IZ P olicy P apers - instytut zachodni w poznaniu - Poznań
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Kräften des Faschismus und Imperialismus standhaften Widerstand leistete.<br />
Die Wehrmachtsoldaten, die tapfer ihre Pflicht gegenüber dem Vaterland<br />
erfüllten und von einer nazistischen Clique schändlich betrogen wurden,<br />
waren ebenfalls ein Bild, das sich auf Dauer nur sehr schwer aufrechterhalten<br />
ließ. Einfacher hatte man es da schon mit den Verlusten an Menschenleben<br />
während der alliierten Flächenbombardements, denn nachdem die militärische<br />
Bedeutung der Luftangriffe reduziert worden war, stellten sie sich als<br />
ein konsequent umgesetztes Vernichtungsprogramm der Zivilbevölkerung<br />
dar. Für das Bild des deutschen Opfers eigneten sich am besten jedoch die<br />
Flüchtlinge und Vertriebenen aus dem Osten, zumal mit der Zeit der historische<br />
Kontext in Vergessenheit geriet und Menschenrechtsverletzungen<br />
stärker ins Blickfeld rückten.<br />
Die in der BRD anfänglich fast 8 Mio. Menschen zählende, dann aber<br />
ständig wachsende, mächtige Bevölkerungsgruppe aus dem Osten brachte aus<br />
ihrer Heimat ein äußerst heterogenes „unsichtbares Gepäck“ an historischen<br />
Erfahrungen mit. Auf keinen Fall war dies ein einheitliches Gepäck. Dennoch<br />
verband die Gruppe ein Gefühl tiefen „Leids” und „Unrechts”, das zunächst<br />
die Sieger ihr angetan hatten, später aber auch die eigenen Landsleute, die sie<br />
nur äußerst widerstrebend aufgenommen hatten20 . Die Erinnerungen daran<br />
sind gekennzeichnet durch eine Idealisierung der verlorenen Heimat, Ressentiments,<br />
Anschuldigungen und Forderungen gegenüber den „vertreibenden“<br />
Völkern und Staaten. Sie spiegelten sich auch in der Erinnerungskultur wider,<br />
umso mehr als Bund und Länder in § 96 des Bundesvertriebenengesetzes von<br />
1953 (Novellierung 1973) verpflichtet werden, die kulturellen Aktivitäten der<br />
Vertriebenenorganisationen zu unterstützen. Mit der Pflege der Erinnerungen<br />
befassen sich vor allem die Landsmannschaften, in denen die Vertriebenen<br />
entsprechend ihren ehemaligen Heimatgegenden organisiert sind; 1958<br />
schlossen sie sich unter dem Dach des „Bundes der Vertriebenen – Vereinigte<br />
Landsmannschaften und Landesverbände“ zusammen. Das kollektive<br />
Gedächtnis der Flüchtlinge und Vertriebenen bewahren zahlreiche Institutionen,<br />
Stiftungen, Museen, Archive und Bibliotheken21 . In der Martin-Opitz<br />
Bibliothek in Herne sind 200.000 Titel sowie 400 Zeitschriften zum Thema<br />
„Vertreibung” versammelt; derzeit zählt man etwa 1.500 Gedenkorte an Flucht<br />
und Vertreibung (Gedenksteine, Gedenktafeln, Denkmalskulpturen etc.).<br />
Die gelegentlich geäußerte Ansicht, Flucht und Vertreibung seien in der<br />
BRD viele Jahre lang tabuisiert worden, ist unsinnig und absurd. Das Gegenteil<br />
ist der Fall, und zwar aus dem einfachen Grund, weil die Erinnerung daran eine<br />
außerordentlich wichtige Rolle bei der Relativierung der deutschen Täterschaft<br />
spielte. Es stimmt allerdings, dass in den Sechziger- und Siebzigerjahren, mit<br />
der Politik der Öffnung nach Osten, die (was wohl unbestritten ist) offen na-<br />
20 Vgl. A. K o s s e r t, Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945,<br />
München 2008, passim.<br />
Die Deutschen als Täter und Opfer<br />
21 Ostdeutsches Kulturgut in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Handbuch der Sammlungen,<br />
Vereinigungen und Einrichtungen mit ihren Beständen, (bearb. von W. Kessler), Stiftung Ostdeutscher<br />
Kulturrat, K. G. S a u r, München, London, New York, Paris, 1989, passim.<br />
<strong>IZ</strong> P<strong>olicy</strong> P<strong>apers</strong> • nr 1(II) • www.iz.poznan.pl 37