here – Das Magazin. Von Geflüchteten. Für Bochum – Sonderausgabe Campfire
Sonderausgabe zum Medienfest Campfire
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Wenn ein Terroranschlag passiert, sollten wir genau<br />
schauen: Wer waren die Täter? Und dann nicht einfach<br />
sagen „die Flüchtlinge“, „die Ausländer“ oder „die Muslime“.<br />
Wir müssen klarmachen, welche Personen das sind<br />
und wie sie dazu gekommen sind, sich am Terror zu beteiligen.<br />
Nur durch die Differenzierung, durch das Individualisieren<br />
wird klar, dass es sich nicht um eine Gruppe in der<br />
Bevölkerung handelt. <strong>Das</strong> ist besonders wichtig, weil die<br />
überwältigende Mehrheit der <strong>Geflüchteten</strong>, die überwältigende<br />
Mehrheit der Muslime, die überwältigende Mehrheit<br />
der Ausländer oder Zuwanderer nichts <strong>–</strong> aber auch<br />
wirklich gar nichts <strong>–</strong> mit Gewalt und Terror am Hut hat. Im<br />
Gegenteil: Die meisten sind ja vor Terror geflohen. Aber es<br />
darf auch nicht dazu führen, dass man verschweigt, wenn<br />
Terroristen über die Flüchtlingsroute gekommen sind und<br />
diese Route für ihre Zwecke missbraucht haben. Wenn<br />
Geflüchtete hier in Deutschland oder anderswo zu Extremisten<br />
oder Terroristen geworden sind, muss man das<br />
offen benennen und dann schauen, wo Fehler gemacht<br />
worden sind. Es nützt nichts zu pauschalisieren, weder in<br />
die eine noch in die andere Richtung.<br />
Warum lösen terroristische Anschläge Angst bei <strong>Geflüchteten</strong><br />
aus?<br />
Sehr viele Geflüchtete haben Kriegserfahrungen gemacht.<br />
<strong>Das</strong> ist genau das, was sie erlebt haben: Terror.<br />
Gleichzeitig haben sie Angst, dass sie für diesen Terror<br />
verantwortlich gemacht werden <strong>–</strong> von Rechtsextremisten<br />
und Rechtsradikalen innerhalb der jeweiligen<br />
Bevölkerung in den europäischen Ländern. Sie haben<br />
Angst vor Pegida, sie haben Angst vor Rechtsradikalen<br />
in Deutschland, vor Populisten, die keinen Unterschied<br />
machen zwischen Muslimen und Islamisten. Es ist wichtig<br />
zu differenzieren: Je mehr man miteinander redet,<br />
je mehr Kommunikation stattfindet zwischen <strong>Geflüchteten</strong><br />
und der Gastgebergesellschaft, die sie aufnimmt,<br />
desto besser ist das gegenseitige Verständnis. Und das<br />
schützt vor Angst und Vorurteilen.<br />
Wie kann ich als Geflüchteter reagieren, wenn ich als<br />
Terrorist bezeichnet werde?<br />
<strong>Das</strong> Gespräch suchen, diskutieren und erzählen, was<br />
man selbst erlebt hat und dass man vor Terror geflohen<br />
ist. Sie sollten auch fragen: Wie kann ich mich selbst<br />
als Geflüchteter engagieren gegen diesen Terror, gegen<br />
diesen Missbrauch der Religion, gegen die Ideologie, die<br />
dahintersteckt? Es gibt eine Menge Verbindendes, wenn<br />
man sich kennenlernt. Deswegen ist es wichtig, dass man<br />
bereit dazu ist, auf andere zuzugehen. <strong>Das</strong> gilt natürlich<br />
auch für die Aufnehmenden, die Mehrheitsgesellschaft.<br />
Sie muss bereit sein, sich <strong>Geflüchteten</strong> zu öffnen und mit<br />
ihnen offen diskutieren, statt Angst vor ihnen zu haben.<br />
Was bedeutet es für die Integration von <strong>Geflüchteten</strong>,<br />
wenn die Bürger immer mehr Angst vor Terroranschlägen<br />
haben?<br />
<strong>Das</strong> macht Integration schwieriger. Gerade, wenn immer<br />
nur Misstrauen besteht gegenüber jedem, der anders aussieht,<br />
der woanders herkommt, der die Sprache nicht so<br />
perfekt spricht. Dann wird Integration immer schwerer.<br />
then look w<strong>here</strong> mistakes have been made. It is no use<br />
to generalize neither in one nor in the other direction.<br />
Why do terrorist attacks cause fear among refugees?<br />
Many refugees have experienced war. That is exactly<br />
what they experienced: terror. At the same time, they<br />
fear that they will be held responsible for terror <strong>–</strong> by<br />
right-wing extremists in European society. They fear<br />
Pegida, they fear right-wing extremists in Germany and<br />
populists that do not distinguish between Muslims and<br />
Islamists. It is important to differentiate: the more you<br />
talk with each other, the more communication t<strong>here</strong> is<br />
between refugees and the society that takes them in,<br />
the better the mutual trust. This is the best protection<br />
against fear and prejudice.<br />
How should I as a refugee react, when people call me<br />
a terrorist?<br />
Try to talk to the people, tell them what you experienced<br />
and that you fled from terror yourself. You should also<br />
ask: How can I as a refugee fight against terror, against<br />
abuse of religion, and against the ideology behind it. If<br />
you get to know each other, you will notice many similarities.<br />
That is why it is important to be willing to approach<br />
each other. That is also true for the receiving society, the<br />
majority. They must be willing to open up towards refugees<br />
and talk to them instead of being afraid of them.<br />
What does it mean for the integration of refugees that<br />
citizens are more and more afraid of terror attacks?<br />
It makes integration more difficult. Especially if t<strong>here</strong><br />
is only mistrust towards everyone who looks different,<br />
comes from somew<strong>here</strong> else and does not speak the<br />
language perfectly. Then integration becomes more<br />
and more difficult.<br />
<strong>Campfire</strong>-Umfrage:<br />
Wie kann man als<br />
Geflüchteter Freunde finden?<br />
Elmar Theveßen:<br />
Sie sollten bereit sein, sich zu öffnen. Sie sollten erzählen<br />
über sich, über ihre Familie, über ihre Erlebnisse<br />
<strong>–</strong> auch wenn es unendlich schwerfällt. Sie sollten<br />
andere suchen in der Gesellschaft, die bereit sind, mit<br />
ihnen zu reden. Ich glaube, der Staat, aber auch die Gesellschaft<br />
haben hier eine große Verantwortung, mehr<br />
zu tun, als einfach nur sagen: „Ok, jetzt seid ihr hier,<br />
ihr dürft bleiben, sucht euch mal eine Arbeit und lernt<br />
die Sprache“. Integration kann nur gelingen, wenn wir<br />
alle bereit sind, mehr zu tun, wenn wir die Vielfalt erlebbar<br />
machen, auch unterschiedliche Ansichten miteinander<br />
ausdiskutieren. Dabei aber in tiefem Respekt<br />
gegenüber dem Anderen. Nicht, indem man sagt „ich<br />
bin in Besitz der Wahrheit“. Sondern man muss bereit<br />
sein, vielleicht Abstriche zu machen von dem, was man<br />
selbst gelernt hat, wenn man als Zuwanderer hierher<br />
kommt. Sich den Regeln, den Gesetzen, den Rahmenbedingungen<br />
anpassen, sie akzeptieren, weil das dann<br />
die neuen sind. Und gleichzeitig erwarte ich auch von<br />
der Mehrheitsgesellschaft Toleranz.<br />
│ Interview│Interview│Interview مقابلة<br />
Interview: Momen & Fayk,<br />
Lektorat: Jan, Übersetzung: Angela/Mareike<br />
www.<strong>here</strong>-in-bochum.de <strong>here</strong> <strong>–</strong> <strong>Sonderausgabe</strong> <strong>Campfire</strong> Festival, Sept./Okt. 2017<br />
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