Meer & Küste
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
18<br />
<strong>Meer</strong> & <strong>Küste</strong><br />
Krabben regional<br />
vermarkten<br />
Sie werden im Wattenmeer gefischt, in Marokko gepult und überall in Deutschland gegessen. Dass<br />
der Weg der Nordseekrabben kürzer sein kann, zeigt ein kleines Unternehmen aus Friedrichskoog.<br />
Hier zahlt sich regionale Vermarktung doppelt aus.<br />
Crangon crangon ist auch in der Ostsee, vor allem jedoch<br />
in der Nordsee zuhause. Daher auch ihr volkstümlicher<br />
Name Nordseekrabbe. Er ist nicht ganz<br />
korrekt, da sie eigentlich eine Garnele ist. Das ist aber<br />
nur den Biologen wichtig. Die <strong>Küste</strong>nfischer interessiert<br />
der Preis, den sie für die Krabbe mit dem unverwechselbaren<br />
Geschmack erhalten. Da es im <strong>Küste</strong>nbereich<br />
der Nordsee wenig Fisch gibt, brauchen die Fischer die<br />
Krabben. Ihr Bestand ist nicht erfasst, scheint aber<br />
alles andere als gefährdet. So gibt es<br />
auch keine quote, die die Fischerei<br />
begrenzt. Das Problem ist vielmehr<br />
der Preis, den der Fischer erhält.<br />
Noch stärker als beim Verkauf von<br />
Fisch ist er angewiesen auf den Großhändler,<br />
der sich auch darum kümmert,<br />
dass die kleine Garnele von<br />
ihrer Schale befreit wird. Früher war<br />
das anders. Die gekochten Krabben<br />
wurden von den Familien in Heimarbeit<br />
gepult. 1989 aber machte eine<br />
neue Verordnung Schluss damit. Der<br />
heimische Küchentisch entsprach<br />
nicht mehr den modernen Vorstellungen<br />
von Hygiene.<br />
Wer pult die Krabben?<br />
Auf der Suche nach einer Alternative griff man auf die<br />
lange belächelten Krabbenschälmaschinen zurück:<br />
Mitte der 1990er Jahre waren allein in Schleswig-<br />
Holstein über 50 Schälmaschinen in Betrieb – die<br />
meisten nur für kurze Zeit. Denn parallel entstanden<br />
Strukturen, die die Krabben viele Kilometer auf Reisen<br />
schicken, nach Polen und Marokko, wo sie weiterhin in<br />
Handarbeit gepult werden. Nur nicht mehr am Küchentisch,<br />
sondern in großen Verarbeitungsbetrieben und<br />
zu niedrigen Stundenlöhnen. Damit konnten die Krabben<br />
aus der Maschine preislich nicht konkurrieren. Nur<br />
ganz wenige Schälmaschinen wurden weiterbetrieben.<br />
Vier von ihnen laufen bei der Urthel GmbH in Friedrichskoog.<br />
Pro Stunde gewinnt jede Maschine rund<br />
5 kg Fleisch. Die Ausbeute liegt bei 30%, etwas<br />
niedriger als beim Handpulen.<br />
Regionalität setzt sich durch<br />
Dass immer mehr Verbraucher wissen wollen, welchen<br />
Weg ihre Lebensmittel nehmen, kommt Alfred<br />
Urthel zugute. 2010 hat er das Fischgeschäft von<br />
seinen Eltern übernommen und um ein geräumiges<br />
Bistro erweitert. Urthel ist gelernter Fischwirt und<br />
fuhr bis zu einem Arbeitsunfall selbst mit dem Kutter<br />
raus. Er kennt das Handwerk und vor allem die<br />
heimischen Fischer, deren Fang er in seinem Geschäft<br />
anbietet. Die Werbung für die vor Ort gepulte<br />
Nordseekrabbe hat sich der redegewandte Dithmarscher<br />
aber besonders auf die Fahnen geschrieben.<br />
Aus Überzeugung. Denn so bleibt die Krabbe nicht<br />
nur ein wirklich regionales Produkt. Auch die Konservierungsstoffe<br />
können auf ein Minimum reduziert<br />
werden. Ein Argument nicht nur für den Kopf, sondern<br />
auch für den Gaumen. Aber natürlich ist Urthel<br />
auch Ökonom. Er hat in die Maschinen Geld und<br />
Zeit investiert. Preislich wird er nie mit den in Marokko<br />
gepulten Garnelen konkurrieren können. Im<br />
Großhandel sind seine Krabben mehr als 10 € pro<br />
Kilo teurer. Er ist also darauf angewiesen, seine<br />
Geschichte zu verkaufen. Mit Erfolg: Immer mehr<br />
Kunden geben für die regional geschälte Nordseekrabbe<br />
gerne ein paar Euro mehr aus.<br />
Nicole Knapstein<br />
www.fischeinkaufsführer.de<br />
Nordseegarnele