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parTU 14 - Liberale Mitte - Technische Universität Berlin

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alUMNi HeUTe<br />

Arbeiten im Untergrund<br />

Der Bauingenieur Jens Neugebauer ist Herr über die Kanäle<br />

bei den <strong>Berlin</strong>er Wasserbetrieben<br />

Gummistiefel und Bauhelm gehören ins Gepäck, wenn Jens<br />

Neugebauer eine „seiner“ Baustellen besucht. Und meistens<br />

geht es tief hinab, wie in der Baugrube am Kiehlufer im <strong>Berlin</strong>er<br />

Bezirk Neukölln. Dort haben die <strong>Berlin</strong>er Wasserbetriebe<br />

(BWB) den Ersatzneubau eines Abwasserrohres unter dem<br />

Neuköllner Schifffahrtskanal in Auftrag gegeben. „Wir unterqueren<br />

den Kanal mit einem Stahlbetonvortriebsrohr, das ei-<br />

nen Außendurchmesser von zwei Metern hat“, erläutert der Ingenieur.<br />

Hier werden anschließend zwei Abwasserrohre mit einem<br />

Innendurchmesser von 25 und 100 Zentimeter eingezogen,<br />

die künftig das Regen- und Schmutzwasser der Umgebung ableiten.<br />

Sie sind so konzipiert, dass zwischen Oberlauf und Unterlauf<br />

ein Höhenunterschied besteht: „So kann das Abwasser<br />

anschließend im freien Gefälle abfließen“, sagt Neugebauer.<br />

Besonders stolz ist der Leiter des Bereiches Bau, Kanäle und<br />

Hausanschlüsse der BWB auf das Bauverfahren, den Mikrotunnelbau.<br />

In <strong>Berlin</strong> gehört er seit mittlerweile 25 Jahren zur Standardbauweise.<br />

Neugebauer hat dessen Entwicklung während<br />

seiner beruflichen Laufbahn intensiv begleitet.<br />

Als einer der Pioniere des Mikrotunneling, so berichtet Neugebauer,<br />

gilt der frühere Leiter des Unternehmensbereiches Netze<br />

der BWB, Knut Möhring, auch er ein TU-Absolvent. „Bereits<br />

1984 wurde in <strong>Berlin</strong> von den damaligen Entwässerungswerken<br />

der weltweit erste vollautomatisch gesteuerte Rohrvortrieb für<br />

Vortriebsrohre mit einem Innendurchmesser von 25 Zentimetern<br />

ausgeführt“, sagt Neugebauer. Parallel dazu wurden Hausanschluss-Vortriebsmaschinen<br />

entwickelt. Mit diesen Maschinen<br />

war es möglich, komplett unterirdisch verschiedene Grundstücke<br />

sternförmig an die Straßenkanäle anzuschließen. „Diese<br />

kostensparende Bauweise wird in Fachkreisen ,<strong>Berlin</strong>er Bauweise‘<br />

genannt“, berichtet der Ingenieur.<br />

Die Grundlagen für seinen verantwortungsvollen Beruf erwarb<br />

Neugebauer, der viel lieber von seiner Arbeit als über sich<br />

selbst spricht, von 1965 bis 1974 an der TU <strong>Berlin</strong> während seines<br />

Studiums des Konstruktiven Ingenieurbaus. „Meine Einführungsveranstaltung<br />

erlebte ich in einem völlig überfüllten<br />

Hörsaal. Die Professoren trugen noch Talare und ich glaube, ich<br />

hatte mir einen Schlips umgebunden“, erinnert er sich. Damals<br />

war uneingeschränkter Herrscher an einem Lehrstuhl der Professor.<br />

„Dann kam lange nichts, und dann kam der 1. Oberassistent“,<br />

beschreibt er die Hierarchie vor den Studentenprotesten<br />

der späten 60er- und frühen 70er-Jahre. „1968 waren wir<br />

hochschulpolitisch aktiv und wollten an der TU <strong>Berlin</strong> etwas<br />

verändern. Deshalb wurden Vorlesungen bestreikt“, erzählt er.<br />

Als Jens Neugebauer sein Studium erfolgreich beendet hatte,<br />

herrschte in Deutschland eine Baurezession. „Deshalb beschloss<br />

ich, Gewerbelehrer zu werden“, sagt der 63-Jährige und<br />

schrieb sich für ein pädagogisches Studium an seiner Uni ein.<br />

Parallel arbeitete er als Statiker und Prüfstatiker in verschiedenen<br />

Ingenieurbüros und absolvierte in Abendkursen eine Zusatzausbildung<br />

als Schweißfachingenieur. Dann lockte eine<br />

Stelle als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Baukonstruktion<br />

und Festigkeit der TU <strong>Berlin</strong>.<br />

Bevor Jens Neugebauer am 1. April 1989 bei den <strong>Berlin</strong>er<br />

Wasserbetrieben in leitender Position anfing, hat er circa zehn<br />

Jahre in einem <strong>Berlin</strong>er Unternehmen für Tief- und Rohrleitungsbau,<br />

das insbesondere auf dem Gebiet Rohrvortriebe tätig<br />

war, gearbeitet. Wenn Neugebauer heute in 16 Meter Tiefe<br />

in der Baugrube steht, dann macht ihm keiner etwas vor. Aufmerksam<br />

mustert er die 80 Zentimeter dicken Schlitzbetonwände,<br />

die das Grundwasser aus der Baugrube fernhalten. Drei bis<br />

vier Rohre pro Tag schiebt die Maschine unter dem Neuköllner<br />

Schifffahrtskanal hindurch. Aber diese Technik spart nicht nur<br />

Kosten, sie ist mittlerweile auch weltweit Standard. Daran hat<br />

der <strong>Berlin</strong>er Jens Neugebauer sein Berufsleben lang mitgearbeitet.<br />

ANDreA PUPPe<br />

32 <strong>parTU</strong> · Das Alumni-Magazin · Nr. <strong>14</strong> · 2009 Foto: TU-Pressestelle/Dahl

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