Meer & Küste
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Vielseitige<br />
Schalenweichtiere<br />
Während in der Nordsee traditionell Miesmuscheln zur Nahrungsmittelproduktion genutzt werden,<br />
befindet sich die Muschelzucht in der Ostsee in den Kinderschuhen. Hier favorisieren Wissenschaftler<br />
die Idee die Schalenweichtiere zur Verbesserung der Wasserqualität einzusetzen. Das würde dem<br />
ökologischen Zustand des Brackwassermeeres zugutekommen.<br />
Nachdem die Muschelzucht Anfang des 20. Jh. aufgrund<br />
von Platzmangel und schlechter Wasserqualität<br />
zum Erliegen kam, lebt sie heute in den westlichen<br />
<strong>Küste</strong>ngewässern der deutschen Ostsee wieder<br />
auf. Hier erreichen Miesmuscheln schon nach ca. 18<br />
Monaten eine marktfähige Größe von 5 cm, basierend<br />
auf einem Salzgehalt von 10-18 (PSU) und einer<br />
guten Nahrungsverfügbarkeit. In den nordöstlich<br />
gelegenen Gebieten der Ostsee ist eine Zucht von<br />
Miesmuscheln für die menschliche Ernährung kaum<br />
kostendeckend möglich; es würde aufgrund des sehr<br />
viel geringeren Salzgehaltes einfach zu lang dauern.<br />
Trotzdem gibt es in einigen Regionen Anlagen zur<br />
Muschelzucht - zunächst noch auf Forschungsebene.<br />
Hier wird analysiert, welchen Einfluss Muschelzuchtanlagen<br />
auf die Wasserqualität haben können.<br />
Muscheln als Biofilter<br />
Muscheln ernähren sich von Phytoplankton (Mikroalgen<br />
und Bakterien), das sie aus dem Wasser filtern<br />
(stündlich bis zu eineinhalb Liter Wasser pro Muschel).<br />
Das bewirkt eine Klärung des umliegenden<br />
Wassers und Erhöhung der Wassertransparenz.<br />
Werden die Muscheln geerntet, werden die eingelagerten<br />
Nährstoffe – Stickstoff und Phosphor, die<br />
über die Nahrung aufgenommen wurden – der Ostsee<br />
entzogen. Dieser Nährstoffentzug wirkt der Eutrophierung<br />
entgegen, die das Hauptproblem der Ostsee<br />
darstellt und den übermäßigen Eintrag von Nährstoffen<br />
(z.B. durch die Landwirtschaft) und das dadurch<br />
vermehrte Auftreten von Algenblüten bedeutet.<br />
Mit dem Ziel die Wasserqualität zu verbessern und<br />
damit die Auflagen der EU, insbesondere den Ostseeaktionsplan<br />
und die <strong>Meer</strong>esstrategie-Rahmenrichtlinie<br />
zu erfüllen, arbeiten Wissenschaftler, Be-<br />
hörden und Gemeinden zusammen. In der zentralen<br />
Ostsee werden weitestgehend Miesmuscheln eingesetzt;<br />
in den Haffen und Bodden des südlichen Ostseeraums<br />
setzen Wissenschaftler auf die Zebramuschel.<br />
Sie kommt im Gegensatz zur Miesmuschel im<br />
Süßwasser und in Gebieten mit sehr niedrigen Salzgehalten<br />
vor und kann fast ebenso hohe Filterleistungen<br />
erreichen.<br />
Muschelzucht in deutschen Gewässern<br />
Abgesehen von der Saatmuschelgewinnung existieren<br />
im Bereich der deutschen Ostsee bislang zwei<br />
Muschelzuchtanlagen. In der Kieler Bucht werden<br />
seit einigen Jahren Miesmuscheln gemeinsam mit<br />
Braunalgen gezüchtet. 2011 erhielten sie eine Zertifizierung<br />
als ökologisches Produkt; seit Ende 2012<br />
wird die „Kieler Fördemuschel“ vermarktet (S. 2).<br />
Im Usedomer See, verbunden mit dem deutschpolnischen<br />
Stettiner Haff, betreibt die Universität<br />
Greifswald eine erste kleine Forschungsanlage zur<br />
Zucht von Zebramuscheln. In Kooperation bearbeitet<br />
EUCC – Die <strong>Küste</strong>n Union Deutschland e.V. sozioökonomische<br />
Zusammenhänge und analysiert z.B.<br />
das touristische Potential, das von einer verbesserten<br />
Wasserqualität ausgehen könnte. Zudem werden<br />
Fischer beiderseits der Grenze zu ihrer Akzeptanz<br />
von Muschelanlagen befragt, um so Probleme und<br />
Umsetzungsmöglichkeiten zu erfassen.<br />
Nardine Stybel<br />
EUCC – Die <strong>Küste</strong>n Union Deutschland e.V.<br />
Kultivierung von Zebramuscheln im Usedomer See<br />
Links<br />
www.kieler-foerdemuschel.de<br />
Befragungen von Fischern<br />
und Touristen im Stettiner<br />
Haff sind Bestandteil der<br />
Projektarbeiten in ARTWEI<br />
und AqUAFIMA. EUCC-D<br />
betreut die Fallstudien.<br />
www.balticlagoons.net/artwei/<br />
www.aquafima.eu<br />
Netzstruktur für die<br />
Ansiedlung von Zebramuscheln<br />
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