Rückblick auf das Jahr 2009 - Landrat-Lucas Gymnasium
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Sprachaustausch <strong>Lucas</strong> live<br />
80<br />
Grüße aus Lappland<br />
Auf den Satz „Ich gehe für ein halbes <strong>Jahr</strong> ins Ausland“ haben<br />
die meisten meiner Mitmenschen zwar interessiert, aber nicht<br />
übermäßig überrascht reagiert, ja, es wird sogar schon fast als<br />
normal angesehen, <strong>das</strong> elfte Schuljahr außerhalb Deutschlands<br />
zu verbringen. Danach folgte natürlich unweigerlich die Frage: „In welches<br />
Land fährst du denn?“ Die Reaktion <strong>auf</strong> meine Antwort war zunächst überrumpeltes Schweigen,<br />
und dar<strong>auf</strong> folgte mit ungläubigem Gesichtsausdruck: „Nach Schweden??? Wieso <strong>das</strong><br />
denn?“<br />
Nun ja, <strong>das</strong> kam so: Meine Bewerbung für ein Stipendium vom Bundestag für ein <strong>Jahr</strong> USA<br />
wurde in der zweiten Runde abgelehnt. Selbst konnten und wollten meine Eltern den Aufenthalt<br />
im Ausland nicht finanzieren. Über die Schule oder Lehrer fanden wir auch keinen<br />
Kontakt. Also sah es aus, als müsste ich mich damit abfinden, zu Hause zu bleiben, und ich<br />
legte <strong>das</strong> Thema – bedauernd, aber gleichzeitig leicht angesäuert – zu den Akten.<br />
Durch einen dummen Zufall wurde mein Traum doch noch wahr. Die ehemalige Babysitterin<br />
meiner Geschwister, Patricia, war drei <strong>Jahr</strong>e zuvor nach Schweden ausgewandert. Sie<br />
bot nun an, mich <strong>auf</strong>zunehmen, und übernahm auch dankenswerterweise die Anfragen in<br />
der Schule. Die Zusage der Schule zu erlangen, war ein zähes Unterfangen, doch schließlich<br />
trudelte die schriftliche Erlaubnis ein, <strong>das</strong>s ich sogar ein ganzes <strong>Jahr</strong> dort lernen dürfe. Ich<br />
konnte mein Glück kaum fassen – hatte ich bereits alle Hoffnung <strong>auf</strong>gegeben!<br />
Richtig real wurde es aber doch erst für mich, als ich meine Eltern am Flughafen in aller<br />
Herrgottsfrühe verabschiedete mit der Gewissheit, sie mindestens ein halbes <strong>Jahr</strong> nicht<br />
mehr zu sehen. Mein Ziel Kiruna in Schweden ist ganz hoch im Norden, trotzdem erwartete<br />
mich bei meiner Ankunft ein kleiner Kälteschock – Anfang August waren es doch tatsächlich<br />
nur 10 °C! Außerhalb von Kiruna lebe ich seitdem in einer vom Haupthaus getrennten Gästehütte,<br />
die ich auch selbst mit Holz heize.<br />
Die ersten Tage verbrachte ich zumeist damit, Patricia <strong>auf</strong> Schwedisch Harry Potter vorzulesen<br />
und mit Nachbarn Kaffee zu trinken sowie die Bibliothek unsicher zu machen.<br />
Die Bürokratie schlug wieder zu als die Schule anfing, ich aber keine Kurse zugewiesen<br />
bekam, aussuchen durfte ich leider auch kaum. Da die Schweden hier sehr nett und sehr<br />
kontaktfreudig sind, konnte ich mich sehr gut einleben und auch bald die ersten Freunde<br />
finden. Schwedisch war für mich leicht zu erlernen, und bereits im September konnte ich<br />
mich fließend verständigen.<br />
Zwischen dem deutschen und dem schwedischen Schulsystem gibt es allerdings ziemlich<br />
große Unterschiede: Die Unterrichtsstunden sind alle unterschiedlich lang, man kann eine<br />
praktische Ausbildung machen, zum Beispiel Automechaniker, damit jedoch trotzdem die<br />
Erlaubnis erlangen, an einer Universität zu studieren. Weil bis ca. 16:00 Uhr nachmittags unterrichtet<br />
wird, bekommt jeder Schüler ein kostenloses, warmes Mittagessen. In der ersten<br />
Klasse der weiterführenden Schule, die für alle erst im Alter von 15 bis 16 <strong>Jahr</strong>en beginnt,<br />
ist <strong>das</strong> Niveau für meine Begriffe noch sehr niedrig. Es wird viel auswendig gelernt und der