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Auktion: Montag, 17. März 2008, 14.00 Uhr ... - Koller Auktionen

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100<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1204*<br />

LACK-KOMMODE MIT „VERNIS MARTIN“, Louis XV, sign. I.<br />

DUBOIS (Jacques Dubois, Meister 1742), Paris um 1760.<br />

Holz allseitig gelackt im „goût chinois“; auf zartgrünem Fond<br />

idealisierte Park- und Pagodenlandschaft mit Figurenstaffage und<br />

von Pferden gezogenem Wagen, Blumen, Blättern und Zierfries in<br />

feinen Goldtönen. Geschweifter, leicht trapezförmiger Korpus mit<br />

vorstehenden vorderen Eckstollen auf wellig ausgeschnittener<br />

Zarge mit geschweiften Beinen. In der Mitte leicht gebauchte<br />

Front mit 2 Schubladen ohne Traverse. Ausserordentlich feine,<br />

matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge und -sabots.<br />

114x61,5x84 cm.<br />

Provenienz: Privatbesitz, Monaco.<br />

Hochbedeutende Kommode von perfekter Qualität und Eleganz.<br />

Die Bezeichnung „vernis Martin“ geht auf die Malerdynastie Martin zurück,<br />

deren Mitglieder den Titel „Vernisseur du Roy“ trugen. Eigentlicher Chef „du<br />

Clan“ und Begründer der berühmten Werkstatt ist Guillaume Martin (1689<br />

Paris 1749). Er führte sein Atelier in der Grande Rue du Faubourg Saint-Denis,<br />

wo er zusammen mit seinem Bruder Etienne-Simone (1703 Paris 1770) tätig<br />

war. Auch die anderen Familienangehörigen, Robert (1706 Paris 1765),<br />

Guillaume-Jean (1710 Paris 1770) und Julien (gest. 1765), arbeiteten im florierenden<br />

Atelier. Aus den Jahren 1710 bis 1730 sind nahezu keine Quellen<br />

vorhanden, jedoch lässt sich Folgendes festhalten, was den Aufstieg belegt:<br />

zum einen die Entwicklung der beruflichen Bezeichnung von Gillaume<br />

Martin, vom „vernisseur en verny de la Chine tant sur bois, ebenne, yvoir<br />

qu’autres tant pour toilette de femmes qu’autres ouvrages“, zum „maistre<br />

vernisseur“, „maistre peintre“ und „maistre peintre vernisseur“ bis zum Titel<br />

„vernisseur du Roy“ 1725, nachdem Guillaume den „weissen Firnis“ erfunden<br />

hatte - einen hellen, besonders durchsichtigen Lack. Dieser Titel wurde im 18.<br />

Jahrundert nur noch zwei weiteren Künstlern vergeben, A. Vincent und D.<br />

Aubert. Später schuf das Atelier Martin die Lackfarben „beau bleu de Prusse“,<br />

„petit vert“ und „jonquille“.<br />

In den 1710er und 1730er Jahren fertigte das Atelier vor allem Encoignuren<br />

und Kommoden. Auffällig dabei ist die Tatsache, dass die Inventare die Möbel<br />

jeweils ohne Bronzezierrat erwähnen und somit der Schluss naheliegt, dass die<br />

Möbel einem „marchand-mercier“ - die Quellen erwähnen J. Hébert und R.<br />

Révérend - geliefert wurden, der sie mit Bronzen schmückte. Diese Möbel werden<br />

in den Quellen meist mit „peint en la Chine“ bezeichnet und zeigen die<br />

grosse Vorliebe des Hochadels für exotische Themen.<br />

Die Jahre 1730 bis 1749 waren ungemein erfolgreich; das Atelier Martin lieferte<br />

1737 dem Königshaus eine von J. Hébert vermittelte Kommode (heute<br />

Bestand der Sammlungen des Musée du Louvre). Wenige Monate später folgten<br />

zwei Encoignuren, eine mit passender „tablette“ (im „Garde Meuble“ mit<br />

Nummer 522 und 523 notiert), und ein „clavecin“ für Mesdames in Versailles.<br />

Die wohl berühmtesten Möbel, eine Kommode und ein Paar Encoignuren in<br />

Blau/Weiss (heute Bestand der Sammlungen des Musée du Louvre, Inventarnr.<br />

OA 11292) - mit identischer Formgebung und Bronzezierat sowie auch von M.<br />

Criard signiert -, wurden ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem bedeutendsten<br />

„marchand-mercier“ der Epoche für das Königshaus gefertigt. Das im<br />

Todesjahr von Guillaume Martin verfasste Inventar zeigt in eindrücklicher<br />

Weise den Erfolg des Ateliers: Neben der schier unglaublichen Anzahl an<br />

Möbeln fällt vor allem die Vielfalt auf - Kommoden, Poudreusen, Encoignuren<br />

und Tische sowie Dosen, Schatullen, Paravents, Sänften und Kutschen.<br />

1204 (Detail)<br />

Interessant ist auch die Zusammenarbeit zwischen den Martins und den bedeutendsten<br />

Ebenisten der französischen Metropole. Durch familiäre<br />

Verbindung entstand eine rege Zusammenarbeit mit der Ebenistendynastie<br />

Desforges und Chevallier. Der Ruf der Familie Martin war so exzellent, dass<br />

die wichtigsten Vertreter der Ebenistenzunft die Dienste des Ateliers in<br />

Anspruch nahmen, wie z.B. B. Van Risenburgh (für eine Kommode für<br />

Königin Marie Leczinska 1737) und M. Criard.<br />

J. Dubois wurde 1694 in Pontoise geboren und starb 1763 in Paris. Er gehört<br />

zu den wichtigsten Ebenisten der Louis-XV-Epoche; bereits zu Lebzeiten wurde<br />

ihm höchste „notoriété“ zuteil. Er belieferte den königlichen Hof, den Hochadel<br />

und Paläste in ganz Europa. Markenzeichen seiner Werke waren harmonische<br />

Proportionen, zierliche Formen, allseitig verwendete Lackpanneaux, die ein<br />

ganzes Bild darstellen, originelle Schubladen- und Fächereinteilungen und<br />

ausserordentlich feine Bronzebeschläge. Obwohl er erst 1742 die Meisterwürde<br />

erlangte, war seine Produktion schon während der 1720er Jahre sehr erfolgreich;<br />

er schuf sich zu dieser Zeit in seinem Atelier im Faubourg-Saint-Antoine<br />

die Basis seiner „grande renommée“. Seine Laufbahn wird von einer Reihe<br />

meisterlicher Werke gekennzeichnet, die in einer beispielhaften Weise darstellen,<br />

wie perfekt J. Dubois die Herstellung feinster Marketerien in edlen Hölzern<br />

und die Verarbeitung von Lacken verschiedenster Herkunft beherrschte. Er<br />

wusste sich einer breiten Palette der Stile zu bedienen und arbeitete im Stil<br />

Louis XV genauso sicher wie im darauffolgenden neoklassizistischen Stil.<br />

P. Kjellberg schreibt über den „style Dubois“: „Il se confond avec le style rocaille<br />

dont le célèbre ébéniste reste un des maîtres les plus remarquables. La<br />

rocaille est essientiellement présent dans le dessin des bronzes que Dubois<br />

utilise en abondance pour orner ses meubles. Si elle est portée à son paroxysme,<br />

elle apparaît partout aileurs relativement plus mésurée, plus sage mais<br />

toujours lyrique, harmonieuse, pleine d’invention. Ces bronzes sont d’une<br />

exécution irréprochable. A la différence de BVRB (Bernard II Van Risenburgh),<br />

habituellement plus sobres, et de ceux de Joseph, plus étirés, ils adoptent un<br />

rythme syncopé, très mouvementeé, fait de courbes et de contre-courbes assez<br />

courtes, qui se répondent, se heurtent, se chevauchent comme des vagues.<br />

Souvent luxuriants, ils ornent et encadrent les panneaux des commodes, des<br />

encoignures, des bureaux de pente, aussi bien que les tiroirs des bureaux plats.<br />

Aux rinceaux rocailles s’ajoutent très souvent des motifs végétaux. Des guirlandes<br />

de fleurs très naturalistes apparaissent ainsi sur la face de certaines<br />

grandes commodes. Fleurs et feuillages s’accrochent aussi aux angles de la<br />

plupart des meubles. Le développement considérable de ces arêtes en bronze,<br />

qui prolongent les chutes jusqu’aux sabots, constitue un autre trait caractéristique<br />

de la manière de l’ébéniste.“ in: Le mobilier français du XVIIIe siècle,<br />

Paris 1989; S. 267-277.<br />

Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 128-142<br />

(biogr. Angaben zu Martin). A. Pradère, Die Kunst des französischen Möbels,<br />

München o.J.; S. 169-183 (biogr. Angaben zu Dubois) und S. 183 (Angaben zu<br />

Martin). J.N. Ronfort / J.D. Augarde / B. Langer, Nouveaux Aspects de la vie<br />

et de l’oeuvre de Bernard (II) Vanrisamburgh, in: Estampille / L’Objet d’Art<br />

290 (1995); S. 29-52 und 199 (biogr. Angaben zu Martin). J. Nicolay, L’art et<br />

la manière des maîtres ébénistes français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S.<br />

94/95 (biogr. Angaben zu Dubois).<br />

CHF 300 000.- / 500 000.-<br />

(€ 186 340.- / 310 560.-)<br />

Siehe Abb.

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