Meer & Küste
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Stumm wie ein Fisch?<br />
Von wegen...<br />
Fische produzieren vielfältige Geräusche und sind dabei sehr erfinderisch. Sie warnen<br />
Artgenossen, umwerben ihre Partner, halten über Lautäußerungen im Schwarm zusammen,<br />
zeigen ihren Stress oder drohen Feinden.<br />
Einige Fische bringen ihre Schwimmblase zum<br />
Schwingen, indem sie durch schnelle Muskelkontraktionen<br />
darauf trommeln oder gezielt Luft aus ihr<br />
entlassen. Auf diese Weise erzeugt der Knurrhahn<br />
sein Knurren und auch Heringe unterschiedliche<br />
Töne. Eine Lippfischart der nord- und südamerikanischen<br />
Atlantikküste erzeugt so laute Töne, dass man<br />
sie sogar über Wasser hören kann. Sie gleichen einem<br />
Nebelhorn. Manche Fischarten reiben ihre<br />
Flossen in den Schultergelenken und erzeugen damit<br />
ein Knarren oder sie knirschen mit den Zähnen. Andere<br />
können an gespannten Sehnen zupfen wie an<br />
einer Gitarrensaite. Manche Schwarmfische verständigen<br />
sich durch Rufe, der Seeteufel kann wie eine<br />
Maus quieken. Bei vielen Fischen ist der Grund für<br />
die Lautäußerungen noch unbekannt.<br />
Die Ohren der Fische<br />
Fischohren sind flüssigkeitsgefüllte Röhrchen hinter<br />
den Augen. Darin schwimmen Gehörsteinchen (Otolithen)<br />
aus Kalk. Sie werden durch auftreffende<br />
Schallwellen in Schwingungen versetzt und erregen<br />
durch ihre Bewegung Sinneszellen, die das Gehirn in<br />
Laute übersetzt. Die Otolithen helfen dem Fisch<br />
zudem seine Lage im Wasser zu bestimmen, da sie<br />
durch die Schwerkraft nach unten sinken und entsprechende<br />
Sinneszellen reizen. Ihre Ringstruktur,<br />
ähnlich der Wachstumsringe von Bäumen, verrät<br />
Forschern das Alter eines Fisches. Bei Karpfen-,<br />
Salmler- und Welsartigen dient die Schwimmblase<br />
im Zusammenspiel mit kleinen Knöchelchen, die den<br />
Reiz zum Innenohr leiten, als Schallverstärker. Fische<br />
mit einem solchen Verstärker hören ausgesprochen<br />
gut und leben meist in ruhigen Gewässern. Angler,<br />
die ihre Beute nicht verscheuchen wollen, sollten<br />
sich also lieber leise verhalten.<br />
Hören unter Wasser<br />
Wasser trägt den Schall weiter und etwa viermal schneller<br />
als Luft. Deshalb ist die Kommunikation über Laute<br />
unter Wasser sehr effizient. Entscheidend für das Richtungshören<br />
ist der zeitliche Unterschied, mit dem ein<br />
Schallreiz auf den beiden Körperseiten ankommt. Wegen<br />
der höheren Schallgeschwindigkeit im Wasser ist<br />
der Zeitunterschied, mit dem ein Signal an beiden Ohren<br />
ankommt, in der Regel zu gering für eine Richtungsbestimmung.<br />
Hierfür sind die Fischohren nicht geeignet<br />
und auch Taucher können durch die Anordnung der<br />
menschlichen Ohren die Richtung einer Geräuschquelle<br />
unter Wasser nur schlecht ausmachen.<br />
Fische verfügen deshalb zusätzlich über das Seitenlinienorgan,<br />
mit dem sie die Richtung von Strömung<br />
und Druckwellen wahrnehmen können, egal ob sie<br />
von Beutetieren, Schwarmgefährten, Geschlechtspartnern<br />
oder von Hindernissen erzeugt oder reflektiert<br />
werden.<br />
Neuere Untersuchungen zum Hörvermögen der Fische<br />
zeigen, dass die Beschallung mit hohen Lärmpegeln<br />
zu Hörverlusten, ähnlich wie bei <strong>Meer</strong>essäugern<br />
oder bei uns Menschen, führen kann. Damit soll<br />
auch die Fähigkeit der Fische, differenziert hören zu<br />
können, abnehmen. Bei Fischen, die man in Versuchen<br />
einem hohen Lärmpegel ausgesetzt hat, wurde<br />
ein Anstieg des Stress-Hormons Cortisol in den Ausscheidungen<br />
beobachtet. Vor dem Hintergrund dieser<br />
Erkenntnisse ist anzunehmen, dass künstliche Lärmquellen<br />
unter Wasser Fische und auch <strong>Meer</strong>essäuger<br />
in ihrem Wohlbefinden und Verhalten negativ beeinträchtigen<br />
und zu einer Abwanderung aus ihrem natürlichen<br />
Lebensraum führen können. Zur Dämmung<br />
des Schalls z.B. bei der Errichtung von Offshore-<br />
Windkraftanlagen werden verschiedene Lärmschutzmaßnahmen,<br />
wie beispielsweise Blasenschleier, eingesetzt<br />
und weiterentwickelt.<br />
Bernd Ueberschär<br />
Gesellschaft für marine Aquakultur<br />
www.gma-buesum.de<br />
Knurrhahn<br />
©Luc Viatour / www.Lucnix.be<br />
Mehr Informationen<br />
Die meisten Fische hören<br />
Signale unterhalb von<br />
1.000 Hz (1 Hz = 1 Hertz<br />
= 1 Schwingung pro Sekunde).<br />
Barben, eine<br />
Familie der Karpfenfische,<br />
hören Töne von 50 bis<br />
3.000 Hz. Für den Aal liegt<br />
die obere Hörgrenze bei<br />
650 Hz, für die Elritze<br />
zwischen 4.600 und<br />
6.900 Hz. Bei einer Zwergwelsart<br />
vermutet man sie<br />
bei über 13.000 Hz. Die<br />
von Fischen erzeugten<br />
Laute liegen meist zwischen<br />
400 und 800 Hz<br />
und sind damit auch für<br />
den Menschen gut wahrnehmbar.<br />
Gesunde, junge<br />
Menschen hören Töne<br />
zwischen 20 und<br />
20.000 Hz. Im Alter sinkt<br />
die obere Hörgrenze ab.<br />
Am besten hören wir bei<br />
rund 4.000 Hz.<br />
Fischlaute hören:<br />
www.fishbase.org/Topic/<br />
List.php?group=sounds<br />
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