Rotary Magazin 10/2023
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ROTARY SCHWEIZ – ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN – OKTOBER <strong>2023</strong><br />
INNER WHEEL<br />
WAS HABEN INNER WHEEL BZW. ROTARY<br />
UND JUDO MITEINANDER ZU TUN?<br />
38<br />
Darf man einen Serviceclub mit einer Kampfkunst bzw. deren<br />
Philosophie vergleichen? Oder ist das anmassend, unverhältnismässig?<br />
Es könnte doch der Eindruck entstehen, dass das<br />
Clubleben und die Clubarbeit oft ein Kampf sind …<br />
Ob es Parallelen zwischen Inner Wheel bzw. <strong>Rotary</strong> und Judo gibt? Und ob!, findet<br />
Maggie Widmer, selbst aktive Judo- und Jujitsuka<br />
BESCHEIDENHEIT UND MUT<br />
Es braucht Mut, eine Sache, die als<br />
gescheitert gilt, endgültig aufzugeben.<br />
Ebenso erfordert es Mut, etwas Neues in<br />
Angriff zu nehmen. Die Ideen und Vorschläge<br />
anderer aufzugreifen, ohne sie<br />
dabei als die eigenen zu deklarieren, er -<br />
fordert wiederum Bescheidenheit. Auch<br />
anzuerkennen, dass man viele der eigenen<br />
Pläne nur mit der Hilfe anderer erreichen<br />
kann, setzt Bescheidenheit voraus. Ge -<br />
nau so entstehen Win-win-Situationen.<br />
Anders ausgedrückt: Wenn die physische,<br />
mentale und soziale Energie der andern<br />
mit der eigenen Energie verschmilzt, kann<br />
Grosses entstehen. Gleichzeitig lässt sich<br />
die Energie der anderen nutzen, um sich<br />
selbst zu entlasten oder gar zu schützen –<br />
beispielsweise, indem man Aufgaben<br />
delegiert. Genau das ist es, worauf der<br />
zweite Grundsatz von Jigoro Kano abzielt.<br />
Dadurch kann man die eigenen Kompetenzen<br />
und Fähigkeiten weiterentwickeln<br />
und gleichzeitig diejenigen der anderen<br />
fördern.<br />
Trotz aller Unterschiede, die einem sofort<br />
ins Auge springen, erkenne ich als aktive<br />
Judo- und Jujitsuka einige wichtige Parallelen.<br />
Die vom Gründer des Judo, Jigoro<br />
Kano, vor knapp 140 Jahren aufgestellten<br />
Ethik-Grundsätze sagen eigentlich schon<br />
alles: Kano sprach von «ji ta kyō ei», dem<br />
gemeinsamen Gedeihen, und von «sei ryo<br />
ku zen yō», dem optimalen Einsatz. Auch<br />
Kanos höchstes Ziel, die Förderung des<br />
Weltfriedens, dürfte uns bekannt vorkommen.<br />
Gelungen ist ihm dies, wie wir eingestehen<br />
müssen, bisher nicht. Und doch: Die<br />
beiden Grundsätze helfen dabei, Konflikte<br />
zu lösen und unsere Arbeit zu erleichtern.<br />
Das gemeinsame Gedeihen, Wachsen,<br />
sich Weiterentwickeln setzt ein paar ganz<br />
alltägliche und doch alles andere als selbstverständliche<br />
Werte voraus.<br />
RESPEKT UND HÖFLICHKEIT<br />
Dazu gehört, dass wir uns in unserer Diversität<br />
anerkennen. Es ist normal, anders zu<br />
sein und anders zu denken. Ein wichtiger<br />
Satz in der Judo-Ethik-Charta lautet: «Auf<br />
der Matte sind wir alle Freunde.» Sollte das<br />
nicht auch für unsere Clubs gelten? Selbst<br />
wenn wir sonst das Heu nicht auf derselben<br />
Bühne haben, sind wir doch alle Mitglieder<br />
von Inner Wheel bzw. <strong>Rotary</strong><br />
geworden, weil wir die Ideen dieser Organisation<br />
schätzen und in die Welt hinaustragen<br />
wollen.<br />
GEMEINSCHAFTSGEIST<br />
UND FREUNDSCHAFT<br />
Im Judo oder Jujitsu kann ich meine Technik<br />
nicht verbessern, nichts lernen, ja nicht<br />
einmal kämpfen, wenn ich kein Gegenüber<br />
habe. In unseren Clubs verhält es sich<br />
nicht anders. «Allein vermag ich nicht viel<br />
zu tun, aber gemeinsam können wir viel<br />
erreichen», hat Kofi Annan einmal gesagt.<br />
Wenn wir die Welt ein kleines bisschen<br />
besser machen wollen, in unserer unmittelbaren<br />
Umgebung oder in fernen Ländern,<br />
müssen wir miteinander kooperieren<br />
und einander unterstützen.<br />
FAIRNESS UND<br />
GLEICHBERECHTIGUNG<br />
Dadurch, dass wir allen Mitgliedern die<br />
Möglichkeit geben, sich auf ihre ganz<br />
persönliche Art und Weise einzubringen,<br />
schaffen wir eine inklusive und vielfältige<br />
Umgebung. Voraussetzung muss dabei<br />
sein, dass wir sie vorurteilsfrei anhören<br />
und sie keinesfalls diskriminieren, auch<br />
wenn ihre Einfälle im ersten Moment vielleicht<br />
verrückt erscheinen mögen. Wenn<br />
wir es also schaffen, die Judo-Prinzipien<br />
in unser Clubleben zu integrieren, wird<br />
es uns gelingen, als eine harmonische,<br />
kooperative und werteorientierte Organisation<br />
aufzutreten, welche die Welt ein<br />
wenig besser macht.<br />
K Maggie Widmer / red | A iStock<br />
VERSION FRANÇAISE