IZ P olicy P apers - instytut zachodni w poznaniu - Poznań
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Die Deutschen als Täter und Opfer<br />
Der Bund der Vertriebenen begann sich auf die Geschichtspolitik zu<br />
konzentrieren, mit der man das kollektive Gedächtnis, vor allem das der<br />
Vertriebenengemeinschaft, der deutschen Minderheiten und der bundesrepublikanischen<br />
Gesellschaft beeinflussen wollte. Aber der Ehrgeiz des Bundes<br />
ging weiter, er wollte auch das europäische Gedächtnis prägen, unter anderem<br />
den Tschechen und Polen seine Sicht der Geschichte aufzwingen. Das war<br />
natürlich nicht ganz neu, sondern basierte auf den Nachkriegsaktivitäten<br />
der Vertriebenenorganisationen. Neu war, dass diesem Tätigkeitsfeld eine<br />
außerordentlich große Bedeutung beigemessen wurde, und die Aktivitäten<br />
in diesem Bereich immer seltener von materiellen Forderungen begleitet<br />
waren. Bisher hatte man die Zurschaustellung des Flüchtlings- und Vertriebenenleides<br />
allzu penetrant mit materiellen Forderungen verbunden, was als<br />
eine recht primitive Legitimierung materieller Gruppeninteressen betrachtet<br />
werden konnte. Dies galt noch bis vor wenigen Jahren. Erst 2005 verzichtete<br />
der Bund der Vertriebenen in seiner Propaganda darauf, materielle und symbolische<br />
Forderungen miteinander zu verknüpfen. Formal gesehen wurden<br />
diese beiden Aspekte getrennt: mit den materiellen Forderungen befasst sich<br />
nun die Preußische Treuhand, während sich die Stiftung „Zentrum gegen<br />
Vertreibungen“ mit der Geschichtspolitik beschäftigt. Beide Institutionen<br />
betonen ihre Selbstständigkeit und Unabhängigkeit gegenüber dem Bund der<br />
Vertriebenen. Dies entspricht zwar nicht der Wirklichkeit, erfüllt aber eine<br />
wichtige Funktion, denn es vergrößert den Bewegungsspielraum beider Institutionen.<br />
Der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ kann man schwerlich<br />
vorwerfen, sie würde materielle Forderungen erheben.<br />
Der fast zehn Jahre währende harte Kampf des Bundes der Vertriebenen<br />
um die Gründung eines Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin endete mit<br />
einem vollen Erfolg. Das Projekt wurde 1999 aus der Taufe gehoben, wobei<br />
damals vom „Zentrum der 15 Millionen“, das heißt von einem ausschließlich<br />
den deutschen Vertriebenen gewidmeten Zentrum die Rede war. Der Name<br />
war politisch ungeschickt gewählt, weshalb man ihn rasch ersetzte durch<br />
Zentrum gegen Vertreibungen, was einfach universeller klang. Das Konzept<br />
sah vor, dass das Zentrum von Vertriebenenfunktionären geplant, verwaltet<br />
und geleitet wird, aber aus dem Bundeshaushalt finanziert wird. Das Ganze<br />
war derart aufwendig entworfen, dass man es nur mit öffentlichen Mitteln<br />
ins Werk setzen konnte, darüber hinaus musste es ins Netz der Institutionen<br />
integriert werden, die die Träger der staatlichen Geschichtspolitik waren. Die<br />
Idee erfreute sich der ausdrücklichen Unterstützung der rechtskonservativen<br />
CSU, etwas verhaltenerer Unterstützung bei der CDU und der partiellen, mit<br />
Vorbehalten versehenen Unterstützung der SPD; die Grünen standen dem<br />
Zentrum reserviert gegenüber, und die postkommunistische PDS war bis zum<br />
Ende gegen die Initiative des Bundes der Vertriebenen. Im Grunde genommen<br />
bestand in der Bundesrepublik Konsens, dass der Leiden der Flüchtlinge und<br />
Vertriebenen in besonderer Weise gedacht werden sollte – selbst die Grünen<br />
stimmten dem unter bestimmten Bedingungen zu. Vorbehalte hatte man<br />
<strong>IZ</strong> P<strong>olicy</strong> P<strong>apers</strong> • nr 1(II) • www.iz.poznan.pl 39