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M O R I T Z B L E I B T R E U<br />

Im Kino läuft derzeit Schutzengel,<br />

der neue Film von Til<br />

Schweiger. Weg vom niedlichen<br />

Spaß der Keinohrhasenund<br />

Zweiohrküken-Komödien<br />

handelt es sich hier um ein<br />

Actiondrama mit viel Geballer,<br />

aber – im typischen Stil Schweigers<br />

– auch vielen Emotionen.<br />

Wieder einmal hat Schweiger den<br />

Film produziert, führt Regie und<br />

spielt zudem die Hauptfi gur, einen<br />

ehemaligen Soldaten der<br />

Bundeswehr-Eliteeinheit KSK.<br />

Dieser wird damit beauftragt ein<br />

Waisenkind (gespielt von Schweigers<br />

Tochter Luna), das Zeugin<br />

eines Mordes wird, zu beschützen.<br />

Die Geschichte ist vielleicht<br />

nicht gerade Neustoff , aber die<br />

Thematik, die vor allem mit<br />

Bleibtreus Rolle des beinamputierten<br />

Ex-Soldaten Rudi in den<br />

Mittelpunkt gerät, ist in Deutschland<br />

selten auf der Leinwand zu<br />

sehen: dass deutsche Soldaten<br />

sich in Afghanistan einer Kriegssituation<br />

aussetzen. Bleibtreu<br />

brilliert in der tiefgehenden Rolle.<br />

Wir treff en uns mit Moritz<br />

Bleibtreu in seiner Wahlheimatstadt<br />

Hamburg zum Gespräch.<br />

Eben noch die Zigarette ausgedrückt,<br />

setzt sich Bleibtreu<br />

entspannt in seinem Stuhl zurück:<br />

„Bis heute hat mir Til<br />

78—GW<br />

Schweiger den schönsten Moment<br />

meiner Karriere beschert.”<br />

Und damit meint er nicht den<br />

deutschen Filmpreis, den er 1997<br />

für seine Rolle als Abdul, dem<br />

Türken, in Knockin' on Heaven's<br />

Door gewann. Rückblickend war<br />

dies Bleibtreus großer Durchbruch<br />

und die erste Zusammenarbeit<br />

der beiden Kinogrößen,<br />

die noch heute die deutsche<br />

Filmszene nachhaltig prägen.<br />

„Der Moment, als Til mich<br />

nachts um eins anrief und sagte,<br />

dass ich die Rolle spielen werde,<br />

war mit einem Glücksgefühl verbunden,<br />

das ich in meiner beruflichen<br />

Laufb ahn so nie wieder<br />

erlebt habe. Das muss noch getoppt<br />

werden.” Bleibtreu strahlt.<br />

Sein berühmtes, sympathisches<br />

Kassenschlager-Lächeln ist einfach<br />

in seiner Natur.<br />

Wie hat sich Deutschlands<br />

Strahlemann auf die Rolle des<br />

behinderten Rudi vorbereitet,<br />

der nach einem Afghanistan-<br />

Einsatz im Rollstuhl sitzt? „Ich<br />

bin ja eher ein Bauch- als Kopfschauspieler.<br />

Aber wir hatten<br />

zum Glück auch Felix mit am Set,<br />

der mit 18 seine Beine durch einen<br />

Unfall verlor und mich gedoubelt<br />

hat. Ich konnte ihm Fragen<br />

stellen und es war unglaublich<br />

ermutigend, mit was für einer<br />

Kraft und Selbstverständlichkeit<br />

er mit diesem Schicksal<br />

umgegangen ist.” Die Herausforderung<br />

bei der Rolle war nicht<br />

nur die Behinderung zu spielen,<br />

sondern vor allem, in welchem<br />

Kontext sie entstand. Bleibtreu<br />

gibt zu, dass er sich zuvor der<br />

Thematik der Soldateneinsätze<br />

zu einem bestimmten Grad verschlossen<br />

hatte, weil er ein Gewaltgegner<br />

ist.<br />

„Grundsätzlich wird Krieg in<br />

Deutschland aus verständlichen<br />

Gründen nicht oft thematisiert.<br />

Den Begriff Veteran verbindet<br />

man in allererster Linie mit Amerika.”<br />

Der Film greift das Problem<br />

dieser Begriffl ichkeit auf. Als die<br />

Hauptfi gur den Krieg in Afghanistan<br />

erwähnt, fragt das Waisenmädchen:<br />

„Welcher Krieg?”. Für<br />

Bleibtreu scheint genervt<br />

von der Medienkritik an Til<br />

Schweigers Erfolgen<br />

Bleibtreu ist dieser Punkt ganz<br />

zentral: „Wenn Soldaten mit<br />

schutzsicheren Westen und Panzer<br />

durch die Gegend fahren und<br />

in Schießgefechte verwickelt werden,<br />

dann ist man es ihnen schuldig<br />

zuzugeben, dass es sich um einen<br />

Krieg handelt und nicht nur<br />

um einen ‘Einsatz’. Im Sinne der<br />

Genfer Konvention ist das vielleicht<br />

kein Krieg, aber wie soll<br />

man das denn sonst nennen?”<br />

Bleibtreu redet ganz frei und<br />

ist sichtlich vom Filmstoff betroff<br />

en. Bevor der Film in die Kinos<br />

kam, ist Til Schweiger nach<br />

Afghanistan gereist und hat den<br />

Film dort den Truppen gezeigt.<br />

Viele Medien haben das als<br />

Imagepromotion kritisiert,<br />

Bleibtreu hingegen nimmt<br />

Schweiger sofort in Schutz: „Das<br />

ist alles Quatsch. Til macht das,<br />

weil es ihm persönlich nahe<br />

geht. Er hat eine unglaubliche<br />

Kraft, die richtig ansteckend ist.<br />

Er macht alles aus Leidenschaft,<br />

Liebe und Überzeugung.” Ähnlich<br />

verhält es sich mit dem Thema,<br />

dass Schweigers Kinder in<br />

seinen Filmen mitspielen. „Oft<br />

wird auch mir das als Grundsatzfrage<br />

gestellt. Aber Til macht<br />

das, weil es einfach passt. Es gab<br />

eine Geschichte mit einem<br />

15-jährigen Mädchen, Luna<br />

wollte sie gern spielen und macht<br />

es dazu auch noch gut. Also, wieso<br />

nicht?” Bleibtreu meint, es<br />

ginge Schweiger sicher auch darum,<br />

mehr Zeit mit seiner Tochter<br />

zu verbringen, was er als Familienmann<br />

gut verstehen kann.<br />

Sein eigener Sohn (mit seiner<br />

schwedischen Langzeitpartnerin<br />

Annika) ist erst vier Jahre alt,<br />

aber Bleibtreu selbst hatte zu Beginn<br />

seiner Karriere auch mit<br />

seiner Mutter, der vor drei Jahren<br />

verstorbenen Schauspielerin<br />

Monica Bleibtreu, vor der Kamera<br />

gestanden.<br />

Generell scheint Bleibtreu<br />

genervt von der Medienkritik<br />

am Erfolg seines Kollegen<br />

Schweiger, vielleicht weil es gegen<br />

Bleibtreus Natur ist, immer<br />

nur alles zu verreißen: „Ich bin

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