IZ P olicy P apers - instytut zachodni w poznaniu - Poznań
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eine ethnisch-nationale Trennlinie, sondern um eine Trennung anhand des<br />
Kriteriums, ob es sich um kulturell lizenzierte, institutionalisierte oder um<br />
„kulturell unpatentierte“ Gewalt handelt. Alle Reflexionen im vorliegenden<br />
kurzem Text, der für die kulturelle Artikulation der institutionalisierten<br />
(Nachkriegs-)Gewalt sensibilisieren soll, machen auf diesen mehr oder weniger<br />
verdrängten Diskurs aufmerksam.<br />
Es ist nicht sonderlich originell von mir, den Terminus „Ligatur“ als metaphorischen<br />
Analysebegriff einzuführen; denn schon vor über zehn Jahren war<br />
es niemand anders als Ralf Dahrendorf, der als Ligaturen die kulturellen Bindungen<br />
bezeichnete, die Menschen in die Lage versetzen, ihren Weg durch die<br />
Welt der Optionen zu finden. 32 Hier jedoch wird unter diesem aus der Druckersprache<br />
entnommenen Begriff ein Gerüst aus Erinnerungsmodulen mit sich<br />
aufhebenden und/oder ausschließenden Wertungen oder auch Referenzen<br />
verstanden. Was ist denn Christian Meiers Kommentar zur Idee, in Berlin ein<br />
Zentrum gegen Vertreibungen zu errichten, anderes als ein Ruf danach, eben<br />
solchen Ligaturen ihren angemessenen Platz im Erinnern der Vergangenheit<br />
wieder einzuräumen?! „Ein Zentrum,“ – schrieb dieser hervorragende Althistoriker<br />
bereits im September 2003 im „Tagesspiegel“ – „das dem Gedenken<br />
an Flucht und Vertreibung aus dem deutschen Osten dient, muss also etwas<br />
unglaublich Schwieriges leisten. Es muss deutsche Untäterschaft [sic! viell.<br />
„Urtäterschaft“? – Anm. d. Ü.] und deutsches Leiden nebeneinanderstellen<br />
und in Beziehung zueinander setzen. […] Das geplante Zentrum muss uns<br />
mit weit mehr konfrontieren als nur mit der Vertreibung von Deutschen und<br />
anderen. […] Die starke Fixierung des deutschen Gedenkens auf den Mord an<br />
den Juden lässt leicht übersehen, in welchem Ausmaß gerade auch in Polen<br />
von uns gemordet, schikaniert und umgesiedelt wurde. Ein Sklavenvolk ohne<br />
jede Elite, ohne Bildungsmöglichkeiten, sollte dort übrigbleiben.“ 33 Diese<br />
Warnungen des deutschen Historikers waren jedoch vergebens.<br />
Als „Mahnmal-Gedenkstätte“, als (in Edmund Stoibers Worten) „nationale<br />
Erinnerungsstätte“ gar, nimmt das „Zentrum“ andere Züge, ja ganz neue<br />
Dimensionen an. Zu den in deutschen Diskussionen unvermeidlichen Begriffen<br />
gehören vor allem „gedenken“ und „mahnen“, entsprechend natürlich<br />
auch „Gedenkstätte/Weihestätte“ und „Mahnmal“. Sie alle verweisen auf<br />
das Hauptgründungsmotiv, nämlich auf das Bedürfnis nach beträchtlichem<br />
kulturellen, ja mehr noch: symbolischen Kapital. Es geht um eine materiell<br />
vorhandene Gedenkstätte: zum Niederlegen von Kränzen, Halten von Reden<br />
und Organisieren von Manifestationen – die Begriffe „Weihestätte“, „Mahnmal“,<br />
ja sogar „Requiem-Rotunde“ zeigen das. Es dürfte kaum ein Zufall sein,<br />
dass das Sichtbare Zeichen seinen Platz in der Nähe des Holocaust-Denkmals<br />
und des Reichstages bekommen soll, wenn man auf Aussagen von politischen<br />
60<br />
Hubert Orłowski<br />
32 R. D a h r e n d o r f, Das Zerbrechen der Ligaturen und die Utopie der Weltbürgergesellschaft, in:<br />
U. B e c k u. E. B e c k-G e r n s h e i m (Hg.), Riskante Freiheiten, Frankfurt am Main 1994,<br />
S. 424.<br />
33 Ch. M e i e r, Das ungeteilte Gedenken. Vor dem „Tag der Heimat“: zur Debatte um das geplante<br />
Vertriebenen -Zentrum, „Tagesspiegel“ v. 4. September 2003, S. 25.<br />
<strong>IZ</strong> P<strong>olicy</strong> P<strong>apers</strong> • nr 1(II) • www.iz.poznan.pl