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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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ein Roman explizit als Roman, noch ein Gedicht als Gedicht, […] und vielleicht noch weniger<br />

[…] Prosa als Prosa usw. Letztlich ist es nicht Aufgabe des Textes, seine Gattung zu<br />

bestimmen, sondern die des Lesers, des Kritikers, des Publikums.“ 22 Die Selbstbezeichnung<br />

eines Textes etwa als Roman bedeutet deshalb nicht, „dass dieses Buch ein Roman sei, eine<br />

Definitionsaussage, die niemand die Macht hat auszusprechen“, sondern eher „betrachten Sie<br />

dieses Buch als ob es ein Roman wäre“. Orientiert man sich demnach an der Aussage<br />

Genettes, ist eine Gattung niemals a priori ihre bezeichnete Definition, sondern wird durch<br />

den Prozess der Rezeption erst zu einer solchen gemacht.<br />

Diesen Ausführungen nach zu schließen verbleibt letztendlich die Frage, welche Ebene und<br />

welches Merkmal der Texte zu berücksichtigen sind, um in der Gattungsdefinition eine<br />

logisch einigermaßen einheitliche Abgrenzung zu gewährleisten. 23<br />

Eine Romandramatisierung wie Castorfs Berlin Alexanderplatz nach Alfred Döblin verbindet<br />

die beiden Gattungen des Romans und des Dramas und ist somit als eine eigenständige<br />

Textsorte anzusehen, die mit Wiederholungen und Neuerungen des Vorlagentextes arbeitet.<br />

Eine Dramatisierung kann zudem einen dialogischen Effekt zwischen ursprünglichem Text<br />

und Bühnenfassung hervorrufen. Ferner lässt die Textsorte Rückschlüsse auf Lesarten und<br />

Interpretationen des Romans zu. In besonderer Weise bildet die Romandramatisierung somit<br />

einen Schnittpunkt zwischen kunstpraktischer und literaturwissenschaftlicher Arbeit. 24 In<br />

Anbetracht einer vergleichenden Analyse auf Textebene bildet sich eine Problematik heraus,<br />

welche einerseits nach einem gattungsadäquaten und gültigen Definition der verwendeten<br />

Begriffe sucht und andererseits nach Kriterien der Analyse, denen der entstandene Text<br />

unterzogen werden kann.<br />

Das folgende Kapitel soll sich nun mit den spezifischen Formen und Merkmalen der beiden<br />

Gattungen Roman und Drama auseinandersetzen und eine <strong>für</strong> die hiesige Untersuchung<br />

gültige und verwendbare Definition der Genres finden um daraus den Versuch einer<br />

Begriffsbestimmung der Romandramatisierung zu unternehmen.<br />

Im Anschluss soll eine konkrete Analyse der Textebene in der Übertragung des Romans<br />

Berlin Alexanderplatz. Die Geschichte vom Franz Biberkopf in die Bühnenfassung<br />

stattfinden. Es ist anzumerken, dass Beispiele der Bühnenfassung nur exemplarisch genannt<br />

und zitiert werden, da eine vollständige und szenendetaillierte Analyse nicht nur den Rahmen<br />

dieser Arbeit sprengen würde, sondern auch zu sehr in die theaterwissenschaftliche<br />

22<br />

Genette, Gerard: Palimpseste . Die Literatur auf zweiter Stufe. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1993. S. 14.<br />

23<br />

Mayer, Holt: Gattung. S. 72.<br />

24<br />

Vgl. Lipinski, Birte: Übertragungsverluste und Reibungswärme. In: parapluie. Elektronische Zeitschrift <strong>für</strong><br />

Kulturen, Künste, Literaturen. http://parapluie.de/archiv/uebertragungen/castorf/ letzter Zugriff : 18.08.2010.<br />

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