Aufrufe
vor 4 Jahren

Industrieanzeiger 05.2020

technik & wissen so

technik & wissen so lassen sich die Stillstandszeiten minimieren.“ Eine Grundsatzentscheidung ist dabei, ob die Umstellung auf die neue Technik schrittweise über mehrere Wochen oder im Rahmen eines so genannten „Big Bang“ gebündelt an einem verlängerten Wochenende erfolgen soll. Beide Vorgehensweisen haben ihre Vor- und Nachteile. „Wer sich für den ‚Big Bang‘ entscheidet, reduziert natürlich den Aufwand vor Ort“, weiß Lüning. „Dafür ist es aber erforderlich, die komplette Anlage im Vorfeld intensiv zu testen, um zu verhindern, dass beim Start mit der neuen Technik etwas schiefgeht.“ (weitere Infos zu den Vorgehensweisen sind in den beiden Kästen zusammengefasst). In der Regel sind Logistikanlagen für eine Lebensdauer von 10 bis 15 Jahren ausgelegt. Durch ein Retrofit steigt sie auf 20 bis 30 Jahre – eine Verdopplung. Deswegen ist eine Modernisierung grundsätzlich eine lohnende Investition. Wann welche Anlagenkomponenten einer Verjüngungskur unterzogen werden sollten, hängt von den Produktlebenszyklen ab. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Stahlbau und Fördertechnik sehr robust sind und bei guter und regelmäßiger Wartung eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten haben. Die Steuerungstechnik inklusive Sensorik und Antriebstechnik hält im Schnitt 10 bis 20 Jahre. Speziell bei der Sensorik führt die mechanische Beanspruchung im Betriebsalltag aber häufig zu vorzeitigen Defekten. Das wird spätestens dann ein echtes Problem, wenn die Produkte vom Hersteller abgekündigt werden und es auf dem Markt keine Ersatzteile mehr gibt. Der kurzlebigste Teil ist jedoch die IT-Ausstattung, die mit Abstand den schnellsten Veränderungen unterliegt. Rechnersysteme und mobile Endgeräte wie Scanner, Handhelds oder Pick-by-Voice-Geräte sind in der Regel nur 5 Jahre im Einsatz. Ähnlich verhält es sich mit dem Lagerverwaltungssystem, kurz LVS. Als „Gehirn“ der Logistikanlage steuert es den Materialfluss und muss bei veränderten Geschäftsprozessen entsprechend angepasst werden. Auch die vielen Schnittstellen zu anderen IT-Systemen lassen das LVS zu einem wichtigen Faktor Moderne Lagerverwaltungssysteme lassen sich über mobile Endgeräte bedienen. Über eine Visualisierungsfunktion kann der Anwender stufenlos in das Anlagenlayout hineinzoomen bis hinunter auf die Sensorebene. Stahlbau und Fördertechnik sind sehr robuste intralogistische Komponenten und haben bei guter Wartung eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten. 56 Industrieanzeiger 05.20

werden, wenn es um die Zukunftsfähigkeit einer Logistikanlage in Zeiten von Industrie 4.0 geht. „Unternehmen brauchen deswegen vor allem intelligente IT- und Steuerungskonzepte, wenn sie die Lebensdauer ihrer Anlagen effektiv verlängern wollen“, weiß Ralf Lüning aus Erfahrung. Das Upgrade der alten Logistik-IT auf die neueste Technikstufe erschließt dem Anlagenbetreiber einen massiven Zuwachs an Funktionalitäten. So ermöglichen zeitgemäße Lagerverwaltungssysteme eine bessere Konnektivität mit MES-, ERP- und SCM-Systemen. Auf diese Weise entsteht ein durchgängiger Datenfluss. Informationen können entlang der Supply-Chain in Echtzeit ausgetauscht werden. Das ist zugleich die Voraussetzung, um über Unternehmensgrenzen und Wertschöpfungsstufen hinweg die Materialflüsse und Bedarfe effizient zu steuern. Außerdem lässt sich ein modernes LVS schnell an geänderte Kundenanforderungen, Lagerstrukturen und Artikelspektren anpassen. Nicht zuletzt können moderne und kostengünstige Endgeräte aus dem Consumerbereich genutzt werden. Vor der Entscheidung für ein neues LVS sollten die Verantwortlichen außerdem die Möglichkeit prüfen, ob und wie sich autonome Techniken wie Roboter, Shuttles oder fahrerlose Transportsysteme in die komplette Anlage integrieren lassen, denn sie sind wesentliche Bestandteile einer modernen Intralogistik. Durch eine freie Gestaltung der Fahrwege und eine einfache Skalierbarkeit schaffen sie zudem mehr Flexibilität. Logistische Anforderungen, die sich immer wieder ändern können, lassen sich so einfacher abbilden. Lagerverwaltungssysteme der neuesten Generation besitzen grafische Oberflächen und Touchscreens. Die Bedienung ist ergonomisch und intuitiv. Dadurch verringert sich auch die Zeit für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter wesentlich. Zum Funktionsumfang moderner Systeme gehören außerdem eine stufenlos zoombare Anlagenvisualisierung. Dabei kann der Anwender bis auf die Sensorebene in das Anlagenlayout eintauchen. Störungen an einzelnen Komponenten werden über eine Alarmfunktion farblich markiert und lassen sich deswegen schnell beheben. Eine weitere wichtige Hilfestellung bei der Identifikation von Fehlerursachen bieten sogenannte Replay-Funktionen. Damit kann der Anwender aufgezeichnete Daten in Zeitraffer abspielen und so den Zustand der Anlage zum Zeitpunkt einer Fehlfunktion reproduzieren. Moderne LVS lassen sich zudem über mobile Endgeräte bedienen. Die Mitarbeiter sind damit nicht mehr an einen bestimmten Arbeitsplatz gebunden, wenn es darum geht, den Zustand der Anlage Die schnelle Nummer: Big Bang Für die Modernisierung einer Logistikanlage gibt es grundsätzlich zwei Vorgehensweisen. Die erste ist die schnelle Variante und trägt passenderweise den Namen „Big Bang“. Dabei erfolgt der Umbau von der alten auf die neue Technik in einem Schritt, zum Beispiel an einem verlängerten Wochenende oder während der Betriebsferien. Dieser sehr kurze Umstellungsprozess ist geeignet für kleinere bis mittlere Umbauten. Der Aufwand vor Ort hält sich in Grenzen. Auch müssen das alte und das neue System nicht miteinander verknüpft werden. Allerdings ist eine hoher Testaufwand über eine Emulation notwendig, um Risiken zu minimieren. Neue Mitarbeiter werden auf Basis der Emulation eingearbeitet. zu überwachen oder Buchungen durchzuführen. Mit einer App auf dem Endgerät kann der Betreiber überall und jederzeit auf die Daten der Logistikanlage zuzugreifen. Voraussetzung dafür ist, dass die Daten in einem Internetserver gespeichert werden, also in einer Cloud. Unterm Strich steigert ein modernes LVS die Verfügbarkeit einer Anlage und sorgt für mehr Transparenz in Betrieb und Wartung. Jedes Retrofit sollte darauf abzielen, ein durchgängiges Steuerungskonzept zu etablieren und somit die Antriebs- und Steuerungstechnik aller Anlagenteile zu homogenisieren. Herstellerneutrale Dienstleister wie Unitechnik verfügen über große Kompetenzen auf diesem Gebiet, da sie auch im Neuanlagengeschäft für alle Bestandteile der Lager- und Fördertechnik grundsätzlich eine einheitliche Steuerung konzipieren. Diese verringert Unabhängig von Industrie 4.0 gibt es auch ganz praktische Gründe für eine Modernisierung. Etwa wenn sich wegen fehlender Kompatibilität keine neue Hard- oder Software mehr integrieren lässt. Industrieanzeiger 05.20 57

Industrieanzeiger