UNDERGRADUATE

Um dieser Zeit wurde der moralische Nihilismus sehr
populär gemacht. Der Nihilismus ist die totale Ablehnung
aller Formen von Werten. Zuerst untersuchte Nietzsche die
begriffliche Gründung von Nihilismus in dem Werk Über
Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn. Der Text ist
eine ernste Kritik von den theoretischen, sprachlichen und
philosophischen Formen des Dogmas, als eine Reaktion
auf die gesellschaftliche Verschlechterung Deutschlands
wegen des extremen Werturteils der christlichen Moral.
Wir können die genaue Bedeutung von Werten durch
den folgenden Auszug aus Der fröhlichen Wissenschaft
verstehen, “. . . was nur Wert hat in der jetzigen Welt, das
hat ihn nicht an sich, seiner Natur nach, − die Natur ist
immer wertlos: − sondern dem hat man einen Wert einmal
gegeben, geschenkt, und wir waren diese Gebenden und
Schenkenden!” (Nietzsche 1882: 301). Als Reaktion auf
die Extreme des moralischen Nihilismus theoretisierte
Nietzsche, dass nur die Umwertung aller Werte 2 die
moralische Weltordnung wiederherstellen könnte.
Obwohl Nietzsche meinte, dass die Werte unbegründet
und unvernünftig sind, wusste er, dass das Werturteil ein
unvermeidlicher Aspekt vom menschlichen Verhalten
ist. Laut Nietzsche sind die Werten, die Moral, und die
Wahrheit nur Illusionen, die wir schaffen. In dem Text Über
Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn schrieb er,
Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer von
Metaphern, Metonymien, Anthropomorphismen, kurz
eine Summe von menschlichen Relationen, die, poetisch
und rhetorisch gesteigert, übertragen, geschmückt
wurden, und die nach langem Gebrauch einem Volke fest,
kanonisch und verbindlich dünken: die Wahrheiten sind
Illusionen, von denen man vergessen hat, daß sie welche
sind, Metaphern, die abgenutzt und sinnlich kraftlos
2 Zuerst wurde die Idee von der Umwertung aller Werten in dem Buch
Der Antichrist (1895) beschrieben. Die Umwertung aller Werten ist ein
philosophischer Begriff in Zusammenhang mit dem Christentum und
den problematischen Aspekten der spät-christlichen Moral, bzw. die
Keuschheit, die Sanftmut und die Besessenheit mit Sünde. Nietzsche
konnte nicht ertragen, dass Christentum eine Religion des Friedens war.
Er glaubte, dass die christliche Sanftmut das Überleben des Stärkeren
behindert.
geworden sind, Münzen, die ihr Bild verloren haben
und nun als Metall, nicht mehr als Münzen, in Betracht
kommen (Nietzsche 1873: 3).
Wenn das Streben nach den Werten, der Wahrheit, und
der Moral wichtiger als die Menschenwürde wird, dann
können die Werte, die Wahrheit, und die Moral gefährlich
und instabil werden. Das ist genau das, was in Frühlings
Erwachen passiert, insofern als die christlichen Werte
wichtiger als die Menschenwürde der Kinder werden.
Die erste Szene von dem Theaterstück zeigt den elterlichen
Kampf, die Sexualität des Kindes zu verheimlichen. Frau
Bergmann kann sich körperlich nicht bringen, ihrer
Tochter die Wahrheit über ihren wachsenden Körper zu
erklären, weil sie sich so unbequem fühlt. Die Eltern im
Drama bzw. die Autoritätsfiguren kämpfen aktiv gegen
den Verlust der Unschuld. Somit war es unvermeidlich,
dass Wendla Bergman schwanger wurde, weil sie die
Fortpflanzung nicht versteht. Wendla und Melchior
Gabor treten in eine seltsame Beziehung ein, die zu
der Vergewaltigung und endgültigen Schwangerschaft
Wendlas führt. Obwohl die Schwangerschaft ein
klassisches Symbol von dem Leben und der Hoffnung
sein könnte, wird die Situation in Wendlas Fall zu etwas
ganz Schrecklichem. Das arme Mädchen stirbt nach
einer unnötigen Abtreibung, weil ihre Mutter die Scham
von einer vorzeitigen Schwangerschaft nicht ertragen
konnte. Die Überbewertung von Frömmigkeit ignoriert
die natürlichen sexuellen Antriebe und Bedürfnisse von
Jugendlichen. Die mangelnden Kenntnisse über die
Sexualität und die sexualle Aufklärung resultieren in
dem vorzeitigen Tod Wendlas. Wedekind demonstriert,
dass eine solche strenge und ignorante gesellschaftliche
Reglementierung nur in Tragödie enden kann.
Wedekind spielt auf die Vorstellung an, dass eine
Gesellschaft mit solchen strengen Werten ganz bestimmt
furchtbare Erwachsene erzeugen wird. In seinem Essay
“Über Erotik” untersucht Frank Wedekind die Wirkungen
von der Unterdrückung der Sexualität. Er behauptete,
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