Meer & Küste
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Kormoranfischerei<br />
In einigen asiatischen<br />
Ländern wird der Kormoran<br />
aktiv für den Fischfang<br />
genutzt. Abgerichtete Vögel<br />
treiben Fische in Fallen<br />
oder werden mit Halsschlingen<br />
auf Fischfang<br />
geschickt und zum Hervorwürgen<br />
der Beute animiert.<br />
Brutpaare des Kormorans<br />
im Ostseeraum (2009)<br />
16<br />
Steckbrief Kormoran<br />
(Phalacrocorax carbo sinensis)<br />
Größe: Körperlänge rund 80-90 cm,<br />
Flügelspannweite rund 120-150 cm<br />
Ernährung: Tauchender Jäger von<br />
kleinen bis mittelgroßen <strong>Meer</strong>es- und<br />
Süßwasserfischen, durchschnittlich<br />
350 g/Tag, Schwarmjagd: schwimmende<br />
und tauchende Vögel treiben<br />
Schwärme von Jung- oder Kleinfischen<br />
in seichtes Wasser<br />
Fortpflanzung: Koloniebrüter am Boden<br />
oder auf Bäumen, Eiablage von 3-5<br />
hellblauen Eiern, i.d.R. März bis April,<br />
Brutzeit 23-30 Tage, Flugfähigkeit nach<br />
60 Tagen, Alter bis zu 20 Jahre<br />
Charakteristisches<br />
Verhalten:<br />
Körper beim<br />
Schwimmen unter<br />
Wasser, hält Kopf schräg<br />
nach oben; breitet die Flügel<br />
zum Trocknen aus; Schwarmflug<br />
in V-Formation<br />
32850<br />
2450<br />
13360<br />
<strong>Meer</strong> & <strong>Küste</strong><br />
43500<br />
27100<br />
16000<br />
6200 - 6700<br />
>1000<br />
4180<br />
Was ist dran am<br />
„Fischräuber“ Kormoran?<br />
Als der Kormoran Anfang des 20. Jh. am Rande der<br />
Ausrottung stand, ergriffen Großgrundbesitzer, auf<br />
deren Land sich die letzten Kolonien befanden, erste<br />
Schutzmaßnahmen. Im Jahr 1921 wurde er in<br />
Preußen, 1936 in ganz Deutschland unter gesetzlichen<br />
Schutz gestellt. Der Bestand erholte sich und<br />
z.B. Dänemark sowie Schweden wurden wiederbesiedelt.<br />
Im gesamten Ostseeraum brüteten Ende der<br />
1950er bis Ende der 1970er Jahre etwas mehr als<br />
3.000 Paare. Doch Pestizide, allen voran das DDT,<br />
setzten auch dem Kormoran zu. Mit dem Verbot des<br />
DDT begann in den 1980er Jahren ein rasantes<br />
Wachstum der Population. Gegenwärtig hat sich<br />
diese im Ostseeraum mit rund 165.000 Brutpaaren<br />
auf hohem Niveau stabilisiert.<br />
Mit der starken Vermehrung des Kormorans forderte<br />
die Fischerei eine Regulierung der Kormoranbestände<br />
im Rahmen eines europäischen Bestandsmanagements.<br />
Da der Kormoran jedoch durch die EU-Vogelschutzrichtlinie<br />
geschützt<br />
ist, sind Eingriffen Grenzen<br />
gesetzt. Zur Abwehr erheb-<br />
13700<br />
Der Kormoran ist im Ostseeraum seit der Mittelsteinzeit nachweisbar, siedelte hier<br />
jedoch nicht durchgehend: Im ausgehenden 18. Jh. fehlte er als Brutvogel. Erst ab 1775<br />
breitete er sich wieder aus und wurde in der Folgezeit als Fischerei- und Forstschädling<br />
massiv verfolgt. Obwohl er heute geschützt ist, werden in vielen Fällen Vergrämung<br />
oder sogar Abschüsse durch Ausnahmegenehmigungen zugelassen.<br />
5000 -<br />
6000<br />
licher forst- und fischereiwirtschaftlicher<br />
Schäden<br />
können die zuständigen<br />
Behörden jedoch Ausnahmen<br />
von den Schutzvorschriften<br />
zulassen.<br />
Gibt es tatsächlich<br />
Schäden?<br />
Um fischereiwirtschaftliche<br />
Verluste durch den Kormoran<br />
abschätzen zu können,<br />
muss sein Einfluss auf die<br />
Fischpopulationen untersucht<br />
werden. Hochrech-<br />
nungen der Nahrungsaufnahme des Kormoranbestandes<br />
geben hingegen keine Auskunft über Einbußen<br />
für die Fischerei. Ein Fisch, den ein Kormoran frisst,<br />
ist nicht zwangsläufig ein Fisch weniger in den Netzen<br />
der Fischer. Die Abnahme der Fischdichte durch den<br />
Kormoranfraß kann z.B. in Seen, Flachlandflüssen<br />
und Boddengewässern dazu führen, dass den verbleibenden<br />
Fischen mehr Nahrung zur Verfügung steht.<br />
Sie wachsen schneller und erreichen eine höhere<br />
Fitness; die Sterblichkeit (z.B. durch Krankheiten)<br />
nimmt ab, ihr Fortpflanzungspotenzial hingegen zu.<br />
Die wenigen bisher durchgeführten Studien zum Einfluss<br />
des Kormorans auf Fischpopulationen können<br />
für die Mehrzahl der Fischbestände keine Ertragsminderung<br />
nachweisen. Für einzelne Fischarten kann es<br />
lokal oder regional aber sehr wohl Ertragsausfälle<br />
geben; dies ist z.B. offenbar für den Zander im Oderhaff<br />
der Fall.<br />
Gibt es geeignete Maßnahmen?<br />
Zu verhindern sind solche Einbußen kaum. Massive<br />
alljährliche Abschüsse von Alt- und Jungvögeln in den<br />
Kolonien, wie sie im 19. Jh. praktiziert wurden, sind<br />
heute rechtlich nicht zulässig und werden von der<br />
Öffentlichkeit auch nicht akzeptiert. Eine Bestandskontrolle<br />
auf europäischer Ebene ist somit weder<br />
praktikabel noch entspricht sie dem Stand der Kenntnisse<br />
um ökologische Zusammenhänge. Vornehmlich<br />
sollten Kormorane deshalb an den Orten vergrämt<br />
werden, wo sie zweifelsohne einen großen Schaden<br />
anrichten können, z.B. an Fischteichanlagen. Für derartige,<br />
gut begründbare Abwehrmaßnahmen besteht<br />
zwischen Fischerei und Naturschutz weitgehender<br />
Konsens.<br />
Christof Herrmann<br />
Landesamt für Umwelt, Naturschutz und<br />
Geologie Mecklenburg-Vorpommern<br />
www.lung.mv-regierung.de