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IZ P olicy P apers - instytut zachodni w poznaniu - Poznań

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Das Erinnern institutionalisierter Gewalt und die historische Semantik<br />

zu denen ich schon vor längerer Zeit, Anfang der neunziger Jahre gelangt bin.<br />

Ich erinnere an mein Lemma „Der Topos der ‚verlorenen Heimat’“ im Lexikon<br />

Deutsche und Polen. 100 Schlüsselbegriffe (1992), vor allem aber an dessen veränderte<br />

Version in Semantyka Deprywacji [Semantik der Deprivation] (2003),<br />

darüber hinaus an den vom Instytut Zachodni [Westinstitut] herausgegebenen<br />

Konferenzband Utracona ojczyzna. Przymusowe wysiedlenia, deportacje i<br />

przesiedlenia jako wspólne doświadczenie [Verlorene Heimat. Zwangsaussiedlungen,<br />

Deportationen und Umsiedlungen als gemeinsame Erfahrung]<br />

(1996), in erster Linie jedoch an eine Reihe von Texten, deren wichtigste ich<br />

im Band Zrozumieć świat [Die Welt verstehen] (2003) gesammelt habe. Auf<br />

sie berufe und stütze ich mich; denn ich sehe „für den Augenblick“ keinen<br />

Bedarf, meine früheren Zentralthesen zu dekonstruieren.<br />

Im „Arbeitsspeicher“ des Vertreibungsdiskurses sollten etwa Aspekte wie<br />

die folgenden ihren Platz bekommen: die Organisierung des Gedächtnisses<br />

nach der Regel „Dekonstruktion – Recycling – Performance“ (z. B. von negativer<br />

Identität zur Identität der Opfergemeinschaft); die Allgegenwart des<br />

Sich-Berufens auf polnische und deutsche Deprivationsliteratur (aus dem<br />

Bereich der Belletristik); die Reihenfolge der bei der Konstruktion des Identitätsgedächtnisses<br />

verwendeten Elemente.<br />

Von der Notwendigkeit der historischen Semantik<br />

Vor allem aber muss hevorgehoben werden, wie wichtig die Grundlagen<br />

der historischen Semantik sind und welche Funktion sie haben. Der Kürze<br />

halber beschränke ich mich darauf, die markanten Thesen des hervorragenden<br />

historischen Semantikers Dietrich Busse zu Umfang und Tiefe der Wirkung<br />

von Begriffen anführen, welche letztere als (Ko-)Faktoren bei der Konstruktion<br />

der Rahmen des Gruppengedächtnisses im Sinne von Halbwachs aufgefasst<br />

werden. (Hinter einer solchen Auffassung stehen im Übrigen starke Argumente<br />

der führenden Richtungen im Bereich der deutschen historischen<br />

Semantik, wie sie u. .a. durch Reinhart Koselleck oder Hans Friedrich Bödeke<br />

repräsentiert werden.) Busse behauptet: „Ein großer Teil der politischen Tätigkeit<br />

ist symbolische Tätigkeit. Der Kampf um die Begriffe ist ein Kampf<br />

auf dem Feld der Besetzung von zentralen symbolischen Elementen des politischen<br />

Handelns und der öffentlichen politischen Kommunikation. Dabei<br />

rückt politische Sprache als Bestandteil von Machtstrukturen und Gegenstand<br />

der Auseinandersetzung um Machtverteilung oder Machtbeteiligung<br />

immer nur dann in den Blick der Agierenden und der Öffentlichkeit, wenn<br />

die Selbstverständlichkeit der Hegemonie der Machthaber über die politische<br />

Sprache und ihre Inhalte durchbrochen ist. Politische Begriffe beschreiben<br />

nicht einfach nur Tatsachen und Sachverhalte. In der Semantik der zentralen<br />

politischen Leitvokabeln geht es immer auch darum, Wirklichkeitsdeutungen<br />

durchzusetzen. Wer die Deutung eines Begriffes durchsetzen will, will damit<br />

auch eine bestimmte Deutung der Wirklichkeit durchsetzen. Daher ist die<br />

<strong>IZ</strong> P<strong>olicy</strong> P<strong>apers</strong> • nr 1(II) • www.iz.poznan.pl 45

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