Das Magazin der GEMA · Ausgabe April 2009 - heller & partner
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PolItIk<br />
Was Musik wert ist<br />
BefreiunGsschlAG oDer<br />
tiefschlAG?<br />
eine barriere ist gefallen. seit März bieten die füHrenden<br />
doWnload-portale, allen voran die platzHirscHe itunes und<br />
Musicload, iHre songs oHne kopierscHutz an. die digitalen<br />
MusikHändler Jubeln ob <strong>der</strong> neuen geWinnaussicHten – zu früH?<br />
MteXt: OLAF BUTTERBROD<br />
arktführer Apple machte den<br />
Anfang. Vor zwei Jahren for<strong>der</strong>te Apple-Chef<br />
Steve Jobs das Ende des Kopierschutzes –<br />
denn dieser habe „<strong>der</strong> Piraterie niemals<br />
Einhalt geboten“. Anfang dieses Jahres<br />
nun kündigte Apple-Marketingchef Phil<br />
Schiller an, <strong>der</strong> Konzern würde tatsächlich<br />
seine etwa zehn Millionen digitalen Musikstücke<br />
ohne Kopierschutz anbieten. Damit<br />
traten die Kalifornier eine Lawine los.<br />
<strong>Das</strong> größte deutsche Download-Portal<br />
Musicload (sechs Millionen Lie<strong>der</strong>) zog<br />
nach, und auch das internationale Schwergewicht<br />
Amazon hat zum großen Sprung<br />
angesetzt. Fakt ist: <strong>Das</strong> Kopierschutz-<br />
Format DRM (Digital Rights Management),<br />
bislang eine <strong>der</strong> letzten Bastionen gegen<br />
das ungehin<strong>der</strong>te Verbreiten digitaler<br />
Musik, gehört in die Geschichtsbücher.<br />
Ist das ein Grund zum Jubeln? Die<br />
digitalen Musikhändler jedenfalls sind<br />
optimistisch. „<strong>Das</strong> Handling von DRM-<br />
geschüzten Musikfiles hat in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
bei vielen Verbrauchern dazu<br />
geführt, dass sie den digitalen Musik-<br />
vertrieb für kompliziert und unflexibel<br />
hielten“, sagt Joachim Franz. Der Vice<br />
President von Musicload glaubt: „Diese<br />
große potenzielle Käuferschaft können<br />
wir nun von den vielen Vorzügen legaler<br />
Downloads überzeugen.“<br />
In <strong>der</strong> Tat: Wer einen beispielsweise bei<br />
Musicload gekauften MP3-Song abspielen<br />
28<br />
wollte, brauchte es (ohne aufwendige<br />
technische Kniffe) erst gar nicht auf einem<br />
iPod von Apple versuchen – dort war nur<br />
das ACC-Format abspielbar. So lebten die<br />
Branchenriesen auf ihrer eigenen „technischen<br />
Insel“. Für Millionen Kunden ein<br />
Unding, für den Musikmarkt <strong>der</strong> Zukunft<br />
eine hausgemachte Fußfessel.<br />
Auch Joachim Franz von Musicload<br />
plädiert deshalb für einen einheitlichen<br />
Audiostandard – für ihn „eine <strong>der</strong> wesentlichen<br />
Voraussetzungen für die Entwicklung<br />
des legalen Downloads zu einem<br />
erfolgreichen Massenmarkt“.<br />
„die verbreitung illegaler<br />
produkte iM netz ist nocH-<br />
Mals einfacHer geWorden“<br />
Doch nicht alle sind von <strong>der</strong> Ansicht angetan,<br />
im Kampf gegen Online-Piraten und<br />
illegales Brennen mit dem Kopierschutz<br />
jahrelang auf das falsche Pferd gesetzt zu<br />
haben. Thimo Prziklang von <strong>der</strong> <strong>GEMA</strong><br />
gehört zu den Kritikern des neuen Modells.<br />
Der stellvertretende Direktor <strong>der</strong> Direktion<br />
Industrie sorgt sich um die Interessen <strong>der</strong><br />
Urheber: „Nun sind MP3-Dateien noch<br />
leichter kopierbar als bisher und können<br />
ohne beson<strong>der</strong>en Aufwand beispielsweise<br />
in illegale Filesharing-Dienste eingestellt<br />
werden.“<br />
Für Prziklang stellt diese Marschroute<br />
die nächste Stufe <strong>der</strong> Entwertung künstlerischen<br />
Schaffens dar. „Die beliebige<br />
Verbreitung ist jedenfalls kein Weg, um zur<br />
angemessenen Vergütung für die Werknutzung<br />
zu kommen.“ Der Abschied von<br />
DRM, so Prziklang, erschwere die Kontrolle<br />
<strong>der</strong> Urheberrechte weiter und könne auch<br />
für die Download-Portale zum Eigentor<br />
werden. „Fakt ist: Die Verbreitung illegaler<br />
Produkte im Netz ist nochmals einfacher<br />
geworden. Davon werden auch legale Anbieter<br />
negativ betroffen sein.“<br />
Die <strong>GEMA</strong> setzt bei <strong>der</strong> Wahrung <strong>der</strong><br />
Interessen und Rechte ihrer Mitglie<strong>der</strong><br />
weiterhin auf den juristischen Kampf, etwa<br />
gegen nicht lizenzierte Sharehosting-Angebote,<br />
also „organisierte“ illegale Portale.<br />
Auf eine an<strong>der</strong>e Strategie setzt <strong>der</strong><br />
Deutsche Musikverband. Er hat eine neue<br />
(allerdings zivilrechtliche) Runde im Kampf<br />
gegen Raubkopierer eingeläutet. Der Hintergrund:<br />
Viele Staatsanwaltschaften haben<br />
eine „Bagatellgrenze“ eingeführt. Nur wer<br />
mehr als 3.000 Lie<strong>der</strong> illegal herunterlädt,<br />
wird strafrechtlich verfolgt. Für Dieter<br />
Gorny, Vorsitzen<strong>der</strong> des Verbands, das völlig<br />
falsche Zeichen: „Wer eine CD im Laden<br />
klaut, wird bestraft, wer 100 Musikalben<br />
herunterlädt, kommt ungeschoren davon.“<br />
Der Wegfall des Kopierschutzes wird des<br />
Unrechtsbewusstsein <strong>der</strong> Online-Piraten<br />
jedenfalls nicht steigern, soviel steht fest.<br />
Bleibt abzuwarten, ob <strong>der</strong> so lang ersehnte<br />
Befreiungsschlag <strong>der</strong> Internet-Händler tatsächlich<br />
gelingt – o<strong>der</strong> die Urheber den<br />
nächsten Tiefschlag verkraften müssen.<br />
virtuos <strong>Ausgabe</strong> <strong>April</strong> <strong>2009</strong><br />
DteXt: LOTHAR SCHOLZ<br />
as „Spiegel“-Interview (<strong>Ausgabe</strong> 10/<strong>2009</strong>)<br />
mit Dr. Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Axel Springer AG, hat in den Medien ein großes Echo gefunden.<br />
In dem Interview for<strong>der</strong>t Döpfner „ein gesetzlich<br />
zu schaffendes Leistungsschutzrecht“ für Verleger, nach dem<br />
die Mehrfachverwertung professionell erstellter Inhalte ver-<br />
gütungspflichtig ist, und stellt die markante These auf: „Der Copypreis<br />
<strong>der</strong> Zukunft ist das Copyright!“. Es geht um die Frage, ob ein<br />
solches Leistungsschutzrecht Medienhäusern wie Springer hilft,<br />
ihre journalistischen Inhalte vor <strong>der</strong> Verwertung durch Google<br />
und an<strong>der</strong>e News-Aggregatoren zu schützen, um sie selbst<br />
gewinnbringen<strong>der</strong> vermarkten zu können. Dabei wird nicht<br />
zufällig wie<strong>der</strong>holt auf die Musikbranche verwiesen, war diese<br />
doch Ende <strong>der</strong> 90er Jahre durch Napster als Erste von <strong>der</strong><br />
unkontrollierten Verbreitung ihrer Inhalte im Internet betroffen.<br />
Sie reagierte durch technische Schutzmaßnahmen und die For<strong>der</strong>ung<br />
nach einem stärkeren und mittlerweile geschaffenen Schutz<br />
ihrer Rechte im Internet.<br />
döpfners for<strong>der</strong>ung: ein leistungsscHutzrecHt<br />
für verleger Muss gescHaffen Werden!<br />
Auf Grundlage eines neuen Leistungsschutzrechtes für Verleger<br />
könnten Springer und an<strong>der</strong>e Medienhäuser an möglichen<br />
Werbeeinnahmen von Nachrichten-Aggregatoren wie Google<br />
News partizipieren. <strong>Das</strong> Einziehen <strong>der</strong> Gebühren würde eine Verwertungsgesellschaft<br />
nach Vorbild <strong>der</strong> <strong>GEMA</strong> übernehmen. Da es<br />
um Leistungsschutzrechte geht, hätte hier genau genommen von<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten gesprochen<br />
werden müssen. Wie dem auch sei, interessant ist die<br />
Tatsache, dass es Leistungsschutzrechte, wie sie für Veranstalter,<br />
Tonträgerhersteller und Rundfunksen<strong>der</strong> 1965 als verwandte<br />
Schutzrechte im Urheberrechtsgesetz aufgenommen worden<br />
sind, für Verlage in Deutschland nicht gibt. Die Leistungsschutzrechte<br />
ermöglichen es, dass Tonträgerhersteller überhaupt Geschäftsmodelle<br />
außerhalb des physischen Markts entwickeln<br />
konnten. Für Musikunternehmen bestehen also deutlich günstigere<br />
rechtliche Rahmenbedingungen als für Medienhäuser.<br />
seine tHese: <strong>der</strong> copypreis <strong>der</strong> zukunft<br />
ist das copyrigHt!<br />
Der Copypreis ist eine in <strong>der</strong> Verlagsbranche für den physischen<br />
Markt wichtige Größe. Mit ihm wird <strong>der</strong> Verkaufspreis eines Titels<br />
bezeichnet. Die Bezeichnung „Copyright“ wird oft synonym mit<br />
„Urheberrecht“ verwendet, obgleich – wie es <strong>der</strong> Name schon vermuten<br />
lässt – beide „Rechte“ grundverschieden sind. Nach dem in<br />
Deutschland geltenden Urheberrecht ist ein Werk untrennbar mit<br />
seinem Schöpfer verbunden; in den USA dagegen kann ein Urheber<br />
PolItIk<br />
Schützenswertes schützen<br />
<strong>Das</strong> Copyright<br />
Der Zukunft<br />
kann die MusikbrancHe <strong>der</strong><br />
verlagsbrancHe ein vorbild sein?<br />
aufgrund des dort bestehenden Copyrights sein Werk komplett ver-<br />
äußern. Unabhängig davon, in welchem Sinne Döpfner den Begriff<br />
verwendet, ist die Bedeutung seiner These klar: Der physische Vertrieb<br />
hat ausgedient, dem Rechtehandel gehört bei <strong>der</strong> Vermarktung<br />
von Inhalten die Zukunft!<br />
Die Musikbranche hat längst zu dieser Erkenntnis kommen<br />
müssen. Seitdem sich die mit Ton- und Videoträgern generierten<br />
Umsätze in den letzten zehn Jahren fast halbiert haben, galt und gilt<br />
es, für sie neue Einnahmequellen zu erschließen. Den vielfältigen<br />
Auswertungsformen von Musik im Internet gehört dabei die<br />
Zukunft. Für den dafür notwendigen Rechtsschutz setzen sich seit<br />
längerem <strong>GEMA</strong> und Verbände <strong>der</strong> Musikwirtschaft ein. Der Musikbranche<br />
wird zwar nachgesagt, den technischen Entwicklungen<br />
immer hinterherzuhinken, doch in diesem Fall scheint sie für<br />
führende Marktteilnehmer aus <strong>der</strong> Verlagsbranche sogar Vorbild<br />
zu sein.<br />
schutZ PEr GEsEtZ<br />
Für ein gesetzlich verbrieftes<br />
Leistungsschutzrecht in <strong>der</strong><br />
Verlagsbranche setzt sich<br />
Dr. Mathias Döpfner ein<br />
virtuos <strong>Ausgabe</strong> <strong>April</strong> <strong>2009</strong> 29