Frohe Weihnachten und ein gutes Neues Jahr! - Österreich Journal
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Foto: Photofest<br />
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 55 / 14. 12. 2007 72<br />
Kultur<br />
Erich Wolfgang Korngold mit s<strong>ein</strong>er Frau Luzi <strong>und</strong> den Söhnen Ernst <strong>und</strong> Georg im<br />
Hotel St. Moritz, New York 1935<br />
Dur, op. 39 zur Uraufführung, 1955 die Symphonie<br />
Fis-Dur, op. 40, ohne daß er damit an<br />
frühere Erfolge hätte anknüpfen können.<br />
Das Ende des Krieges, der Tod s<strong>ein</strong>es Vaters<br />
<strong>und</strong> Max R<strong>ein</strong>hardts holten Erich zurück<br />
in die Realität. Die Rückkehr nach Europa<br />
war sinnlos, die Mißgunst, die s<strong>ein</strong> Vater<br />
verbreitet hatte, ließ sie auch nicht ratsam<br />
ersch<strong>ein</strong>en. Niemand bemitleidete Korngold.<br />
S<strong>ein</strong>e großen Häuser, <strong>ein</strong>st der Lohn<br />
für s<strong>ein</strong>e Erfolge, waren nun unbewohnbar.<br />
Viele Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Verwandte waren ermordet<br />
worden <strong>und</strong> die wenigen Opernhäuser<br />
<strong>und</strong> Orchester, die es wagten, s<strong>ein</strong>e Werke<br />
aufzuführen, lösten Tiraden des Hasses <strong>und</strong><br />
der F<strong>ein</strong>dschaft seitens der Presse aus – sowohl<br />
direkt gegen ihn als auch indirekt gegen<br />
s<strong>ein</strong>en Vater. Korngold plante nie die<br />
Rückkehr nach <strong>Österreich</strong> als der siegreiche<br />
verlorene Sohn – er hoffte nur auf <strong>ein</strong>en<br />
fre<strong>und</strong>lichen Empfang durch s<strong>ein</strong> Heimatland.<br />
Doch nicht das Musik- <strong>und</strong> Opernpublikum,<br />
sondern die Verlogenheit der Musikpresse<br />
<strong>und</strong> die engstirnige, versperrende<br />
Bürokratie veranlaßten ihn schließlich, nach<br />
<strong>ein</strong>em kurzen Aufenthalt in Wien für immer<br />
nach Amerika zurück zu kehren.<br />
Korngold, mit Luise von Sonnenthal<br />
(<strong>ein</strong>e Enkelin Adolf von Sonnenthals, Burgschauspieler<br />
<strong>und</strong> 1887/1888 künstlerischer<br />
Leiter des Burgtheaters ) verheiratet, starb<br />
am 29. November 1957 in s<strong>ein</strong>em Haus an<br />
der Toluka Lake Avenue in North Hollywood<br />
in unmittelbarer Nähe der Warner Brothers<br />
Studios. Die Beisetzung erfolgte im<br />
Hollywood Memorial Park (heute Hollywood<br />
Forever Cemetery) am Santa Monica<br />
Boulevard. Am Tag s<strong>ein</strong>es Todes wehte über<br />
der Wiener Staatsoper die Trauerfahne.<br />
Die Ausstellung<br />
Doch zurück zur Ausstellung im Jüdischen<br />
Museum Wien: Sie zeigt unter anderem<br />
Sammlungen des Korngold-Materials<br />
aus dem Besitz des Warner Brothers Archivs<br />
<strong>und</strong> Museums in Los Angeles, der Familie<br />
Korngold, der Pierpont Morgan Library,<br />
<strong>ein</strong>iger österreichischer Archive, Brendan<br />
Carrolls sowie anderer privater Sammlungen<br />
<strong>und</strong> der „Library of Congress“. Des weiteren<br />
werden persönliche Dokumente <strong>und</strong> Fotos<br />
präsentiert, von denen viele noch nie öffentlich<br />
gezeigt wurden. Korngolds erste Erfahrungen<br />
in Hollywood werden mit <strong>ein</strong>em<br />
Stück von Olivia de Havillands Schmuck<br />
aus Max R<strong>ein</strong>hardts Film „Sommernachtstraum“<br />
(„A Midsummer Night‘s Dream“)<br />
<strong>und</strong> dem Oscar für „Anthony Adverse“ illustriert.<br />
Eine Büste von Anna Mahler ist ebenso<br />
zu sehen, wie zahlreiche Noten <strong>und</strong> Manuskripte<br />
zu s<strong>ein</strong>er Filmmusik. Die umfassende<br />
Betrachtung von Korngolds Zeit in<br />
Hollywood erfolgt anhand von Film-Trailern<br />
<strong>und</strong> begleitendem Material, wodurch Korngolds<br />
<strong>ein</strong>zigartiger Beitrag zur Filmkultur<br />
deutlich wird. S<strong>ein</strong>e Hollywood-Kompositionen<br />
werden dabei in Zusammenhang mit<br />
s<strong>ein</strong>er von Wien be<strong>ein</strong>flußten Musik gebracht.<br />
Ton- <strong>und</strong> Filmaufnahmen aus s<strong>ein</strong>em<br />
privaten Archiv erlauben es, ihn in der Ausstellung<br />
bei der Arbeit <strong>und</strong> in s<strong>ein</strong>er Freizeit<br />
zu hören <strong>und</strong> zu sehen.<br />
Dieses <strong>ein</strong>zigartige, intime Material erzählt<br />
die Geschichte <strong>ein</strong>er außergewöhnlich<br />
geistreichen, klugen <strong>und</strong> kreativen Wiener<br />
Familie. Korngold unterstützte viele s<strong>ein</strong>er<br />
Mitemigranten, darunter Max R<strong>ein</strong>hardts<br />
Witwe. Die Ausstellung illustriert nicht nur<br />
diese engen Beziehungen, sondern dokumentiert<br />
auch den Umgang durch s<strong>ein</strong> Heimatland<br />
während <strong>und</strong> nach der NS-Zeit. Daß<br />
Erich Wolfgang Korngold <strong>ein</strong>es der dynamischsten<br />
Talente s<strong>ein</strong>es <strong>Jahr</strong>h<strong>und</strong>erts war,<br />
steht nun außer Frage.<br />
Die Ausstellung stellt die Klischees <strong>und</strong><br />
Vorurteile, die <strong>ein</strong>st der Wertschätzung s<strong>ein</strong>er<br />
Musik entgegenstanden, bloß. Sie bringt<br />
das Werk <strong>ein</strong>es angesehenen Komponisten in<br />
<strong>ein</strong>en kulturellen Kontext, in dem der Film<br />
nicht länger nur <strong>ein</strong> blasses Abbild der<br />
„hohen Kunst“ ist – Korngold verfaßte s<strong>ein</strong><br />
Leben lang „hohe Kunst“, ob er nun in<br />
Hollywood oder Wien komponierte. 50 <strong>Jahr</strong>e<br />
nach s<strong>ein</strong>em Tod soll diese Ausstellung<br />
die große Bedeutung dieses <strong>ein</strong>zigartigen<br />
Wiener Komponisten zeigen <strong>und</strong> der Öffentlichkeit<br />
den vorurteilsfreien Genuß s<strong>ein</strong>er<br />
Musik ermöglichen.<br />
„Die Korngolds. Klischee, Kritik <strong>und</strong><br />
Komposition“ ist von 28. November 2007<br />
bis 18. Mai 2008 im Jüdischen Museum<br />
Wien zu sehen. �<br />
http://www.jmw.at<br />
Quellen: Jüdisches Museum Wien, „<strong>Österreich</strong>er<br />
in Hollywood“ von Rudolf Ulrich,<br />
erschienen beim Filmarchiv Austria (siehe<br />
unsere Buchbesprechung <strong>und</strong> das Portrait<br />
des Autors – bitte weiterblättern).