Sind wir Ausländer? - CARITAS - Schweiz
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getan.» Er bricht ab, kann nicht mehr weiter<br />
erzählen. Tränen laufen ihm über das<br />
Gesicht. Sein Sohn kommt und will ihn trösten,<br />
streicht ihm über den Arm. «Meistens<br />
bin ich stark, aber manchmal reicht meine<br />
Kraft nicht», sagt Musleh mit leiser Stimme.<br />
reise ins Ungewisse<br />
Unter Geleit der Alliierten konnten die<br />
Flüchtlinge nach einem Monat in ihre Dörfer<br />
zurückkehren. Doch die folgenden Jahre<br />
er 1998 erneut zu fliehen – dieses Mal allein,<br />
ohne seine Familie. Seine Frau Silav, mit der<br />
er damals schon verheiratet war, sollte später<br />
folgen. Die erste Station war Istanbul.<br />
Zusammen mit sieben anderen Flüchtenden<br />
ging die «Reise» über Griechenland<br />
nach Italien bis in die <strong>Schweiz</strong>. Immer als<br />
Schwarzfahrer auf LKWs und Schiffen. In<br />
Chiasso war die Fahrt zu Ende, Musleh<br />
hatte kein Geld mehr. Auf der Polizeistation<br />
bat er um politisches Asyl. Abgeführt<br />
«Meistens bin ich stark, aber manchmal reicht meine Kraft nicht.»<br />
waren geprägt von Repressalien, kriegerischen<br />
Auseinandersetzungen, erneuten<br />
Fluchtbewegungen, Einmärschen durch<br />
irakische und türkische Truppen und Bombardements.<br />
«Wir hatten Angst, Saddam<br />
kommt zurück. Was sollten <strong>wir</strong> machen?»,<br />
fragt Musleh. Seine politischen Aktivitäten<br />
drohten ihn zu gefährden, darum beschloss<br />
in Handschellen verbrachten die Männer<br />
die erste Nacht in Haft. Dann wurden sie<br />
auf verschiedene Kantone verteilt. Musleh<br />
kam in die Asylunterkunft Obwalden und<br />
wurde dort durch Caritas betreut. Die führt<br />
in Sarnen im Auftrag des Kantons eine Asyl-<br />
und Flüchtlingsstelle, bietet den Betroffenen<br />
Unterkunft und Betreuung an.<br />
Deutsch lernen ein Muss<br />
Für Musleh war das Erlernen der deutschen<br />
Sprache das erste und wichtigste Ziel an seinem<br />
neuen Heimatort. Er besuchte die<br />
Deutschkurse der Caritas, und um das zu<br />
intensivieren, noch weitere Kurse bei der<br />
Benedikt-Schule. Sogar einen Autoreparaturlehrgang<br />
nutzte er für den Spracherwerb:<br />
«Natürlich hatte ich grundsätzliches Interesse<br />
am Thema. Aber ich konnte damit auch<br />
mein Deutsch verbessern», erklärt er. Durch<br />
seinen Willen und sein Talent schaffte er es<br />
mit entsprechenden Weiterbildungen bis<br />
zum Dolmetscher. Heute ist er offizieller<br />
Dolmetscher für Caritas und kommt dann<br />
zum Einsatz, wenn sprachliche Barrieren bestehen<br />
und dadurch wichtige Vorgänge blo-<br />
Bild: «Man muss immer ein Ziel haben» –<br />
so lautet Muslehs Motto auf dem Weg zur<br />
Integration.<br />
«Menschen» 4/12 Caritas 11