IZ P olicy P apers - instytut zachodni w poznaniu - Poznań
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Die Deutschen als Täter und Opfer<br />
in Hand mit der Zurschaustellung der deutschen Leiden, wohingegen die<br />
Aneignung des Judenmordes den kommemorativen Status der deutschen<br />
Opfer relativierte. Nach der Vereinigung häuften sich die Abwehrreaktionen:<br />
man kämpfte um den bedrohten Status der deutschen Opfer und exponierte<br />
die deutschen Leiden während und im Anschluss des Krieges. Wobei man in<br />
Deutschland, wenn man von den Opfern spricht, die schutzlose Zivilbevölkerung<br />
meint, die der Gewalt der Siegermächte ausgesetzt war und – offen ausgesprochen<br />
oder unausgesprochen – für den unschuldigen Teil der deutschen<br />
Gesellschaft gehalten wird, der nichts mit dem nationalsozialistischen Regime<br />
gemein hatte. Dies war Voraussetzung für eine überzeugende Darstellung der<br />
Deutschen als Opfer (victima) und eine effektive Politik der Viktimisierung<br />
des deutschen Volkes. Vereinzelt gab es zwar auch Versuche, die deutschen<br />
Soldaten zu heroisieren und ihren Heldentod zu sakralisieren (sacrificium),<br />
dies war bisher aber eher die Ausnahme. Verständlicherweise konnten diese<br />
Versuche in der Bundesrepublik sich nur auf die Ostfront und den Krieg mit<br />
der Sowjetunion, oder breiter gefasst, den Kampf mit der bolschewistischen<br />
Bedrohung Europas, beziehen. Eine besondere Rolle spielte dabei die Erinnerung<br />
an die deutsch-sowjetische Schlacht in den Ruinen Stalingrads, an<br />
die Verteidigung Ostpreußens gegen die sowjetische Offensive sowie an die<br />
Hilfsdienste der Kriegsmarine und des Heeres bei der Evakuation und Flucht<br />
der Zivilbevölkerung.<br />
Die Deutschen verfügen über einen gut ausgearbeiteten Katalog der eigenen<br />
Opfer. Sie sehen sich als Kollektivopfer, weil sie den Alliierten unterstellen,<br />
diese hätten sich in ihrer Politik gegenüber Deutschland systematisch vom<br />
Prinzip der kollektiven Schuld und der kollektiven Verantwortung leiten lassen.<br />
Infolgedessen sei dem deutschen Volk, wider alle Regeln der Gerechtigkeit,<br />
mehrfach Unrecht geschehen. Im wilhelminischen Zeitalter habe man<br />
den Großmachtstatus des Deutschen Kaiserreiches nicht anerkennen wollen,<br />
im Versailler Vertrag habe das Reich zahlreiche Gebiete abtreten müssen,<br />
wobei das Prinzip der ethnischen Grenzziehung verletzt worden sei, darüber<br />
hinaus sei der deutsche Staat mit ungewöhnlich hohen Reparationszahlungen<br />
und strengen Rüstungsauflagen belegt worden, wodurch man ihn zum<br />
Paria Europas gemacht habe. Aus diesem Gefühl der Demütigung sei später<br />
der Nationalsozialismus entstanden, dessen erstes Opfer die Deutschen<br />
selbst gewesen seien. Ein noch größeres Unrecht sei dem deutschen Volk<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg widerfahren, als es im Osten ungerechterweise<br />
Gebiete verlor, die immer schon deutsch gewesen seien, und man die dortige<br />
Bevölkerung zur Flucht gezwungen oder vertrieben habe. Man könnte diese<br />
Aufzählung des Leids und Unrechts, die dem deutschen Volk widerfahren sein<br />
soll, noch präzisieren und verlängern, es genügt jedoch darauf hinzuweisen,<br />
dass man allgemein davon überzeugt war, ein großes Volk mit einem hohen<br />
zivilisatorischen Niveau zu sein, das sich große Verdienste um die europäische<br />
Kultur erworben hatte, und dem es vom Schicksal bestimmt war, das<br />
Opfer ungerechter historischer Kräfte zu sein. Diese Vorstellung war in der<br />
<strong>IZ</strong> P<strong>olicy</strong> P<strong>apers</strong> • nr 1(II) • www.iz.poznan.pl 33