten.<br />
Ig ist seitdem in ein tiefes Loch gefallen, aus dem<br />
er nicht mehr herauszukommen vermochte.<br />
Machtlos und mit der Last der angehängten<br />
Beschuldigungen, gab es für ihn keinen Weg seine<br />
Unschuld zu beweisen. Doch nun hat sich das Blatt<br />
gewendet und er kommt der blutigen Spur immer<br />
näher, die ihn zum wahren Mörder seiner einstigen<br />
großen Liebe führt. Und je mehr Ig herausfindet,<br />
je näher er seinem Ziel kommt, desto<br />
diabolischer geht es zu.<br />
Eines der bedeutenden Bestandteile von Joe Hills<br />
neuem Roman ist das unmittelbare Eintauchen in<br />
die Gefühls- und Gedankenwelt der vorgestellten<br />
Figuren, mit dem Fokus auf die heimlichen Sünden<br />
der Menschen. Denn nicht immer sind die Gedanken<br />
des Gegenübers rein und noch seltener höflich<br />
formuliert - insbesondere, wenn man jemanden<br />
insgeheim nicht leiden kann. Hill bemüht sich hier<br />
um eine „dreckige“, direkte Sprache, was dazu<br />
führt, dass die Figuren glaubhaft in Szene gesetzt<br />
werden.<br />
Gleich zu Beginn weckt Teufelszeug die Neugier<br />
auf die interessante Thematik und den nicht zu<br />
dominant auftretenden fantastischen Elemente.<br />
Der Leser begleitet Ig bei der Erkundung seiner<br />
Kräfte und ist dabei, wenn er sich nach und nach<br />
immer weiter verändert, sowohl optisch als auch<br />
charakterlich.<br />
Spätestens bei der ersten Rückblende in die<br />
Jugendzeit des Protagonisten, gewinnt das Buch<br />
noch weitere Facetten: Der Leser klagt, freut und<br />
ärgert sich mit und über Ig und oft mag man seine<br />
Meinung zu ihm und anderen wichtigen Nebenfiguren<br />
ändern. Im Mittelteil hat das Buch seine<br />
Längen, aber man muss sich eingestehen, dass die<br />
vielen Zeitwechsel unablässig für das Verständnis<br />
der Figuren und letztlich auch der Geschichte an<br />
sich sind.